Ein Spaziergänger hat am Freitag (1. Dezember) auf einer Naturschutzwiese im Stadtlohner Waldgebiet Bockwinkel ein totes Reh entdeckt. „Kampfspuren und Rissbild lassen vermuten, dass ein Wolf Verursacher gewesen sein könnte“, sagt Ulrich Behmenburg. Die Untersuchungen aber seien noch nicht abgeschlossen.
Der 72-Jährige ist ein erfahrener Jäger, der in Brandenburg auch mit Wölfen Erfahrung gesammelt hat. Der Spaziergänger hatte ihn als zuständigen Jagdaufseher und ehemaligen Hegeringsvorsitzenden informiert. Behmenburg verständigte das Landesamt für Natur und Umwelt (Lanuv). Am Samstag (2. Dezember) hat eine Wolfsberaterin des Lanuv eine DNA-Probe entnommen.
Nachweis braucht Zeit
Es werden aber wohl noch einige Wochen vergehen, bis klar ist, ob der Wolfsverdacht bestätigt werden kann. Behmenburg: „Das Ergebnis eines Schnelltests könnte in 14 Tagen vorliegen. Es ist aber auch eine Wartezeit von drei bis neun Monaten möglich.“
Und nun? Was bedeutet der Verdacht für Spaziergänger? Oder für die Waldgruppe des Wenningfelder Kindergartens St. Marien? Jäger Ulrich Behmenburg hat eine klare Empfehlung: „Bloß nicht verrückt machen lassen!“ Aus seiner Sicht muss das beliebte Naherholungsgebiet nicht gemieden werden. Aber Spaziergänger sollten Vernunft und Umsicht walten lassen.
Hunde unbedingt anleinen
Was heißt das? Ulrich Behmenburg hat zwei dringende Empfehlungen: Spaziergänger sollten ihre Kinder nicht aus den Augen lassen. Und Hunde sollten unbedingt angeleint werden. Den Betrieb der Waldkindergartengruppe hält Behmenburg für verantwortbar. „Die Kindergärtnerinnen haben die Kinder ja immer im Blick.“
Der Wolf meide in der Regel den Menschen. „Da muss man sich eigentlich keine Sorgen machen. Fall es doch eine Begegnung geben sollte, empfehle ich, laut zu schreien und sich groß zu machen“, sagt Ulrich Behmenburg. „In Brandenburg habe ich mal auf 50 Meter Auge in Auge einem Wolf gegenübergestanden. Der hat sich ganz gelassen getrollt“, erzählt der 72-Jährige, der schon seit 45 Jahren auf die Jagd geht.
„Eine Frage der Zeit“
Er sagt aber auch: „Wenn ich sage, man müsse sich keine Sorgen machen, fragen mich die Leute oft, ob ich ihnen das schriftlich garantieren könne, dass der Wolf nichts tut. Das kann ich natürlich nicht. Der Wolf ist und bleibt ein Raubtier.“
Dass der Wolf nun auch möglicherweise in Stadtlohn aufgetaucht ist, überrascht den erfahrenen Jäger nicht. „Das war ja nur eine Frage der Zeit nach den Wolfssichtungen in Legden, Ammeloe und Rosendahl.“
„Regulieren ja, ausrotten nein“
Ulrich Behmenburg plädiert für ein vernünftiges und entspanntes Verhältnis zum Wolf. „Der Wolf gehört zur Natur.“ Anders als oft behauptet, empfänden die meisten Jäger ihn auch nicht als Konkurrenten. „Aber“, so Behmenburg, „ich bin für eine vernünftige Regulierung des Bestandes in Kulturlandschaften. Das schaffen andere Länder ja auch.“
Gleichzeitig fasziniert ihn die Spezies Wolf: „Ich konnte in Brandenburg vier Wölfe bei der gemeinsamen Jagd beobachten. Das war schon ein tolles Erlebnis“, sagt Ulrich Behmenburg. Er fügt hinzu: „Ausrotten sollte man ihn auf keinen Fall. Wir müssen mit dem Wolf leben.“
Dass der Wolf Rehe reiße, sei ganz natürlich und letztlich auch ein Beitrag dazu, die Naturverjüngung des Waldes zu fördern. Eine übermäßige Rehpopulation beeinträchtige das Aufwachsen junger Baumtriebe. Wenn aber die Wölfe wie in Schermbeck die Weidewirtschaft zu sehr in Bedrängnis brächten, müssten nach Behmenburgs Ansicht auch Wolfsabschüsse möglich sein.

Aber könnte nicht das Reh im Bockwinkel auch von Hunden gerissen worden sein? Behmenburg: „Der Hund müsste schon größer als ein Schäferhund gewesen sein. Und er müsste die Zeit gehabt haben, Fraßspuren zu hinterlassen. Das halte ich für sehr unwahrscheinlich.“
Theoretisch aber könnten später noch Hunde an dem Kadaver gezerrt haben. Das würde einen DNA-Nachweis des Wolfes erheblich erschweren oder auch ganz unmöglich machen.