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Der Könich lebt: Stadtlohner Musiker Thomas Willemsen nimmt Soloalbum auf
Musikerleben
Thomas Willemsen ist der ungekrönte westfälische König des Blues und Funk. Der Stadtlohner Fotograf und Musiker hat schon auf vielen Bühnen gestanden. Mit 53 wagt er das erste Soloprojekt.
Gut, dass Thomas Willemsen in jungen Jahren nicht der allerbeste Schlagzeuger war. Vielleicht wäre der Stadtlohner sonst nicht der ungekrönte „Könich“ des westfälischen Blues und Funk geworden.

Vor 40 Jahren: Als der "Könich" noch ein Prinz war mit seiner ersten Band "Lazy Botch". Von links: Thomas Willemsen, Marcel Kaiser, Elmar Frankemölle und Leo Lanfer. © Tonunion
Vor 40 Jahren betrat Thomas Willemsen als Drummer der Band Lazy Botch die große Bühne der Rockmusik vor kleinem Publikum im HOT in Stadtlohn und in den Jugendheimen der Nachbarstädte. Dann eröffneten ihm eines Tages die Bandkollegen: „Du, wir haben einen neuen Schlagzeuger. Der hat mehr Erfahrung.“
Thomas Willemsen kann die Geschichte heute mit einem Lachen erzählen. Nicht nur weil Jahrzehnte vergangen sind. Schließlich war die Umbesetzung kein Rausschmiss. Die Band stellte ihn ans Mikrofon. Der Anfang einer Karriere als Sänger und Rampensau, die aus Thomas Willemsen den „Könich“ machte.
Stadlohner Gastbeitrag aus den USA
Nur vier Jahrzehnte später hat Thomas Willemsen in seinem Stadtlohner Studio im Lokschuppen an der Bahnhofstraße sein erstes Soloalbum aufgenommen. Am 4. Januar ist „Könich persönlich“ erschienen. Elf Perlen des handgemachten Bluesrocks mit fettem Bass, feinen Bläsersätzen und fetzigen Gitarren.
Der Schlagzeuger von Stoppok, der Bassist von Helge Schneider und der Gitarrist von Herbert Knebel standen dem Könich dabei zur Seite. Und ein alter Stadtlohner Freund, der heute in Lincoln (Nebraska) Tontechniker ist: Werner „Yeti“ Althaus schickte seine Gitarrenriffs online über den großen Teich in den Lokschuppen.

Der gereifte "Könich" hat schon sein zweites Soloprojekt im Auge. © Tonunion
Getragen aber wird das Album vor allem von der vollen und gereiften, mal energischen, mal entspannten Bluesstimme des Könichs und deutschen Texten zwischen Trotz und augenzwinkernder Resignation. „Der Lack ist ab. Die Party hat sich erledigt. Knie und Rücken sind das Thema“, sagt der Könich.
Die Musik war Thomas Willemsen schon in die Wiege gelegt. „Die Rampensau ist geerbt. Schon mein Vater stand früher bei jedem Fest auf dem Tisch und hat die Leute unterhalten.“ Er sang auch im Männerchor, bei den Ohrwürmern und mit den italienischen Freunden aus der Partnerstadt St. Vito. Und der kleine Thomas sang mit seiner Schwester im Duett im Gottesdienst in St. Otger.
Onkel Hermann und Pink Floyd
Seine wahre Leidenschaft galt aber dem Rock, lange bevor er seine erste Platte von Pink Floyd erstanden hatte. Schon im Probenkeller von Onkel Hermann hatte der kleine Thomas den Geruch elektrischer Verstärker eingesogen. „Das hat mich immer fasziniert“, sagt Thomas Willemsen. Sein Onkel Hermann Funke rockte mit den Sky Men die Partys in Stadtlohn.
Mit 16 begann Thomas Willemsen eine Lehre als Fotograf. Später fotografierte er fast ein Jahr lang für die Mordkommission in Essen. „Das ist eine Aufgabe, die man nicht zu lange machen darf“, sagt er rückblickend. Er wendete sich dann ab 1993 als selbstständiger Werbefotograf den schöneren Motiven zu.

