Der NRW-Landesvorsitzende der Deutschen Diabetes-Hilfe Norbert Kuster reagiert bestürzt auf die angekündigte Schließung des Krankenhauses Stadtlohn. Er ist besorgt um die Versorgung der Diabetiker.

© dpa/Klinikum Westmünsterland

Was wird aus der Diabetologie? Patientensprecher ist in Sorge

rnUmzug Diabetologie

Was wird aus der Diabetologie nach Schließung des Krankenhauses Maria-Hilf? Zwei Patientensprecher fordern Antworten. Die Verantwortlichen des Klinikums Westmünsterland versichern den Erhalt.

Stadtlohn

, 22.01.2022, 07:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Der NRW-Landesvorsitzende der Deutschen Diabetes-Hilfe, Norbert Kuster, reagiert bestürzt auf die angekündigte Schließung des Krankenhauses Stadtlohn und die daraus resultierende Verlegung der dortigen Diabetologie zurück nach Ahaus. „Das Klinikum Westmünsterland ignoriert die Bedürfnisse von Diabetikern“, so sein Vorwurf. Die Spezialabteilung – insbesondere für komplizierte Fälle mit Folgeerkrankungen – war innerhalb des Klinikums Westmünsterland (KWML) erst im Sommer 2019 vom Standort Ahaus nach Stadtlohn gezogen. Dort sollte es Teil eines Kompetenzclusters „Herz-Kreislauf-Gefäße“ werden.

„Der Aufbau des Kompetenzclusters ist auch gelungen“, erklärt Tobias Rodig, Leiter Unternehmenskommunikation am Klinikum Westmünsterland (KWML) auf Nachfrage der Münsterland Zeitung schriftlich. Zuvor hatte sich der Landesvorstand der Deutschen Diabetes-Hilfe wochenlang vergeblich um einen Gesprächstermin mit der Geschäftsleitung bemüht.

Änderungen in den Rahmenbedingungen, beispielsweise zur künftigen Struktur der Notfallmedizin in Krankenhäusern, würden aber „zur Zusammenführung der Kapazitäten an möglichst großen Krankenhausstandorten“ zwingen, so Rodig weiter.

Kein Verständnis - Warum nicht in Erhalt investieren?

Eine ziemlich überraschende Entwicklung, findet Kuster, zumal noch im Juni 2020 versprochen worden war, das Krankenhaus Maria-Hilf Stadtlohn wie auch das St. Marien-Hospital Vreden, das – wie berichtet – ebenfalls geschlossen wird, zu erhalten. „Wiederholt und überrascht haben wir von den Veränderungen, die das Klinikum Westmünsterland beabsichtigt und offensichtlich schon beschlossen hat, aus der Presse erfahren“, so der Landessprecher. Als Deutsche Diabetes-Hilfe und Interessensvertretung der Menschen mit Diabetes habe er dafür kein Verständnis.

„Neben den Diabetespraxen haben wir in den vergangenen Jahren eine gute spezialisierte Versorgung für Menschen mit Diabetes und diabetischer Fußerkrankung im Norden des Kreises gehabt“, so Kuster. „Wir schätzen diese Abteilung sehr.“ Er und seine Mitpatienten könnten nicht verstehen, dass ein hoher zweistelliger Millionenbetrag in die Umstrukturierungen fließen soll, wenn Strukturen vorhanden seien, die zudem hervorragend angenommen würden.

Norbert Kuster setzt sich als Landesvorsitzender der Deutschen Diabetes-Hilfe für die Belange von Diabetespatienten in NRW ein.

Norbert Kuster setzt sich als Landesvorsitzender der Deutschen Diabetes-Hilfe für die Belange von Diabetespatienten in NRW ein. © Norbert Kuster

Fördergelder nur bei Bündelung medizinscher Versorgungsangebote

„Die Fördergelder, die wir für die Konzentration der stationären Akutversorgung erhalten, sind an die Bündelung der medizinischen Versorgungsangebote geknüpft. Sie können daher nicht in den Erhalt der bestehenden Standorte und Strukturen investiert werden“, schreibt dazu Tobias Rodig für das Klinikum.

Schon jetzt seien die Wege zur einzigen stationären Fachabteilung weit, hält Kuster dagegen. Nur der Standort Stadtlohn habe eine Diabetologie, die Folge seien oft Behandlungen an den weiteren Standorten des Klinikums ohne Einbindung eines Diabetologen oder Gefäßchirurgen und ohne Untersuchung der Durchblutung. „Patienten, die aus medizinischen oder sozialen Gründen die entfernt liegende Facheinrichtung nicht mehr erreichen können, laufen Gefahr, dass Amputationen an Gliedmaßen vorgenommen werden müssen“, zeigt Kuster die möglicherweise dramatischen Folgen auf.

Geregelte Strukturen wichtig

„Da die allermeisten diabetologischen Patienten durch den Hausarzt oder die diabetologischen Schwerpunktpraxen betreut werden und nur vergleichsweise wenige Patienten, zum Beispiel bei akuten Stoffwechselentgleisungen, einen stationären Aufenthalt benötigen, spielt die Entfernung – die mit 11 Kilometern zwischen den beiden Krankenhausstandorten ja auch vergleichsweise gering ist – in der regelmäßigen Versorgung eher eine untergeordnete Rolle“, argumentiert der Kliniksprecher.

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Die auf den ersten Blick nicht all zu große räumliche Distanz zwischen Stadtlohn und dem neuen „alten“ Standort Ahaus ist bei Diabetespatienten aber sehr wohl ein Problem. „Diabetespatienten mögen klare Strukturen“, weiß Martin Hadder, zweiter Stellvertreter von Kollege Kuster. Veränderungen führten da oft zu einer „schlechteren Compliance“ (Bereitschaft, sich auf eine Behandlung einzulassen und mitzuarbeiten).

Zudem sei auch die ambulante Versorgung nicht ausreichend, die diabetologischen Schwerpunktpraxen im Kreis Borken seien „voll“. Auch hier sei der Bedarf um ein Vielfaches höher. Diabetes-Praxen kümmern sich um Patienten, für die eine hausärztliche Basisversorgung nicht mehr ausreichend ist.

Gespräch angeboten

Tobias Rodig ist nach Kontaktaufnahme durch die Münsterland Zeitung offen für ein Gespräch mit Norbert Kuster und Martin Hadder. Vorab verspricht er den Erhalt des stationären diabetologischen Angebots – auch in Ahaus: „Die diabetologische Versorgung wird sich für die Patienten durch den geplanten Umzug nicht verschlechtern.“ Ergänzt werden soll diese durch die bereits in Ahaus etablierte ambulante diabetologische Versorgung durch die Schwerpunktpraxis im Medizinischen Versorgungszentrum des St. Marien-Krankenhauses.

Auch die fachübergreifende Zusammenarbeit innerhalb des angesprochenen Kompetenzclusters sei gesichert, da die Kardiologie mit umziehen werde, so Rodig. „Über den genauen Zeitpunkt der Umzüge der einzelnen Fachabteilungen werden wir auf jeden Fall rechtzeitig informieren, sobald dieser feststeht.“

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