Stadtlohner Familie Fischer lebt mit dem Angelman-Syndrom „Hanna bleibt unsere Prinzessin“

Familie lebt mit Angelman-Syndrom: „Hanna bleibt unsere Prinzessin“
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Hanna hat die kleine Familie komplett gemacht. Und durcheinander gewirbelt. „Du bist unsere kleine Prinzessin“, sagt ihr Vater Christian Fischer (40). „Du hast uns überrascht“, sagt Mutter Lena Fischer (39). Und Jan (4) lässt eine Umarmung sprechen. Er ist froh, eine kleine Schwester zu haben.

Eine glückliche Familie. Aber das ist nicht alles. Lena Fischer spricht auch von anderen Gefühlen: Sorge. Niedergeschlagenheit. Überforderung. Und von der verzweifelten Frage: „Was soll das? Warum wir?“

Entwicklung stark verzögert

Hanna ist jetzt zwei Jahre alt. Im August wird sie ihren dritten Geburtstag feiern. Hanna spricht nicht. Sie kann auch nicht gehen. Sie leidet unter einem sehr seltenen Gendefekt. Hanna hat das Angelman-Syndrom.

Der britische Kinderarzt Harry Angelman hat es vor rund 60 Jahren erstmals wissenschaftlich beschrieben. Das Syndrom ist die Folge einer seltenen genetischen Veränderung auf Chromosom 15. Die Folge: Hanna entwickelt sich nur verzögert. Sie wird nicht oder kaum sprechen lernen. Ihre Koordination ist beeinträchtig. Sie ist hyperaktiv und aufgedreht.

Christian Fischer trägt Hanna auf seinen Schultern.
„Sie ist meine kleine Prinzessin": Christian Fischer trägt Hanna auf seinen Schultern. © privat

„Aber sie war so zufrieden und glücklich“, sagt Lisa Fischer. „Da haben wir uns noch keine großen Sorgen gemacht. Manche Kinder sind schneller, andere eben langsamer. Wir haben gedacht, mit Krankengymnastik und Frühförderung lässt sich manches aufholen.“

Als Hanna aber keine Anstalten macht, zu robben oder zu krabbeln und sich auch nirgendwo hochzieht, meldet sich der Kindergarten: Mit Hanna stimmt etwas nicht. Lisa Fischer weiß heute, dass die Erzieherinnen recht hatten. „Damals aber war ich wütend auf den Kindergarten. Warum geben sie Hanna keine Zeit, sich in ihrem Tempo zu entwickeln?“

Hanna spielt im Sand.
Hanna mag Sand und Wasser. © privat

Riesen-To-do-Liste

„Zuerst war gar keine Zeit zum Grübeln“, sagt Lena Fischer. Sie zeigt auf Papierstapel und Aktenordner. „Es gibt eine Riesen-To-do-Liste: Therapien, Hilfsmittel, Reha, Pflegegrad, Kita-Wechsel, Gesundheitsamt, Selbsthilfegruppe, Caritas ...“

„Wir mussten auch schon manchen Kampf mit der Krankenkasse ausfechten. Ohne Widersprüche läuft es selten. Diese Erfahrung machen auch andere Eltern von Angelman-Kindern“, sagt Christian Fischer. Die Fischers haben die Herausforderung angenommen. Unterstützt werden sie dabei von den Großeltern, die auch in Stadtlohn leben.

Angelman bekannter machen

Hanna motiviert sie. Sie selbst ist neugierig, will die Welt entdecken. Und sie macht Fortschritte. „Sie krabbelt und sie hat das freie Sitzen gelernt“, sagt Lena Fischer und strahlt. Hanna robbt unterm Küchentisch hervor und zieht sich am Knie des Besuchers hoch. Auch das hat sie jetzt gelernt.

Lena und Christian Fischer wollen das Angelman-Syndrom bekannter machen. Christian Fischer sagt: „Ich bin über mich selbst erstaunt. Eigentlich ist es gar nicht mein Ding, an die Öffentlichkeit zu gehen.“ Jetzt aber hat er gemeinsam mit seiner Frau schon 100 Fördermitglieder für den Angelman-Verein geworben.

Hoffnung auf Forschung

Lena Fischer bei einem Ausflug mit Jan (4) und Hanna (2)
Lena Fischer bei einem Ausflug mit Jan (4) und Hanna (2) © privat

„Unsere Hoffnung ist, dass sich auch die Forschung stärker seltenen Krankheiten widmet. Es gibt auch Hoffnung auf ein Medikament, das später einmal die Entwicklungsmöglichkeiten für Angelman-Kinder erweitert“, sagt Christian Fischer.

Lena Fischer möchte eine Spiel- und Bewegungsgruppe für Kinder mit Beeinträchtigungen gründen. Für „besondere Kinder“, wie sie sagt, nicht nur für Angelman-Kinder. Denn die sind in der Region selten. „Im Westmünsterland soll es noch zwei weitere Kinder geben, aber die Familien kennen wir nicht“, sagt Lena Fischer.

Herausforderung bleibt

Das erste Juniwochenende hat Familie Fischer am Möhnesee verbracht. Dort hat ein überregionales „Little-Angel-Treffen“ gegeben. Der Austausch mit anderen Eltern ist für die Fischers wertvoll. Die Herausforderung aber bleibt.

„Es ist nicht leicht, das zu akzeptieren, dass Hanna nie ein selbstständiges Leben führen wird, dass sie auf dem Stand eines Kleinkindes bleiben wird“, sagt Lena Fischer. „Aber wir lernen, damit zu leben“, fügt sie hinzu. Christian Fischer muss schlucken. Dann sagt er: „Egal was ist, Hanna bleibt unsere kleine Prinzessin.“

Wer mehr über das Angelman-Syndrom wissen, die Arbeit des Angelman-Vereins unterstützen möchte oder sich für eine Spiel- und Bewegungsgruppe für besondere Kinder in Stadtlohn interessiert, kann per E-Mail Kontakt unter c.fischer4@gmx.de mit Familie Fischer aufnehmen.