Windräder in Stadtlohn Komplizierte Genehmigungsverfahren bremsen klimafreundlichen Ausbau

Komplizierte Genehmigungsverfahren bremsen Ausbau der Windenergie
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1000 zusätzliche Windenergieanlagen will die Landesregierung in den kommenden fünf Jahren in Nordrhein-Westfalen ermöglichen. Dafür wurde 2022 in Düsseldorf eigens eine Task Force zur Ausbaubeschleunigung ins Leben gerufen. Klimaschutz und Energiekrise zeigen Wirkung.

„Die Beschleunigung ist aber bei uns in Stadtlohn noch nicht angekommen – wir schweben in der Luft“, sagt August Rietfort. Er ist Geschäftsführer der HeWe-Windpark Gmbh, die bereits acht Windräder in Hengeler und Wendfeld betreibt. In Hengeler sollen vier weitere, bis zu 250 Meter hohe Anlagen errichtet werden.

Das Archivbild zeigt den Bau des Bürgerwindparks Hengeler-Wendfeld.
Wann in Stadtlohn neue Windräder gebaut werden können, ist noch unklar. Die Genehmigungsverfahren sind langwierig. Das Archivbild zeigt den Bau des Bürgerwindparks Hengeler-Wendfeld. © Stefan Grothues

Die ersten Überlegungen für die neuen Standorte in Hengeler stammen schon aus dem Jahr 2011. Vor fünf Jahren wurden die Pläne neu in Angriff genommen. 2021 gab es im Stadtentwicklungsausschuss breite politische Rückendeckung für das Vorhaben. Doch wann die Genehmigung erteilt wird, ist immer noch nicht abzusehen.

„Der Optimist in mir hofft, dass es auf jeden Fall im Jahr 2024 mit einer Genehmigung klappen müsste“, sagt August Rietfort und fügt hinzu: „Der Realist in mir würde sich schon freuen, wenn es 2025 was wird.“ Rietfort betont aber: „Die Bremser sitzen nicht im Stadtlohner Rathaus und auch nicht beim Kreis Borken. Da sitzen absolute Fachleute, die Zusammenarbeit ist gut.“

„Wirrwarr der Bestimmungen“

Die Verantwortung für die lange Genehmigungsdauer liegt nach Rietforts Einschätzung eher in Berlin, Düsseldorf und bei der Bezirksregierung in Münster. Rietfort: „Es gibt ein Wirrwarr an Bestimmungen und Zuständigkeiten. Ich verstehe, dass die Stadt Stadtlohn für ihre Entscheidungen Rechtssicherheit braucht. Für uns aber ist das im Ergebnis einfach ärgerlich.“

Schafft die von der Landesregierung versprochene Ausbaubeschleunigung keine Abhilfe? „Im Moment noch nicht“, sagt auch Claudia Volbers. Im Fachbereich Bauen und Planen der Stadt Stadtlohn ist sie die Fachfrau für die Genehmigung von Windkraftanlagen.

Viele offene Fragen

Zurzeit ist es auch für Expertinnen und Experten schwierig, den Überblick zu behalten. „Laufend ändern sich die Gesetze und Ausführungsbestimmungen“, sagt Claudia Volbers. Sie kommt gerade von einer Fortbildung in Sachen Windenergieausbau. „Da waren viele schlaue Köpfe, aber noch mehr offene Fragen.“

Das erklärte Ziel ist eine Vereinfachung der Genehmigungsverfahren. Doch es bleiben mögliche Konfliktpunkte. Isolierte Positivbetrachtungen, Gesamtkonzepte, Ziele der Raumordnung, Landesentwicklungsplan, Schutz der Anwohner sowie der Arten- und Naturschutz können sich bei genauer Betrachtung in die Quere kommen. „Da besteht noch viel Klärungsbedarf. Wir wollen ja rechtssichere Entscheidungen treffen“, sagt Claudia Volbers.

Repowering in Hundewick

Beim Repowering, dem Ersatz älterer Windkraftanlagen durch leistungsfähigere neue Anlagen, gebe es allerdings tatsächlich eine Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens. Davon profitiert ein Vorhaben in Hundewick. Dort soll ein älteres Windrad durch ein neues ersetzt werden. Die neue, 200 Meter hohe Anlage leistet mit 4,2 Megawatt mehr als doppelt so viel wie die alte Anlage.

Weitere Ausbaupläne gibt es auch in Almsick. Ob die Windparkgesellschaft Bürgerwind Almsicker Loh hier zwei oder mehr Anlagen errichten kann, ist auch davon abhängig, welche Planungen auf dem benachbarten Ahauser Gebiet umgesetzt werden. Die Stadt Stadtlohn will nach Rücksprache mit der Bezirksregierung die Pläne für Almsick und Hengeler einer Gesamtbetrachtung unterziehen.

Kein breiter Widerstand

Damit hat August Rietfort kein Problem. Hier wie dort seien die Vorbereitungen ja schon weit vorangeschritten und Grundstücksfragen geklärt. Und bei allen Beschleunigungsbemühungen dürfe nicht vergessen werden, die Anwohner frühzeitig zu beteiligen und mit ins Boot zu holen. Rietfort: „Darum haben wir uns von Anfang an bemüht.“

Breite Proteste gibt es nach Einschätzung von Claudia Volbers ohnehin nicht mehr. „Es gibt ja jetzt in Stadtlohn schon Erfahrungen mit den großen Windkraftanlagen. Viele haben gelernt, damit zu leben. Und die Einsicht in die Notwendigkeit klimafreundlicher Stromerzeugung ist ja da.“ Aber in Einzelfällen seien gerichtliche Überprüfungen der Genehmigungen nie auszuschließen. Und dafür muss es ein sauberes Genehmigungsverfahren geben.

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