Die Esperesters sind eine Bilderbuchfamilie. Sie arbeiten mit Hochdruck an einem gezeichneten Wichtel-Abenteuer im alten Stadtlohn. Unterstützt werden sie von einem Plattdeutsch-Experten.

Stadtlohn

, 29.08.2018, 18:50 Uhr / Lesedauer: 2 min

Auf dem Küchentisch der Esperesters herrscht ein munteres Durcheinander: Eine Krähe flattert, ein Schwein grunzt und ein Wichtel besteht ein Abenteuer – aber alles natürlich nur auf dem Papier. Und in Schwarz-Weiß. Die Geschichte steht, aber die Zeichnungen müssen noch koloriert werden. Im Frühjahr 2019 soll das Buch erscheinen: 64-seitig, reich bebildert und zweisprachig in Hochdeutsch und in Plattdeutsch. Gespräche mit Verlagen laufen. Der Titel steht schon auf einem handgebundenen Ansichtsexemplar: „Hoeder Eekboom – Der Hüter der Zwillingseiche“. Das Buch entführt den Leser in eine Fantasiewelt – und 100 Jahre zurück in Stadtlohns Vergangenheit.

Über 100 Jahre alt ist auch das Haus der Esperesters an der Vredener Straße. Im ehemaligen Schweinestall hat Uwe Esperester heute sein Atelier. Seit 20 Jahren fühlt sich die Künstlerfamilie richtig wohl in ihrer Wahlheimat Stadtlohn. Die Geschichte ihres Hauses und der Menschen, die in ihm lebten, hat Ulrike Esperester 2016 zur Geschichte von Hoeder Eekboom inspiriert. Aber das war nur eine Wurzel. „Ich dachte, es wäre schön, die Talente in unserer Familie in einem Buch zusammenzuführen: die ihres Mannes, der Diplom-Designer ist, und ihres Sohnes Jonathan, der Illustration in Hamburg studiert. Und ihre eigenen als leidenschaftliche Bücherfreundin.

Wichtel verliert Zuhause

Die märchenhafte Erzählung, die Ulrike und Uwe Esperester gemeinsam entwickelten, nimmt ihren Anfang, als die mächtige Eiche auf dem Grundstück, das 100 Jahre später den Esperesters gehören wird, der Axt zum Opfer fällt. Hoeder Eekboom verliert sein Zuhause und macht sich auf die Suche nach einem neuen Heim. Dabei kann er auf die Hilfe der kleinen Marie bauen ...

Mehr wollen die Esperesters noch nicht verraten. Aber sie zeigen die Bilder, die Jonathan gezeichnet hat. Und die laden ein zu einem Spaziergang durch das Stadtlohn des 19. Jahrhunderts. Sie zeigen das Leben und Arbeiten in einer beschaulichen, münsterländischen Kleinstadt. Vorbild für die Kneipe war die alte Gaststätte Claushues. Eine Töpfereiszene spielt unverkennbar beim Töpfer Erning. Die Berkelmühle, die Ziegelei, die Hilgenbergkapelle – nach alten Postkarten erweckt Jonathan Esperester historische Schauplätze in seinen Bildern zu neuem Leben.

Kreativsitzung am Küchentisch (von links): Uwe, Ulrike und Jonathan Esperester sowie Lars Gietmann.

Kreativsitzung am Küchentisch (von links): Uwe, Ulrike und Jonathan Esperester sowie Lars Gietmann. © Stefan Grothues

Die Töpfereiszene zeigt der 25-jährige Student jetzt seinen Eltern in sechs verschiedenen Farbausführungen. Schnell sind sich die Drei einig: Es soll nicht bunt werden, aber auch nicht schwarz-weiß. Die Esperesters entscheiden sich für gedeckte Farben, die an einen alten, kolorierten Holzschnitt erinnern.

„Die Bilder sollen Ruhe ausstrahlen“, sagt Jonathan Esperester. Und sie sollen Kinder wie Erwachsene ansprechen. Sein Vater fügt hinzu: „Eigentlich ist es ja auch kein Bilderbuch, sondern eher eine Graphic Novel.“ Ein illustrierter Roman also. „Es wird ein Buch für die ganze Familie. Kinder und Eltern können es gemeinsam lesen“, sagt Ulrike Esperester.

Faszination Plattdeutsch

Oder fast noch besser: Opa oder Oma lesen es vor und lassen die Kinder hören, wie vor 100 Jahren in Stadtlohn gesprochen wurde. Das Plattdeutsche ist nicht die Sprache der Esperesters als „Togetrokkene“ aus dem Ruhrgebiet. Aber sie begeistert sie. „Das ist eine Sprache des Herzens, voller Wärme und Seele“, sagt Uwe Esperester. Schnell war für die drei Büchermacher klar: Die Geschichte soll nicht nur auf Hochdeutsch, sondern parallel auch auf Plattdeutsch erzählt werden. Ein Übersetzer war schnell gefunden: Lars Gietmann, seit Kindertagen ein Freund von Jonathan Esperester, hat sich im Studium intensiv mit dem Stadtlohner Platt befasst. Nun übersetzt er Hoeders Abenteuer. Und weil der 25-Jährige selbst von Haus aus kein Plattdeutsch-Sprecher ist, gibt es noch einen Rückhalt: „Mein Opa muss alles zur Kontrolle lesen.“

Machen die anderen beiden Esperester-Kinder beim Familienprojekt nicht mit? Ulrike Esperester lacht und sagt augenzwinkernd: „Unsere Tochter Johanna war ja Vorbild für die Hauptfigur Marie. Und unser Sohn Bernhard ist als Digital Film Designer im Filmgeschäft. Wer weiß, wohin uns das noch führen wird.“

  • Ulrike Esperester (55) ist gebürtige Dortmunderin. Die gelernte Kauffrau hat vor zwölf Jahren die Seiten gewechselt: von der Stammkundin in der Buchhandlung zur Mitarbeiterin.
  • Uwe Esperester (55), gebürtig ebenfalls aus Dortmund, ist Diplom-Designer. Heute arbeitet er als freischaffender Künstler und selbstständiger Designer in Stadtlohn.
  • Jonathan Esperester (25) studiert Illustration an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg. Seit 2008 hat er bereits einige Werke im Münsterland und Ruhrgebiet ausgestellt.
  • Lars Gietmann (25) studiert in Münster Niederlandistik und Geschichte. Für seine Bachelorarbeit hat er im vergangenen Jahr den aktuellen Gebrauch der plattdeutschen Sprache in seiner Heimatstadt Stadtlohn erforscht und dazu viele Interviews mit Plattsprechern in Stadtlohn geführt.