Warum er Bilder und Videos mit kinderpornografischen Inhalten gesammelt und auf seinem Handy abgespeichert hat, dafür hatte ein Stadtlohner keine schlüssige Erklärung. Dass er sich die Inhalte auch angeschaut hat, das gab der 62-Jährige ebenso zu.
Nach und nach. Dass er weitere Dateien auf zwei ältere Notebooks selbst heruntergeladen habe, verneinte er allerdings. Gerade damit taten sich Schöffengericht und Staatsanwaltschaft letztlich schwer.
Als der Richter exemplarisch die Inhalte von acht Videos, die beim Angeklagten gefunden wurden, verlas, da herrschte Stille im Saal des Amtsgerichts: Die Videosequenzen zeigten sexuelle Handlungen vor, mit und an (Klein-)Kindern bis hin zu schwerstem sexuellen Missbrauch dieser.
„Diese Kinder sind ein Leben lang davon geschädigt“, richtete sich der Richter an den Angeklagten. Ob sich dieser dessen auch bewusst sei? Nein, er habe sich nichts dabei gedacht, nichts empfunden, erklärte der 62-Jährige. Womöglich habe ihn Neugier dazu bewogen.
Angeklagter war in Chats unterwegs
In den Fokus geriet vor allem das Mobiltelefon des Angeklagten. Auf diesem wurden weit über 1000 Bild- und einige hundert Videodateien mit kinderpornografischem Inhalt gefunden. Sogar abgespeichert in einen extra geschützten Ordner.
„Ich habe im Internet Fußball geschaut, habe heruntergescrollt und dann einige Links geöffnet“, berichtete der Angeklagte. Zum Teil habe er die Dateien, die heruntergeladen wurden, sofort wieder gelöscht.
Dass die Dateien in einem geschützten Ordner gefunden wurden, widerspreche eher dem Ansinnen des Löschens, warf der Richter darauf ein. Nach und nach gab der Angeklagte letztlich auch zu, Mitglied in einschlägigen Chatgruppen gewesen zu sein.
„Ich habe über verschiedene Quellen Videos erhalten“, erklärte er. Und diese auch angeschaut.
Auf zwei älteren Notebooks, die bei einer Hausdurchsuchung im Juli 2023 im Keller gefunden worden waren, war ebenso kinderpornografisches Material sichergestellt worden. Mit diesen habe er aber nichts zu tun, betonte der 62-Jährige immer wieder.
So ganz entschärfen konnte der Auswertungsbericht des zuständigen Polizeibeamten diese These nicht, grundsätzlich hätten auch frühere Besitzer dieser über Ebay veräußerten Laptops die Inhalte heruntergeladen haben können.
Einige Dateien waren allerdings zu einer Zeit gespeichert worden, als die Notebooks schon in Besitz des Angeklagten waren. Und: Auch diese gefundenen Videos zeigten überwiegend weibliche Kinder. So wie 90 Prozent auf dem Handy, was letztlich auf ein „gezieltes Sammeln“ schließen lasse, so der Richter.
Angeklagter zeigt sich kooperativ
Wie der Polizeibeamte berichtete, habe sich der Angeklagte während der Hausdurchsuchung kooperativ gezeigt. Er habe unter anderem die nötigen Passwörter zum Beispiel fürs Handy anstandslos herausgegeben.
Zudem habe er geäußert, dass seiner Meinung nach wohl allein die Verbreitung dieser Inhalte strafbar sei. Hinweise darauf gebe es keine. Einige wenige Dateien wurden zudem auf einem weiteren, neueren Notebook gefunden.
In seinem Gutachten erkannte der Sachverständige kognitive Defizite in Richtung einer Lernbehinderung sowie in Sachen Empathie. Allerdings keine dauerhafte seelische Störung oder eine geistige Behinderung.
„Der Angeklagte berichtet über Gewalterfahrungen in der Kindheit“, so der Sachverständige. Diese aufzuarbeiten, könne Schwerpunkt einer Therapie im Zuge einer möglichen Bewährungsauflage sein, meinte er.
Ansonsten sei der Lebenslauf über weite Strecken stabil, auffällig sei eine große Anzahl an deutlich jüngeren Partnerinnen. Eine Pädophilie im engeren Sinne sei nicht erkennbar.
Da der Angeklagte allerdings wohl gezielt selektiert habe, liege es auf der Hand, dass er für eine bestimmte Zielgruppe ansprechbar ist: Pädophilie in Nebenströmung. Ein Interesse sei auch an Mädchen in der Pubertät feststellbar.
Insgesamt gebe es keine Anzeichen für ein Krankheitsbild, wohl aber für ein Störungsmuster. Ebenso keine Hinweise für eine Schuldunfähigkeit.
Geständig, wenn auch nicht zu 100 Prozent, sah der Staatsanwalt den Stadtlohner. Er habe sich des Besitzes von kinderpornografischen Inhalten schuldig gemacht. Womöglich könne der Stadtlohner nicht nachvollziehen, dass der Besitz strafbar ist.
„Das soll aber nicht als Entschuldigung dienen.“ Ein Jahr und acht Monate Freiheitsstrafe könnten noch zur Bewährung ausgesetzt werden. „Im Wiederholungsfall gibt es eine harte Strafe“, ermahnte der Anklagevertreter.
62-Jähriger bemüht sich um Therapieplatz
Die Verteidigerin verwies auf die schwierige Familiensituation, die ihren Mandanten belaste. Das gesamte Verfahren ginge in diesem Zuge nicht spurlos an ihm vorbei. Das hätte auch Einfluss auf seine Aussagen vor Gericht gehabt.
„Er hat Einschränkungen, er braucht auch eine Betreuung“, ergänzte die Verteidigerin. Zugutehalten müssen man ihrem Mandanten den Willen zu einer Therapie. „Er möchte mit der Sache abschließen, hat aus dem Verfahren gelernt.“ Sie regte ein mildes Urteil im Ermessen des Gerichts an.
Das Schöffengericht ging mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft mit. Zugute hielt der Richter dem Stadtlohner das weitgehende Geständnis, auch seien die kognitiven und empathischen Defizite zu berücksichtigen. Eine Pädophilie in Nebenströmung sei wahrscheinlich.
Die große Anzahl der Videos mit schwerwiegenden Inhalten, die über einen längeren Zeitraum gesammelt wurden, stünden dem gegenüber. „Die Bewährung gibt es nur einmal“, wandte sich der Richter eindringlich an den Angeklagten. Neben einer Geldbuße von 1200 Euro an den Weißen Ring habe sich der Stadtlohner umgehend um einen Therapieplatz zu bemühen.