Zwei Jahre nach Stammzellentherapie „Ich kann wieder anders am Leben teilhaben“

Zwei Jahre nach Stammzellentherapie: „Ganz anders am Leben teilhaben“
Lesezeit

Eine unheilbare Krankheit stellt das Leben von Lena Meiering auf den Kopf. Bis Mitte 30 lebt sie ein ganz normales Leben mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern. Bis plötzlich etwas nicht mehr stimmt. 2021 beginnt sie beim Gehen zu stolpern.

Monate später – ausgerechnet an ihrem Geburtstag – die niederschmetternde Diagnose: Sie leidet an primär progredienter Multiple Sklerose (PPMS). Eine seltene, aggressive Form der MS, die das zentrale Nervensystem angreift. Stück für Stück raubt die Krankheit die Kontrolle über den eigenen Körper. Unheilbar.

Für die Stadtlohnerin bricht eine Welt zusammen. Für ihre Familie, für ihre beiden Kinder, will sie stark bleiben. Aufgeben? Das sei für sie nie infrage gekommen. Nach dem ersten Schock erwacht in ihr der Kampfgeist. „Okay“, sagt sie. „Jetzt muss ich schauen, wie ich aus der Scheiße wieder herauskomme.“

Doch die Krankheit macht es ihr nicht leicht. Von Tag zu Tag verschlechtert sich ihr Zustand. Bis zum Kindergarten sind es nur 250 Meter, doch bald schafft sie die Strecke nicht mehr zu Fuß. Bei einer kurzen Runde um den Block ist sie auf ihren Mann als Stütze angewiesen. „Ich war schockiert, in welchem Zustand ich war.“

Lena Meiering in Mexiko bei der Stammzellentherapie.
Rückblick: Vor zwei Jahren in Mexiko musste sich die damals 37-Jährige an vier Tagen einer Chemotherapie unterziehen. © Privat

Zusehen, wie schnell es bergab ging, habe ihr mental zugesetzt. Vor allem für ihre Kinder habe es ihr leidgetan. Spazieren oder kurz zum Spielplatz laufen – das ging nicht mehr.

Die Angst, im Rollstuhl zu enden, wächst mit jedem Tag. Als sie andere Betroffene trifft – alle bereits im Rollstuhl – wird ihr klar: So weit darf es nicht kommen. Für sie ist klar: „Wenn ich jetzt nichts mache, sitze ich auch bald im Rollstuhl.“

Ihr Entschluss steht fest: Sie will kämpfen. Ihr Hoffnungsschimmer: eine autologe Stammzellentherapie (aHSCT) in Mexiko. Die Krankenkasse zahlt jedoch nicht. Deshalb startet Lena Meiering einen Spendenaufruf — mit unglaublichem Erfolg: 100.000 Euro kommen in nur zwei Tagen zusammen.

Also packt sie ihre Koffer und fliegt schon im März 2023 alleine nach Mexiko. Angst hatte sie keine, erzählt sie. „Ich habe mich sogar auf die Chemotherapie gefreut.“ So absurd es vielleicht klingen mag, für Lena Meiering war die Therapie einfach ein Strohhalm, an den sie sich klammern konnte. „Ich hatte das Gefühl, ich kann etwas tun.“

Familie Meiering im Urlaub
Eine Leidenschaft der ganzen Familie Meiering ist das Reisen. Kreuzfahrten seien die optimale Lösung für die Familie. © Privat

Und es hat sich gelohnt: Die Stammzellentherapie schlägt an. Die Krankheit konnte gestoppt werden. Besser noch: Ihre Mobilität kam sogar zurück.

Wie geht es ihr zwei Jahre nach der Behandlung? „Ich kann wieder ganz anders am Leben teilhaben. Der Weg zum Kindergarten ist ein Klacks“, berichtet sie stolz. Einen Kilometer schafft sie wieder am Stück – und das ohne viel zu stolpern. Täglich seien zwei bis drei Kilometer drin.

„Ich kann zwar keinen Marathon laufen, aber das wollte ich eh nie.“ Wie sie läuft, hängt stark von der Tagesform ab. „Manchmal laufe ich, als wäre nie etwas gewesen, manchmal fühle ich mich wie Frau Hinkebein“, beschreibt sie.

Die Krankheit stellt nicht nur Lena Meierings Leben auf den Kopf, sondern das ihrer ganzen Familie. Ihr Mann ist die ganze Zeit über eine starke Stütze für sie, sagt die Stadtlohnerin.

„Ich kann damit gut leben“

Ihre inzwischen achtjährige Tochter stellt häufig die gleiche Frage: „Mama wäre es dir lieber, wenn du kein PPMS hättest?“ Ihr 5-jähriger Sohn dagegen ist begeistert von dem elektrischen Rollstuhl seiner Mutter. „Er fragt mich fast täglich, ob er damit fahren kann.“

Bis auf Probleme beim Laufen habe sie kaum Einschränkungen. „Damit kann ich gut leben.“ Den Rollstuhl nutzt sie nur, wenn es sein muss. „Da bin ich oft zu stolz für.“ Ihr Kurzzeitgedächtnis lasse zwar nach, aber: „Alles Wichtige schreibe ich auf.“

Die gelernte Reisekauffrau arbeitet wieder auf Minijobbasis für ein Reisebüro – von zu Hause aus. Auch privat ist Reisen eine Leidenschaft, erzählt die Stadtlohnerin.

Im Sommer steht bereits die dritte Kreuzfahrt an, es geht ans Mittelmeer. „Man reist natürlich anders und eingeschränkter als zuvor.“ Aber Kreuzfahrten seien für die Familie optimal, um möglichst viel zu sehen.

Lena Meierung auf dem Fitnessgerät von SiWAVE
Auf dem Fitnessgerät von SiWAVE steht Lena Meiering mehrmals täglich. Das Gerät arbeitet mit Schwingungen. © Melina Arntzen

Lena Meiering will weiter Fortschritte machen. Ihre nächste Herausforderung: Fahrradfahren — auf einem Zweirad. „Das wird diesen Sommer definitiv gemacht.“ Die Stadtlohnerin schwört zudem auf das Fitnessgerät SiWAVE. Seit Dezember nutzt sie es mehrmals täglich. „Wenn ich herunter komme, habe ich das Gefühl ich könnte fliegen.“ Das Gehen habe sich seit der Nutzung spürbar verbessert.

Zudem hat die Stadtlohnerin es sich zum Ziel gemacht, anderen Betroffenen zu helfen. Zusammen mit zwei weiteren PPMS-Betroffenen hat Lena Meiering einen Verein gegründet: Gemeinsam gegen PPMS (www.gemeinsamgegenppms.de).

Sie klären über Therapien auf und helfen bei Spendenaufrufen. „Wir haben schon mindestens 40 Patienten zur Stammzellentherapie verholfen“, sagt die 39-Jährige voller Stolz. „Das gibt mir sehr viel.“