Zwei Hosen für zusammen knapp 50 Euro. Das klingt nach einem Schnäppchen. War das für eine 43-jährige Stadtlohnerin nicht günstig genug? Hat sie die Hosen in einem Stadtlohner Bekleidungsgeschäft gestohlen und dafür eine Gefängnisstrafe ohne Bewährung riskiert?
Mit diesem Vorwurf sah sich die 43-Jährige am Montag (27. November) vor dem Amtsgericht in Ahaus konfrontiert. Die einschlägig vorbestrafte Frau beteuerte ihre Unschuld. Zwei Verkäuferinnen sahen das aber ganz anders. Doch die Frau wurde nicht auf frischer Tat ertappt.
Alarmsicherungen entfernt
Der fragliche Vorfall ereignete sich am 5. Januar. Es war ein Donnerstag, kurz vor Ladenschluss. Als Zeuginnen schilderten zwei Verkäuferinnen des Stadtlohner Bekleidungsgeschäfts das Geschehen so: Die 43-jährige Angeklagte habe mehrere Hosen anprobiert und sei dann gegangen, ohne etwas zu kaufen.
Dann stellten die Verkäuferinnen fest, dass zwei Hosen fehlten. Und in der Tasche einer weiteren Hose, die die Frau anprobiert hatte, fanden die Verkäuferinnen zwei abgerissene Etiketten und zwei Alarmsicherungen, die offenbar aus den gestohlenen Hosen entfernt worden waren.
Hausverbot am Folgetag
Für die Verkäuferinnen war der Fall klar. Die Beschuldigte selbst erklärte aber vor Gericht, sie habe drei Hosen anprobiert, sich aber noch nicht entscheiden können. Darum sei sie am nächsten Tag noch einmal zurückgekommen, um eine der Hosen zu kaufen.
Ins Geschäft aber durfte sie nicht mehr. Die Filialleiterin erteilte ihr Hausverbot. Schon am Vorabend hatte sie die Polizei gerufen und den mutmaßlichen Diebstahl zur Anzeige gebracht.
„Dame mit schlechtem Ruf“
Von ihren Beobachtungen zeigte sich die Filialleiterin sehr überzeugt, „weil man im Laufe der Jahre dafür einen Blick bekommt.“ Und weil sie besonders aufmerksam gewesen sei, „weil die Dame bei Stadtlohner Einzelhändlern einen schlechten Ruf hat.“
Warum, das wurde bei der Verlesung der Vorstrafen deutlich. Seit 2003 war die 43-Jährige neun Mal von einem Gericht verurteilt worden, unter anderem wegen gewerbsmäßigen Diebstahls, Hehlerei, Betrugs und Körperverletzung.
Bis 2024 unter Bewährung
Der Verteidiger horchte auf: „Wollen Sie mit ihren Vorwürfen vielleicht meine Mandantin nur einfach als unliebsame Kundin loswerden?“ Die Filialleiterin widersprach vehement: „Nein, als Kundin war sie uns ja willkommen. Wir haben sie ja auch immer freundlich begrüßt.“
Aus Sicht der Staatsanwaltschaft waren die Schilderungen der Zeuginnen nachvollziehbar und glaubhaft. Sie forderte ein zweimonatige Haftstrafe ohne Bewährung. Die Angeklagte hätte aber wohl länger im Gefängnis bleiben müssen. Wegen wiederholten Diebstahls und Hehlerei war sie zuletzt zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Diese Strafe war zur Bewährung ausgesetzt worden. Die Bewährungsfrist läuft erst 2024 ab. Somit drohte neben der Strafe ein Widerruf der Bewährung.
„Nur Indizien für Täterschaft“
Der Verteidiger forderte einen Freispruch. Es sei nicht erwiesen, dass seine Mandantin die Hosen gestohlen hätte. Der Richter folgte dem Antrag der Verteidigung. Der Richter erklärte: „Es gibt Indizien für eine Täterschaft, aber es bleiben nach der Beweisaufnahme auch Zweifel. Für eine Verurteilung reicht das so nicht aus.“
- Die Zahl der polizeibekannten Ladendiebstähle in Stadtlohn schwankt in den letzten zehn Jahren stark.
- Im Jahr 2014 waren es 46, im Jahr 2021 nur 14 Fälle. Das geht aus der Kriminalstatistik der Kreispolizei hervor.
- 2022 wurden bei der Kreispolizei 27 Fälle von Ladendiebstahl aktenkundig.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 28. November 2023.