Weltreise startet zu Fuß an der Haustür Bernd und Steffi Diehl lassen altes Leben zurück

Steffi und Bernd Diehl lassen ihr altes Leben in Stadtlohn zurück
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Steffi (37) und Bernd (38) Diehl haben den Mut, ihren Lebenstraum zu verwirklichen. Sie lassen ihr altes Leben in Stadtlohn hinter sich und gehen auf eine Weltreise. Mit offenem Ende.

Viele Stadtlohner kennen Steffi und Bernd Diehl schon. Nicht nur weil die Diehls und Dückers, das ist Steffis Geburtsname, alteingesessene Familien sind. Steffi und Bernd Diehl fallen auf. Sie umrunden jeden Tag mit schweren Wanderrucksäcken die Stadt. „Wir trainieren für unser Leben 2.0“, sagt Steffi Diehl. Der Countdown läuft.

Bernd Diehl und sein Countdown-Poster
Der Countdown über dem Sofa: Seit mehr als drei Jahren macht Bernd Diehl jeden Tag ein Kreuz, das letzte am 24. Februar. Dann geht er mit seiner Frau Steffi auf Weltreise. © Stefan Grothues

„Am 24. Februar schließen wir die Wohnungstür ab und werfen den Schlüssel in den Briefkasten. Dann haben wir keinen einzigen Schlüssel mehr“, sagt Bernd Diehl und strahlt dabei voller Vorfreude. Die Freiheit ruft.

Die Wohnung ist gekündigt. Genauso wie die Jobs. Das Auto ist verkauft, die Möbel auch. Die Diehls besitzen dann nur noch das, was in ihre Rucksäcke passt, zusammen weniger als 30 Kilogramm: Kleidung, Kocher, Schlafsack und Zelt. Die Weltreise kann beginnen.

1673 Kästchen

Noch aber haben Steffi und Bernd Diehl ein Wohnzimmer. Überm Sofa hängt seit 2020 ein großes Fernweh-Poster. Es zeigt ein Bergsee-Idyll. Darüber hat Bernd Diehl 1673 Kästchen gezeichnet. Eines für jeden Tag bis zu seinem 40. Geburtstag.

Das sollte eigentlich der Abreisetag sein. Bernd Diehl war 2020 unzufrieden mit seinem Leben. Der gelernte Maurer sah als Schichtarbeiter bei Schmitz Cargobull seine Frau oft nur am Wochenende. Steffi Diehl arbeitete als Physiotherapeutin. Das Leben ging seinen Trott, unterbrochen nur von spannenden Urlaubsreisen. „Ich habe mich gefragt, ob ich die nächsten 30 Jahre so weiter leben will“, erzählt er.

„Ich bin sofort dabei“

Das Fernweh wuchs. Bernd Diehl folgte auf Youtube den Erlebnissen von Globetrottern. „Und dann habe ich Steffi eines Abends gefragt: ,Wollen wir nicht auch eine Weltreise unternehmen?‘“ Seine Frau strahlt noch heute, wenn sie an diesen Moment zurückdenkt. „Ich habe nicht lange überlegt. Ich habe gesagt: Ich bin sofort dabei.“

Steffi und Bernd Diehl sind erst seit drei Jahren verheiratet. Aber sie sind schon seit 23 Jahren ein Paar. „Ich war 15, Steffi war 14. Seitdem wächst unsere Liebe wie ein Baum“, sagt Bernd Diehl. Die beiden sind sich sicher: „Wir können auch 24/7 zusammen sein.“

Bernd und Steffi Diehl mit einer Weltkarte
Vorfreude auf die ganze Welt: Bernd und Steffi Diehl mit einer Weltkarte, die ein Freund gemalt hat. © Stefan Grothues

Andere junge Paare sparen für ein Haus. Steffi und Bernd Diehl legen seit drei Jahren jeden verfügbaren Euro für ihren großen Reisentraum zurück. Bernd Diehl: „Kinder waren für uns nie ein Thema. Und darum haben wir uns gefragt: Machen uns Steine glücklich?“ Die klare Antwort der beiden war Nein.

Und jeden Tag, wenn Bernd Diehl in den letzten drei Jahren von der Schicht nach Hause kam, hat er eines der 1673 Kästchen auf seinem Vorfreude-Countdown durchgestrichen. Manchmal auch mehrere. Denn mit dem Sparen ging es besser voran als gedacht. An diesem Dienstag (8. Januar) sind noch 46 Kästchen offen. Am 24. Februar geht es los. Zu Fuß.

Start auf dem Jakobsweg

Durch Frankreich und Spanien führt sie der Jakobsweg zunächst nach Santiago de Compostela. Dann an der portugiesischen Küste entlang nach Gibraltar. „Wir setzen auch kurz mit der Fähre über, damit wir sagen können: ,Wir sind nach Afrika gelaufen‘“, sagt Bernd Diehl und lacht.

Seine Frau nennt die weiteren Etappen: „Wir heuern auf einem Segelboot an, das uns bis in die Karibik bringt.“ 2025 durchqueren die beiden auf dem Pacific Crest Trail die USA von Mexiko nach Kanada. „Danach kaufen wir uns einen Camper und fahren von Feuerland nach Alaska“, sagt Steffi Diehl. Ihr Mann nennt sie augenzwinkernd „meine Reiseleiterin“ und sagt: „Ich bin eher der spontane Typ.“

Handwerk und Physiotherapie

Australien, Neuseeland, Asien ... für die Fortsetzung der Weltreise gehen den beiden Stadtlohnern die Ideen nicht aus. Ihre Ersparnisse reichen nach ihren Berechnungen erst einmal für drei Jahre.

Dann wollen sie unterwegs auch arbeiten. Bernd Diehl sagt: „Handwerker sind überall gefragt.“ Steffi Diehl sagt: „Ich habe meinen Bachelor als Physiotherapeutin in Enschede gemacht. Der Abschluss wird weltweit anerkannt.“

Leben vor der Rente

In Stadtlohn bleiben von den beiden nur einige wenige Kartons zurück mit Fotoalben und persönlichen Dokumenten. „Meine Lebensversicherung habe ich auch nicht aufgelöst“, sagt Bernd Diehl. Und er fügt lachend hinzu: „Dafür bin ich zu deutsch“.

Ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld wollen die beiden zurückstellen. „Das könnte ein Puffer sein, wenn wir aus irgendwelchen Gründen die Reise abbrechen sollten“, sagt Steffi Diehl. Und was ist mit der Rente? Diese Frage hören die Diehls immer wieder mal, wenn sie von ihrer Weltreise-Plänen erzählen.

Die beiden finden: Das Leben vor der Rente ist wichtiger. „Wer weiß, was aus den Träumen wird, wenn man sie immer nur verschiebt“, sagt Bernd Diehl. „Wir freuen uns jetzt auf viele Begegnungen mit Menschen und auf tolle Naturerlebnisse.“

Für Freunde, Verwandte und als Inspiration für alle Menschen mit Fernweh wollen Steffi und Bernd Diehl ihre Reise auf Facebook (Lebenzweipunktnull BernduSteffi), Instagram (leben2.0berndusteffi) und Youtube (leben2.0) dokumentieren.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 11. Januar 2024.