Als sich der Verteidiger einließ, da deutete vieles auf eine rasche Verhandlung hin. Sein Mandant räume die Taten im Wesentlichen ein, er wisse, dass er seiner Partnerin wehgetan habe und müsse dazu stehen. Dass es im Anschluss im Amtsgericht dennoch eine zähe Geschichte über vier Stunden wurde, lag vor allem daran, dass sich der angeklagte Stadtlohner doch nur teileinsichtig zeigte.
Mehrfach soll der 37-Jährige gegenüber seiner Partnerin übergriffig geworden sein. Diese erklärte gleich zu Beginn ihrer Aussage, dass sie eigentlich gar nicht wolle, dass ihr Partner bestraft werde. Das wurde er am Ende dennoch. Empfindlich.
Gleich vier Mal seit Mai 2023 soll es in der Wohnung der beiden Stadtlohner zu zunächst verbalen Auseinandersetzungen und später zu (gegenseitigen) Handgreiflichkeiten gekommen sein. Vorweg: Da sich die Anzeigenstellerin an den ersten Vorfall kaum mehr erinnern konnte, wurde dieses Verfahren eingestellt. Blieben drei.
Laut Anklageschrift sollen diese Übergriffe im November und Dezember 2023 sowie Februar 2024 stattgefunden haben. Sämtlich unter erheblichem Alkoholeinfluss beim 37-jährigen. „Ein Problem habe ich damit aber nicht“, betonte er.
Viele Widersprüche in der Aussage
Jeder der Vorfälle sei nach dem gleichen Muster abgelaufen: Er sei betrunken gewesen, sie habe ihn beleidigt. „Dann ist das eskaliert“, so der Stadtlohner. Er verneinte aber vehement, dass er die ihm vorgeworfenen Schläge und Tritte ausgeführt habe. „Geschubst“, vielleicht gestoßen habe er sie, dabei sei sie auch mal zu Boden oder gegen Gegenstände gefallen. Alles Weitere habe seine Partnerin erfunden: „So ist ihr Charakter.“
Mit jeder Minute glaube er den Aussagen des Angeklagten weniger, betonte der Richter. Er verwies auf die Aufnahmen, die die Polizei von den Verletzungen seiner Partnerin (Hämatome, Würgemale) und von ihm in einem Fall gemacht habe. „Woher sollen die sonst herrühren?“, fragte der Richter. In zwei Fällen hätten gar Arbeitskollegen die Polizei informiert. Ebenso habe die Partnerin gar keine Belastungstendenzen. „Warum sollte sie lügen?“
Das zeigte sich gleich zu Beginn der Aussage der Zeugin. „Wir sind zusammen.“ Die Stadtlohnerin ließ sofort keine Zweifel aufkommen, dass sie zu der Beziehung stehe. Deshalb mache man auch eine Familientherapie seit Januar. Warum sie denn die vier Strafanträge unterschrieben habe, fragte der Richter. Sie sei des Deutschen noch nicht ganz so gut mächtig, erklärte sie. Womöglich sei sie so auch falsch verstanden worden. Gleichsam habe sie selbst ein wenig Schuld an den Situationen gehabt, weil sie so aufbrausend sei.
Doch je mehr sie der Richter mit ihren Aussagen bei der Polizei konfrontierte, desto mehr zeichnete sich das Bild von diesen Tagen vor ihren Augen. „Das stimmt, wenn ich das so gesagt habe“, hieß es immer wieder. Es habe also auch Schläge und Tritte gegeben.
Für die Vertreterin der Staatsanwaltschaft hatten sich letztlich alle drei Vorwürfe laut Anklageschrift bestätigt – auch wenn der Angeklagte im Wesentlichen alles bestritten habe, was zuvor eingelassen worden war. Die Geschädigte habe sich zunächst schwergetan, dann doch alle drei Sachverhalte bestätigt. „Glaubhaft, ohne Belastungstendenzen. Sie hat doch sogar Schuld auf sich genommen, die Verletzungen verharmlost“, erkannte die Anklagevertreterin.
Sie betonte auch, dass der Staat ein großes Interesse habe, dass so etwas „nicht geduldet“ werde, auch wenn die Geschädigte eigentlich keine Strafe wolle. Die Körperverletzungen hätten stattgefunden, sieben Monate Freiheitsstrafe seien angemessen. Da der Stadtlohner unter anderem erstmalig in Erscheinung getreten sei, könne diese noch zur Bewährung ausgesetzt werden. Dabei sei sich der Angeklagte kaum des Ernstes der Lage bewusst gewesen: „Sie haben sogar mal gegrinst.“ Der Zeugin riet sie, nicht die Schuld auf sich zu nehmen: „Das rechtfertigt keine Gewalt.“
Der Verteidiger verwies noch einmal auf eine schwierige Beziehung. Bei seinem Mandanten sei eine Alkoholproblematik offensichtlich. Es habe „Schubsereien“ gegeben. Es gebe auch nichts zu beschönigen. Die Geschädigte habe aber auch ihren Anteil am Streit gehabt. Eine Bewährungsstrafe sei in Anbetracht dessen, dass der letzte Vorfall schon während der Therapie passiert sei, wenig zielführend. Eine Geldstrafe helfe mehr: 120 Tagessätze zu je 50 Euro.
Prototyp einer glaubhaften Aussage
Dass letzteres eben ein Argument für eine Bewährungsstrafe sei, das hielt der Richter entgegen. Er folgte somit dem Antrag der Staatsanwaltschaft: sieben Monate Freiheitsentzug für vorsätzliche Körperverletzung in drei Fällen. „Sie haben alle Taten im Grundsatz eingeräumt, im Wesentlichen aber wiederum nicht“, meinte er in Richtung des Angeklagten. Dieser habe alles „abgeschwächt“ – das stimme so nicht.
Es stehe natürlich Aussage gegen Aussage. Aber: „Selten hatte ich so wenig Zweifel, welche der beiden die glaubwürdigere ist.“ Die Aussage der Geschädigten sei am Ende gar der „Prototyp einer glaubhaften Aussage“ gewesen.
Die Bewährungsstrafe sei nun der Warnschuss, die „zweite Chance“, die seine Partnerin eingefordert habe. Neben 80 Sozialstunden legte der Richter dem Stadtlohner noch je zehn Stunden Alkohol- und Anti-Gewaltberatung auf. „Trinken Sie nicht mehr so viel. Sie wissen, was dann passiert“, ermahnte der Richter den 37-Jährigen. Dass der Stadtlohner ankündigte, dass er „sein Leben ändern“ muss, wertete der Richter als „kleinen Anflug von Einsicht“.