Ein Jahr ausgebucht - Terminvergabe eingestellt Lange Wartezeit bei Darmkrebsvorsorge

Anspruch auf Darmspiegelung: Lange Wartezeiten bei Darmkrebsvorsorge
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„Das finde ich skandalös!“ Über den anonymen Briefkasten wandte sich ein Leser aus Stadtlohn an die Redaktion. Zum Thema Darmkrebsvorsorge und zur Problematik, überhaupt Termine für eine entsprechende Spiegelung zu bekommen. Überall höre und lese man, dass eine Darmspiegelung eine sinnvolle Vorsorge sei – gerade ab 55. Und dann führe sie niemand durch.

Konkret: Als Stadtlohner ohne Krankenhaus vor Ort sei Ahaus seine erste Anlaufstelle. Im Krankenhaus sei kein Termin zu bekommen, Terminvergabe allein über das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ).

Dort erfahre man dann, dass Ahaus „keine Vorsorgeuntersuchungen mehr durchführt“ und werde an die Gastroenterologie Upgang verwiesen. Auch dort gebe es einen Annahmestopp, da für ein Jahr alles ausgebucht ist. Man könne es ja mal in Borken oder Bocholt versuchen.

„Wenn man schon auf die Vorteile solcher Vorsorgeuntersuchung hinweist, sollte man sie auch anbieten“, stößt es dem Stadtlohner auf.

Zum Hintergrund: Darmkrebs ist derzeit die zweithäufigste Tumorerkrankung bei Frauen und die dritthäufigste Tumorerkrankung bei Männern in Deutschland, wie aus den Daten des Zentrums für Krebsregisterdaten des Robert Koch-Instituts hervorgeht. Deshalb wird ab einem bestimmten Alter neben regelmäßigen Stuhltests auch die Darmspiegelung als Vorsorgemaßnahme empfohlen.

Männer haben bereits ab einem Alter von 50 Jahren Anspruch auf eine Koloskopie (Darmspiegelung), da sie ein höheres Risiko als Frauen haben, an Darmkrebs zu erkranken. Bei Frauen liegt die Altersgrenze für die Koloskopie bei 55 Jahren.

Eine erneute Vorsorgeuntersuchung kann nach Ablauf von neun Kalenderjahren durchgeführt werden. An die Bedeutung der Darmkrebsvorsorge erinnern die gesetzlichen Krankenkasse auch – letztmalig zum 65. Geburtstag.

Problematik nicht nur in Ahaus bekannt

Nachfrage im Klinikum Westmünsterland. Dass es korrekt sei, dass Vorsorgeuntersuchungen – insbesondere Darmspiegelungen zur Früherkennung von Darmkrebs – für gesetzlich Versicherte ab dem 50./55. Lebensjahr empfohlen und angeboten werden, erklärt Tobias Rodig, Leitung Unternehmenskommunikation.

Das große Aber: „In nahezu allen Praxen in der Region besteht aktuell hier eine längere Wartezeit.“ Auch wenn im Falle einer reinen Vorsorgeuntersuchung kein akuter Untersuchungsbedarf vorliege, sei dies verständlicherweise „nicht zufriedenstellend“. Begründet zum Teil in strukturelle Herausforderungen im ambulanten Versorgungssystem.

Vorab: „Die Durchführung von Vorsorgeuntersuchungen fällt nicht in den Aufgabenbereich der Krankenhäuser“, betont Tobias Rodig. Die begrenzten Kapazitäten hätten daher auch nichts mit der Beendigung der stationären Versorgung in Stadtlohn zu tun. „Im Gegenteil: Wir haben unserer Gastroenterologie im Ahauser Krankenhaus nicht nur räumlich, sondern auch personell in den vergangenen Monaten deutlich erweitert.“

Reine ambulante Vorsorgeuntersuchengen dürften allerdings nicht im Krankenhaus durchgeführt werden. „Stattdessen werden diese Untersuchungen in der Regel durch niedergelassene Fachärzte – wie beispielsweise in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) – oder durch spezialisierte Praxen durchgeführt.

Man müsse differenzieren: Wer aufgrund von Auffälligkeiten einen Termin dringend benötige oder wer einen positiven immunologischen Stuhltest erhalten hat, der bekomme auch zeitnah einen Termin. „Bei reinen Vorsorgeuntersuchungen ist die Wartezeit deutlich länger“, berichtet der Pressesprecher.

Bei der gastroenterologischen Praxis Upgang handele es sich um einen Teilbereich des MVZ in Ahaus. Auch dort können Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt werden.

„Leider können wir aktuell aufgrund der sehr hohen Nachfrage und begrenzter Kapazitäten keine neuen Termine für Vorsorgeuntersuchungen in der Praxis Upgang anbieten“, bestätigt Tobias Rodig die Erfahrungen des Lesers.

Dies sei eine „vorübergehende Maßnahme, um die Qualität und Verfügbarkeit der Untersuchungen für bereits angemeldete Patienten sicherzustellen“. Wie begegnet man dem? „Aktuell planen wir, im MVZ zusätzliche personelle Unterstützung im ärztlichen Bereich zu schaffen.“

Kapazitäten sind begrenzt

Betroffenen wie dem Stadtlohner, die Schwierigkeiten hätten, einen Termin für eine Darmspiegelung in Ahaus zu erhalten, empfehle man, sich an die benachbarten Praxen in der Region – zum Beispiel eben in Borken – oder ans weitere MVZ in Bocholt zu wenden. Jedoch seien die Kapazitäten auch dort – wie überall anders auch – „leider sehr begrenzt“ und es komme bei Vorsorgeuntersuchungen zu längeren Wartezeiten.

Alternativ könne es hilfreich sein, sich bei der eigenen Krankenkasse oder unter der 116 117 zu erkundigen, ob diese bei der Suche nach einem verfügbaren Termin in anderen Regionen oder Einrichtungen unterstützen können.

Zusammengefasst: „Wir bedauern, dass es momentan zu Engpässen kommt“, betont Tobias Rodig. Die Darmkrebsvorsorge sei ein wichtiges Anliegen und man setze alles daran, den Zugang zu diesen wichtigen Untersuchungen so einfach und schnell wie möglich zu gestalten.

Gerne würde man das ambulante Angebot zum Beispiel durch eine ambulante Ermächtigung für den neuen Chefarzt der Gastroenterologie in Ahaus ausbauen. „Allerdings liegt dies nicht in unserer Hand, sondern wir sind hier auf die Entscheidung der Kassenärztlichen Vereinigung angewiesen, die für die ambulanten Versorgungsstrukturen zuständig ist“, erklärt Rodig.

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Diesen Artikel haben wir am 29. August 2024 veröffentlicht.

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