In die Geschichte und die Zeit der Schlacht zum Lohner Bruch zu reisen, ist gar nicht so einfach. Der Weg ist voller leerer Stellen. Quellen fehlen, Gebräuche waren so komplett verschieden, dass man sie heute nicht so wiederholen würde.
Das stellten acht Hobby-Brauer aus Stadtlohn fest, als sie sich daran machten, ein Bier zu brauen wie 1623.
Die Braugruppe 1623 hat es trotzdem versucht und wird nun am Sonntag, 6. August, ihr Mitbringsel aus der geschichtlichen Reise präsentieren. Ab 11 Uhr kann das Bier „1623“ beim Familienfest am Eichenhof probiert werden, ein Gerstenbier mit ganz aparten Kräuternoten.
Im Dezember 2022 kam Michael Boos auf die Idee, die acht Hobby-Brauer taten sich dafür zusammen. Daniel Enxing sagt: „Wir haben den Spagat versucht zwischen dem, was früher gebraut wurde, und dem, was heute getrunken wird.“
Vieles zu Münsterländer Bieren aus dem 17. Jahrhundert ist unbekannt, die Kräuter sind gut belegt. Bei dem Bier „1623“ sind es Gagel, Wacholder und Lorbeer.
Viele Wirte brauten damals selbst, bezogen aber die Kräutermischung, das Grut, von städtischen Grutherren. Diese hatten das Monopol und die Städte verdienten damit gut, wie Steuer-Verzeichnisse belegen. In Münster und Hamm war zumindest Gagel und Wacholder im Grut enthalten.
Erst lesen, dann brauen
All dies und mehr fanden die Hobby-Brauer zusammen mit kundigen Geschichtsreisenden heraus. Philipp Overberg braut schon über zehn Jahre in der Gruthaus Brauerei in Münster historische Biere und half mit dem Rezept.
Thomas Kraus-Weyermann ist Mitinhaber der Mälzerei Weyermann in Bayern, braut ebenfalls historische Biere, schreibt Bücher darüber und gab den Stadtlohnern Tipps.
Was Stadtlohn im Jahr 1623, die Schlacht, die beiden Heere und deren Bierversorgung angeht, erzählte Stadtarchivar Ulrich Söbbing der Braugruppe einiges. Vermutlich haben die Soldaten ihr Bier lokal erstanden oder erbeutet.
Die Kräuter konnten die örtlichen Wirte auch hier ernten.

In der modernen Küche
Einige Zugeständnisse an die Moderne machten die Brauer, vor allem bei der Hygiene, aber auch beim Brau-Ablauf. Die Gerste schroteten sie mit einer modernen Mühle, vermutlich gründlicher als 1623. Dann erwärmten sie die Maische, aber nicht präzise und stufenweise, wie heute, sondern nur aufsteigend bis 40 Grad Celsius. Sie trennten dann den Trester ab und setzten Hefe dazu.
Damals kannte man Hefezusätze nicht. Hefe-Sporen gelangten wohl spontan in die Braufässer, aus Bäckereien und der Umgebung. Die Stadtlohner brauten in der sterilen Großküche des Saalbetriebs „Zum Breul“, die Boos‘ Frau Mechthild Döbbelt und ihre Familie betreiben.
Noch heute gibt es die Wacholderheiden und zumindest im Zwillbrocker Venn finden sich Gagelstrauch-Bestände. Reinhard Pieper, einer der Brauer, hat Gagel aber auch im Garten. „Man kann nicht nur die Blüten, sondern auch die Blätter nutzen“, sagt er.
Die Menge der Kräuter testete die Braugruppe über Probesude. Sie sind immer noch überrascht, wie viel würziger Geschmack entstand, als sie zuletzt nur etwas mehr als ein Dutzend Gramm Gagel, Wacholder und Lorbeer 5 Minuten in 100 Liter gärendes Bier gaben.

Deshalb gaben sie eine norwegische Hefe dazu, die den Geschmack möglichst wenig verändert. Mehrere Tage vergoren sie die Flüssigkeit in einem Wärmeschrank bei 33 Grad Celsius. Im August 1623 hätten das die Außentemperaturen sein können.
Danach lagerten sie das Bier gut vier Wochen. Damals hätten die Stadtlohner und die Heeresknechte das Bier vermutlich bald nach dem Brauen getrunken.
Das Bier „1623“ ist ein würziges, etwas säuerliches Bier mit 5,0 Prozent Alkohol. Die Kräuter machen es spannend. Die Braugruppe 1623 ist offen für weitere Hobby-Brauer und plant bereits weitere Projekte. Kontakt über: Stadtlohn 1623 Instagram (www.instagram.com/stadtlohn1623/).
