„Der Container ist angekommen, da bin ich schon mal beruhigt.“ Hermann Liemann lacht, nippt gelassen am Espresso. Aus gutem Grund: Der Inhalt des Containers ist ein durchaus wertvoller. Er hat 45 großformatige Bilder auf die Malediven gebracht. 60 mal 80 Zentimeter groß. Sämtlich rund 40 Jahre alt. Auf der Insel Madivaru werden diese bald ausgestellt – zur Eröffnung des Ananea Madivaru Maldives, einem Fünf-Sterne-Resort. Für Hermann und Margret Liemann eine besondere Ehre. Mehr noch: Sie werden bei der Eröffnung selbst vor Ort sein.

Seit einigen Wochen sind Hermann und Margret Liemann zurück von den Malediven, dem traditionellen „Winterstopp“. Über vier Jahrzehnte pflegen die beiden Stadtlohner eine besondere Beziehung dorthin. Besser noch: zur Insel Kuramathi. Schon nach ihrem ersten Besuch erhielten sie den Auftrag für eine Postkartenserie über die Malediven. Die ersten inselbezogenen Postkarten der Malediven überhaupt. Parallel entstanden viele Alltagsaufnahmen. Und gerade diese werden nun Inhalt dieser besonderen Ausstellung in einer Art- und Fotogallery.
Enorme Entwicklung in vier Jahrzehnten
Margret Liemann wirft den Blick zurück in die frühen 80er-Jahre, als die Liemanns soeben ihre Selbstständigkeit gestartet hatten. Und sich 1983 erstmals Richtung Malediven zum Krafttanken aufmachten. Sie fingen umgehend Feuer – und mit ihren Kameras nicht nur das Strandidyll unter Palmen, sondern eben auch das Leben und die Arbeit der Einheimischen ein. „Damals waren die Malediven unter den 14 ärmsten Ländern der Welt gelistet, heute zählt man dort über zwei Millionen Touristen jährlich“, zeichnet die Stadtlohnerin die enorme Entwicklung nach.

Hermann Liemann legt Aufnahmen aus den Anfängen und von heute nebeneinander. Von dörflichen Strukturen hin zu mächtigen Hochhäusern. Der Einfluss von unter anderem China sei unverkennbar, die Malediver selbst investierten mittlerweile kräftig. Hermann und Margret Liemann schlossen auf Kuramathi viele Freundschaften – unter anderem zu Ali Nordeen. Mit dessen Hilfe erhielten die Liemanns die Möglichkeit, früh auch die nichttouristischen Inseln zu besuchen. Erst seit 2009 dürfen Touristen auch auf den einheimischen Inseln übernachten.
Über den Manager entstand auch der Kontakt zur Insel Madivaru, rund 80 Kilometer von der Hauptstadt Malé entfernt. Ein Juwel im Nord Ari Atoll mit unberührten weißen Sandstränden und einer wunderschönen Lagune. Das Ananea Madivaru Maldives-Resort erstreckt sich über zwei private Inseln, die durch eine Überwasserbrücke verbunden sind.

Die Liemanns konnten sich auch dort einen frühen Eindruck verschaffen, um zu fotografieren. „Beim ersten Mal waren das vielleicht 200, 300 Quadratmeter. Bei Ebbe waren links und rechts Sandbänke zu sehen“, erinnert sich Hermann Liemann. Nach und nach wurde die Insel aufgeschüttet und bietet heute Raum für an die 110 Bungalows.
Irgendwann seien die Nordeens, die die Anlage betreiben, darauf gekommen, dass die Liemanns „noch so viele tolle alte Bilder von den Malediven“ im Besitz hätten. „Der Junior meinte, ich solle ihm mal die Daten schicken“, berichtet Hermann Liemann und lacht. Aus gutem Grund: Die Digitalfotografie war seinerzeit noch Zukunftsmusik. Also galt es, die Filme einzuscannen und zu drucken. Und jeweils mit einem abgestimmten Passepartout zu versehen.

„So zwei, zweieinhalb Stunden pro Bild“, meint der Fotograf. Alles schon unter einem gewissen „Zeitdruck“. „Der hätte sich auch mal früher melden können“, schmunzelt der Stadtlohner. Die „Arbeit“ habe sehr viel Spaß gemacht, nicht zuletzt dank vieler toller Erinnerungen an viele liebe Menschen. Alles wurde zudem festgehalten in einem Ausstellungsbuch. 45 Motive gingen nun per Container auf die rund 8000 Kilometer lange Reise, um dann in einer Galerie – übrigens ein original indisches Bauernhaus – ausgestellt zu werden.
Negative haben „überlebt“
Doch was macht diese Ausstellung so einmalig im wörtlichsten Sinn? „Hätten wir die Negative seinerzeit nicht mit nach Hause genommen, es gäbe schlichtweg keine Aufnahmen mehr“, erklärt Hermann Liemann. Eine Luftfeuchtigkeit von 70 bis 80 Prozent, extreme Sonne, alles ohne Klimaanlage – „das überlebt kein Farbfilm“. Womöglich hätten sich die Nordeens zu diesem besonderen Anlass an einen ganz bestimmten Satz zurückerinnert: „Meldet euch, so lange wir noch da sind.“

Hermann und Margret Liemann ist die Vorfreude auf die schnelle Rückkehr auf die Malediven anzumerken. Mit einem Wasserflugzeug geht es weiter auf die Insel Madivaru, um zunächst die Ausstellung für die für Ende Mai/Anfang Juni geplante Eröffnung vorzubereiten. Und ja, ein wenig stolz seien sie schon. Vielleicht ein wenig so stolz wie die Malediver auf das, was sie in so kurzer Zeit erreicht hätten.
So richtig wüssten sie noch gar nicht, was sie erwartet. Wer so alles bei der Feier zugegen sein wird, was sie dazu beitragen können. Muss improvisiert werden? Ein „Abenteuer“, meint Hermann Liemann. Was sie aber sicher wüssten, ist, dass sie den zweiten Teil ihrer Reise wieder dort verbringen werden, wo sie sich heimisch fühlen: auf Kuramathi. Ganze 20 Minuten mit dem Boot entfernt. „Dort gehören wir hin, das ist unsere Welt“, betont Hermann Liemann. Die Ausstellung sei genau so ein Beleg dafür, wie die Wenningfelder ihre Passion charakterisieren: „Fotos sind heute interessant, morgen ein Schatz!“
