
© Christin Lesker
Kleine Loks sorgen im Stadtlohner Eisenbahnmuseum für große Augen
Eisenbahnmuseum
Gut erzählte Geschichten und mit viel Liebe restaurierte Relikte nehmen Besucher im Stadtlohner Eisenbahnmuseum mit auf eine Zeitreise durch einen bewegten Teil westfälischer Geschichte.
Erst beginnen die Räder langsam zu rollen, wenig später tuckert die Lokomotive mit ordentlich Dampf über die Schienen davon. Was bis 1984 ein alltägliches Bild am Stadtlohner Bahnhof war, lässt sich heute nur noch auf der Modelleisenbahn bestaunen. Die Atmosphäre des alten Bahnhofs aber lebt im Stadtlohner Eisenbahnmuseum durch das Herzblut der Eisenbahnfreunde und die packenden Geschichten bis heute weiter.
Alles in der ehemaligen Güterabfertigung erinnert an den lebhaften Verkehr vergangener Zeit. Am 1. Oktober 1902 wurde die Nordbahn der Westfälischen Landeseisenbahn eröffnet. „Schon 1984 wurde hier dann alles wieder dicht gemacht“, erinnert sich Heinz Garwer vom Vorstand des Clubs, als er sich in der großen Halle umschaut.
Nordbahn-Geschichte von A-Z
Uniformen von 1900, Schaffnermützen aus der ganzen Welt oder auch das Ticket mit der Nummer 0001, also die erste Fahrkarte von Ahaus nach Vreden, finden sich in den Vitrinen. „Damit nichts auf der Müllkippe landet, haben wir schon gesammelt, als die Bahn noch in Betrieb war“, erklärt Heinz Garwer, der damals am liebsten selbst Lokführer geworden wäre und später die Idee zum Museum hatte.
Jahre später kamen die Sachen aus verschiedensten Kellern zurück zum Bahnhof, um ihren Platz im Museum einzunehmen. Jedes sorgfältig restaurierte Teil ist Zeugnis für die Hingabe der Eisenbahnfreunde. Ein Blickfang, besonders für Kinder findet sich direkt am Eingang. Dort fährt die große Modelleisenbahn.
Sebastian Franken und sein Vater Dirk stehen begeistert vor der großen Modelleisenbahn. „Sehr schön“, flüstert Sebastian fasziniert, als er sich die Loks ansieht. Dirk Franken baut selber Modelleisenbahnen, und freut sich über die Begeisterung seines Sohnes. Aber die große Bahn im Eingang ist lange nicht alles, was das Museum zu bieten hat.
Der langsamste Schnellzug der Welt
Umgeben von schroffen Felsen und auf Brücken in schwindelerregenden Höhen, windet sich der Zug einen steilen Berg in den Schweizer Alpen hoch. Seit über sieben Jahren arbeiten zwei Stadtlohner Modellbahner jeden Winter an diesem Dauerprojekt, den Glacier Express nachzubauen, „den langsamsten Schnellzug der Welt“. „Wenn‘s fertig wäre, wäre es ja langweilig“, meint Heinz Garwer und lacht.
Das Modell mit der kleinsten Spurgröße N und somit im Maßstab 1:160 füllt fast den gesamten Modellbahnraum und fasziniert wegen seiner Größe mit unglaublicher Detailgetreue und liebevoll gestalteter Berglandschaft. „So etwas habe ich noch nicht gesehen“, gibt Besucher Dirk Franken zu. Besondere Attraktionen im 1:1 Maßstab warten draußen vor dem Museum.
Ein Koloss aus alter Zeit
„Es waren primitive Mittel, aber es hat funktioniert“, meint Heinz Garwer, als er in den alten Kohleschacht der Dampflok schaut. Mit ihren 400 PS hat sie damals bis zu 500 Tonnen bewegt. Heute hängt nur noch ein einziger Wagon an der großen Lok. Der ausgebaute Personenwagon ist in den letzten Jahren zum beliebten Schauplatz vieler Trauungen geworden.
„Für die Brautpaare ist das etwas Besonderes“, weiß Heinz Garwer. Viele hätten Gänsehaut, wenn sie im kleinen Kreis im restaurierten Wagon feiern und nostalgische Stimmung aufkommt. Wegen dieses Flairs kommen Paare aus Lüdenscheid, Köln und sogar München extra nach Stadtlohn.
Heute sind alle fünf ehemaligen Stadtlohner Bahnhöfe geschlossen. Dampfloktechnik ist überholt und das Gefühl mit dem Zug durch Stadtlohn zu fahren, lässt sich nur noch auf alten Videoaufnahmen im Museum nachempfinden. Trotzdem, die Faszination bleibt. Nicht nur bei den Eisenbahnfreunden, denn bei einem Besuch im Eisenbahnmuseum kann sich jeder mitreißen lassen und bei einer Führung mit guten Geschichten auf eine spannende Zeitreise begeben.