Ramon Garthaus trägt einen weißen Schutzanzug und einen helmartigen Gebläseatemschutz. Mit der Sprühpistole beschichtet er Werkstücke aus Metall mit einer Pulverwolke. Dann zieht er die Werkstücke über ein Schienensystem in den Brennofen. So funktioniert die Pulverbeschichtung in der Stadtlohner Firma Profi Metall & Technik, Werktag für Werktag.
Künftig aber bleibt freitags der Ofen kalt: Das mittelständische Unternehmen an der Kreuzstraße führt ab dem 1. Dezember die Vier-Tage-Woche ein. Ramon Garthaus sagt: „Ich war sofort dafür. Ich finde das gut.“ Auch seine Kollegen freuen sich auf die langen Wochenenden. Und ihr Chef Werner Steppat hofft auf eine deutliche Energieeinsparung – bei steigender Produktivität.

Maschinenbaumeister Werner Steppat hat das mittelständische Unternehmen 1997 gegründet. Es zählt heute zehn Beschäftigte. „Bei uns gibt es alles aus einer Hand: Pulverbeschichtung, Metallverarbeitung und Sandstrahlen“, so sagt er. Und er betont, dass „kreative Lösungen für alle Herausforderungen“ zum Kerngeschäft gehören. Bei der Arbeitszeit war das Unternehmen bislang aber nicht sonderlich kreativ. Die Fünf-Tage-Woche war gesetzt. Weil es so üblich ist.
„Warum ist das eigentlich so?“, fragte sich Mitarbeiterin Alexa Terfrüchte. Und könnte nicht ein neues Arbeitszeitmodell helfen, teure Energie zu sparen? Wie wäre es mit einem „energiefreien Tag“? und einer Verdichtung der Arbeit auf vier Tage? Diesen Vorschlag machte sie ihrem Chef Werner Steppat.

Der war sofort Feuer und Flamme für diese Idee. Der große Ofen wird jeden Morgen um fünf auf 190 Grad aufgeheizt. Es dauert eine Stunde, bis der 6,80 Meter breite, 2,60 Meter hohe und 18 Meter lange Ofen seine Betriebstemperatur erreicht hat. „Besonders das Aufheizen verbraucht jede Menge Gas“, sagt Werner Steppat.
Ein Tag ohne Anheizen spart also enorme Energiekosten ein. Aber die Auftragsbücher sind voll, der Betrieb läuft unter Volllast. Was tun? Werner Steppat und Alexa Terfrüchte diskutierten diese Frage mit dem ganzen Mitarbeiterteam. „Diese Frage wollte ich nur gemeinsam mit allen Mitarbeitern entscheiden, und zwar von Anfang an“, sagt Werner Steppat.
40-Stunden-Woche bleibt
Denn am Ende lief es auf eine Lösung hinaus: Die 40-Stunden-Woche bleibt, die Arbeit wird nur auf vier statt auf fünf Tage verdichtet. „Super“, das war der erste Gedanke von Raphael Lechtenberg, als er von dieser Idee hörte. „Und alle Kollegen haben das Gleiche gedacht. Mittags haben wir zum ersten Mal drüber gesprochen. Nachmittags war das schon so gut wie beschlossene Sache“, sagt der Produktionsleiter.
Alle seien sich einig gewesen, dass die langen Wochenenden die künftigen Zehn-Stunden-Tage mehr als aufwiegen. Raphael Lechtenberg: „Ich renoviere zuhause, da kann ich die freien Freitage gut gebrauchen.“ Und in der Firma, so Werner Steppat, steige durch die effizientere Nutzung des Ofens die Produktivität.

Aber ist ein Zehn-Stunden-Tag überhaupt zulässig? Werner Steppat und Alexa Terfrüchte waren sich nicht ganz sicher. Sie hielten Rücksprache mit der Arbeitsagentur und der Handwerkskammer. Von dort aus kam grünes Licht. Und Lob kam von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Borken (WFG).
„Das ist sicherlich ein gutes Beispiel für eine Energieeinsparung mit einer betriebsinternen Lösung. Das könnte auch andere Unternehmen animieren, über ähnliche Ideen zu sprechen“, sagt Dr. Markus Könning, Leiter der WFG-Innovationsberatung. Werner Steppat hat auch schon viele seiner Kunden informiert, dass freitags künftig nur noch der Anrufbeantworter zu erreichen ist. „Die Resonanz war durchweg positiv.“

Die Agentur für Arbeit, so sagt Alexa Terfrüchte, sehe in dem Schritt auch einen möglichen Weg, um neue Mitarbeiter zu gewinnen. Diesen Gedanken verfolgt auch Chef Werner Steppat. „Wir suchen ja neue Mitarbeiter. Die Vier-Tage-Woche kann ja ein Argument für unsere Firma sein.“ Von der Idee bis zur Umsetzung sind nur wenige Wochen vergangen. „Wir probieren das jetzt einfach aus“, sagt Werner Steppat. „Wenn es nicht funktioniert, dann werden wir neue Wege finden.“