Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in Stadtlohn „Da rollt eine Lawine auf uns zu“

Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung: „Da rollt eine Lawine auf uns zu“
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„Wir steuern mit Angst und Schrecken auf das Jahr 2026 zu“, sagt Stadtlohns Schulamtsleiter Klaus-Dieter Weßing. „Wir haben das Gefühl, da rollte eine Lawine auf uns zu“, sagt der Erste Beigeordnete Günter Wewers. Die Ganztagsbetreuung in den Stadtlohner Grundschulen bereitet den beiden großes Kopfzerbrechen.

Genauer gesagt das Ganztagsförderungsgesetz. Darin ist der Anspruch auf ganztägige Betreuung rechtlich verankert: Ab August 2026 sollen zunächst alle Erstklässler einen Anspruch auf einen OGS-Platz haben. Der Anspruch soll in den Folgejahren um je eine Klassenstufe ausgeweitet werden, damit ab August 2029 jedes Grundschulkind einen Anspruch auf ganztägige Betreuung hat.

Viele offene Fragen

Der Rechtsanspruch soll jungen Familien die Chance geben, am Erwerbsleben teilzuhaben und gleichzeitig ihre Kinder nach dem eigentlichen Schulunterricht gut betreut zu wissen.

Das Ziel ist unumstritten. Die Verantwortlichen im Stadtlohner Rathaus aber fühlen sich auf dem Weg dorthin alleingelassen. „Die Herausforderung für die Stadt ist riesengroß“, sagt Klaus-Dieter Weßing. „Unser Land lässt uns im Stich“, sagt Günter Wewers.

In der jüngsten Sitzung des Schul- und Bildungsausschusses schilderten sie ihre Sorgen. Es fehlten die konkreten Ausführungsbestimmungen von Seiten des Landes. Wie sieht es mit einer Kantine oder Mensa aus? Was ist mit den Raumkonzepten? Und wer bezahlt das alles?

Betreuung immer beliebter

Dabei zeigen die Betreuungszahlen in Stadtlohn eigentlich eine Erfolgsgeschichte. Die Nutzungszahlen steigen, seit einigen Jahren sogar sprunghaft. 205 Kinder werden in den Offenen Ganztagsschulen (OGS) betreut, 182 in der Verlässlichen Halbtagsschule (VHTS) und 23 in der Frühbetreuung – Tendenz weiter steigend. Mehr als jedes dritte Stadtlohner Grundschulkind nutzt bereits eines der Betreuungsangebote.

Aber der Ausbau ist auch teuer. An den Stadtlohner Grundschulen sind bereits etliche Container aufgestellt worden. Jetzt schon trägt die Stadt schwer an den Kosten. Innerhalb von nur fünf Jahren haben sich die Betreuungskosten in der OGS fast verdoppelt. Der Anteil, den die Stadt selbst stemmen muss, hat sich sogar fast vervierfacht.

Defizite wachsen

Rund 200.000 Euro muss die Stadt im laufenden Schuljahr für die OGS selber tragen. Dazu kommen 33.000 Euro für die VHTS, 10.000 Euro für die Frühbetreuung und 42.000 Euro für die Containermiete an den verschiedenen Standorten.

Eltern zahlen zurzeit einen monatlichen OGS-Beitrag von 60 Euro. Der Beitrag für Geschwisterkinder oder für BuT-Leistungsempfänger liegt bei 30 Euro. Der Monatsbeitrag für die VHTS beträgt 30, für die Frühbetreuung 20 Euro.

In der OGS decken die Elternbeiträge zurzeit rund 40 Prozent der Kosten (nach Abzug der Landesförderung) ab. 60 Prozent trägt die Stadt. Noch vor zwei Jahren war es umgekehrt.

Höhere Elternbeiträge?

„Die Defizite sind schon gravierend. Wir müssen vielleicht auch an der Beitragsschraube drehen“, sagt Günter Wewers. Er hatte bereits im vergangenen Jahr eine deutlichere Anhebung der Elternbeiträge für notwendig erachtet. Dafür gab es aber im Rat bislang keine politische Mehrheit.

Der Schul- und Bildungsausschuss will sich nun weitere Schritte überlegen. Zunächst soll die Stadt die Betreuungskosten pro Kind mit den Nachbargemeinden vergleichen, um festzustellen, ob die Kosten in Stadtlohn möglicherweise zu hoch sind.

Günter Wewers zeigte noch einen anderen Weg auf, künftig Kosten einzusparen. „Nicht immer muss für die OGS ein neuer Anbau geschaffen werden. Flexible Raumnutzungen müssen auch innerhalb der bestehenden Schulgebäude möglich sein. Dafür ist auch in den Lehrerkollegien ein Umdenken nötig.“