
Geschichtsstunde mit dem Megafon: Von der historischen Eisenbahnbrücke hinab hat Heinz Garwer am Sonntag fast 800 Besucher in vier Führungen über die Geschichte der Nordbahn und des Brückendenkmals informiert. © Thomas Willemsen
Riesenandrang auf der Denkmalbrücke: Viele Stadtlohner hoffen auf Radweg
Alte Eisenbahnbrücke
Alle Erwartungen übertroffen: Fast 800 Stadtlohner haben am Sonntag die historische Eisenbahnbrücke erkundet. Und alle träumten von einem Radweg über das Denkmal nach Almsick. Gibt es Hoffnung?
Heinz Garwer traute am Sonntag seinen Augen nicht. „Schon beim ersten Besichtigungstermin warteten 320 Leute auf ihn. „Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet!“, sagt der Chef des WLE-Eisenbahnmuseums.

Viele Besucher posierten auf der sonst verschlossenen Denkmalbrücke für ein Erinnerungsfoto mit Seltenheitswert. © Thomas Willemsen
Am Ende des Tages waren es fast 800 Stadtlohnerinnen und Stadtlohner, die sich die einmalige Gelegenheit nicht entgehen lassen wollten: eine fachkundige Führung auf die historische Eisenbahnbrücke in Almsick mit Ausblick auf das idyllische Tal der Oberberkel.
„Amtshilfe“ von der Feuerwehr
Anlass für die vier Führungen auf das sonst verschlossene Terrain war das Berkelfestival. Möglich gemacht haben es die Familie Hecking als Eigentümerin des Areals und Heinz Garwer. Der musste sich am Sonntag angesichts des unerwarteten Andrangs erst einmal „Amtshilfe“ bei der Feuerwehr holen: Sie stellte ihm ein Megafon zur Verfügung. So konnte Heinz Garwer die Geschichte der 120 Jahre alten Brücke und viele Anekdoten erzählen.
Die wussten auch die älteren Besucher zu erzählen: Von Badetagen an der Berkel und von wagemutigen Sprüngen von der Brücke in einen Bombentrichter. „Das geht natürlich heute nicht mehr. Die Vertiefung ist nicht mehr da. Jetzt würde man sich den Hals brechen“, warnt Heinz Garwer.

Die „versteckte“ Stadtlohner Eisenbahnbrücke: Die Drohnenaufnahme zeigt die historische Brücke aus der Vogelperspektive. Die Radfahrer sind vom Fotografen Thomas Willemsen einmontiert worden. Die Brücke ist im Normalfall gesperrt. © Thomas Willemsen
Am Sonntag stand auch nicht der Wunsch nach einem Badevergnügen im Mittelpunkt. „Jeder, der am Sonntag da war, träumt von einem Radweg über die Berkel nach Almsick. Das wäre ja auch eine wunderschöne Strecke“, sagt Heinz Garwer.
Stadt wähnte sich bei der Sanierung 1987 schon als Eigentümerin
Wie ist denn nun der Stand der Dinge? Als die denkmalgeschützte Brücke nach Stilllegung der Strecke 1987 aufwendig saniert wurde, wähnte sich die Stadt noch als Eigentümerin. Finanziert wurde die Sanierung aus Mitteln der Stadt und des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe. Schon vor 35 Jahren bestand die Absicht, einen Radweg über die Brücke zu führen.
Dann aber, so Heinz Garwer, habe sich herausgestellt, dass nach Stilllegung der Strecke die Eigentumsrechte an den vorherigen Eigentümer der Fläche übergingen oder an dessen Rechtsnachfolger. Und das war die Spinnerei und Weberei Hecking Söhne.

Die 120 Jahre alte Berkelbrücke war am Sonntag ein Top-Ausflugsziel. © Thomas Willemsen
Hat die Stadt das Radwegeprojekt damit abgeschrieben? „Nein, das Ziel besteht weiterhin“, sagt Günter Wewers, Pressesprecher der Stadt Stadtlohn. „Wir haben in der Vergangenheit schon öfter mit der Familie Hecking über das Thema gesprochen. Aber die Grundstücksverhandlungen konnten noch nicht abgeschlossen werden.“
Werner Hecking kann den Radwege-Wunsch der Stadtlohner gut verstehen. „Ja, das wäre eine schöne Möglichkeit, die Berkel zu überqueren.“ Die Familie Hecking wolle sich in dieser Frage auch nicht querstellen und ein „Verhinderer“ sein. „Aber eine Verbindung vom Breul aus über unser Firmengelände ist nicht machbar. Das ist eine Industriefläche. Ein Radweg an dieser Stelle ist mit den betrieblichen Belangen nicht vereinbar.“
Radwegeanbindung von der Tillystraße aus wäre möglich.
Aber es gäbe ja theoretisch noch andere Möglichkeiten der Radwegeführung zur Denkmalbrücke, zum Beispiel ab der Tillystraße, über das Firmengelände. Werner Hecking will das nicht ausschließen: „Wir sind weiter mit der Stadt Stadtlohn im Gespräch.“ Kurzfristig sei aber wohl keine Entscheidung zu erwarten.
54.000 Quadratmeter umfasst das Hecking-Gelände, das von der Tilly- und Sprakelstraße sowie von Breul und Berkel umschlossen wird. Das Unternehmen nutzt davon nur 20.000 Quadratmeter.
Zur Erinnerung: 2017 bot das Unternehmen Hecking Söhne der Stadt an, rund 25.000 Quadratmeter für neue Zwecke öffnen: für Wohnungs- und Kindergartenbau und für die Ansiedlung eines Discounters und eines Fachmarktes für Unterhaltungselektronik. Damals aber fand diese Idee im Rat keine Mehrheit. Die historische Eisenbahnbrücke über die Berkel, so hieß es vor fünf Jahren in der Konzept-Idee, könnte im Zuge der Umstrukturierung als neue Fahrradverbindung nach Almsick freigegeben werden.