Thomas Willemsen bei einem Konzert der Stormy Monday Band mit Carey Bell, dem Blues-Harpspieler der Blueslegende Muddy Waters. © privat
Vor allem drängte sich die Musik in den Vordergrund. Nach einem Casting wurde er Anfang der 1990er-Jahre Sänger in der renommierten Essener Bluesband Stormy Monday. „Ich war mit gerade 23 Jahren der mit Abstand jüngste in der Band. Und ich war mir gar nicht im Klaren, was da auf mich zukommen würde“, sagt Thomas Willemsen heute. 100 Konzerte jedes Jahr, eine Europatournee, Auftritte im Radio und im Fernsehen – „es war einfach eine wilde Zeit, die unbeschwerteste, die ich hatte.“ Und die Band krönte ihren exzentrischen Frontmann Willemsen zum „Könich“.
Der erste Plattenvertrag und der erste Flop
Die wilde Zeit ging weiter, als Willemsen Mitte der 1990er-Jahre die Party Popes gründete. Unbeschwert war die Zeit aber nicht mehr: „Ich musste mich ja als Bandleader plötzlich um alles selbst kümmern.“ Doch die Party Popes schlugen mit fetzigem Funk bei Live-Konzerten ein wie ein Bombe.

Der "Könich" Thomas Willemsen als Frontmann der Party Popes. © Tonunion
Das entging auch den großen Plattenfirmen nicht. Ein Vertrag mit einem Major Lable war schon bald unter Dach und Fach. „Unser erstes Album war ein Flop“, sagt Willemsen heute ohne Umschweife. Das zweite wurde gar nicht mehr aufgenommen.
Unterdessen nahm aber die Fotografen-Karriere Fahrt auf. 1998 kehrte Willemsen in seine Heimatstadt Stadtlohn zurück und baute den ehemaligen Lokschuppen an der Bahnallee um. Hier residiert sein Studio seither unter dem Firmennamen „Lokomotiv“.
Tourfotograf bei den Rolling Stones
Die Musik ließ ihn nie los. Unter anderem arbeitete Willemsen als Tourfotograf bei der Voodoo-Longe-Tour der Rolling Stones. Mit seiner Band King Size Clan stand der 2011 in Ahaus neben Joe Cocker auf der Bühne. Und im Lokschuppen gaben sich viele Musiker die Klinke in die Hand.
Seit 2017 feilt Thomas Willemsen an seinem Soloprojekt „Könich persönlich“. Ohne coronabedingte Pausen im Fotografenberuf hätte sich das Projekt wohl noch länger hingezogen, sagt Thomas Willemsen. Wegen der Pandemie aber blieb Zeit, nicht nur die Studioaufnahmen unter Dach und Fach zu bringen, sondern auch aufwändige Videos zu drehen.„Kilometerfressen“ ist schon seit Silvester auf Youtube zu sehen.
Video in Barcelona gedreht
Bald wird dort auch das sehenswerte Video „Raucht und trinkt nicht mehr“ zu sehen sein, das in Barcelona mit Unterstützung der ebenfalls aus Stadtlohn stammenden Fotografin Nicola Mesken gedreht wurde. Darin heißt es: „Der Könich raucht und trinkt nicht mehr. Er will auch nicht mehr Popstar sein.“
Kommerzielle Gründe, sagt Thomas Willemsen, hätten bei dem Projekt überhaupt keine Rolle gespielt. Die 250 CDs (10 Euro) vertreibt er selber unter der E-Mail-Adresse persoenlich@derkoenich.de. Es gibt auch eine liebevoll gestaltete Variante mit einem Fotobuch aus dem Musikerleben des Könichs zum Preis von 15 Euro.