Klage gegen Hülsta-Kündigung Mitarbeiter gewinnt Prozess

Klage gegen Hülsta-Kündigung: Arbeitnehmer gewinnt in erster Instanz
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Ein Mitarbeiter hat gegen die Kündigung von Hülsta Klage eingereicht und den Prozess nun in erster Instanz am Arbeitsgericht Bocholt gewonnen. Konkret richtet sich die Klage gegen die Hülsta-Werke Hüls GmbH & Co. KG. Wird von Hülsta keine Berufung eingelegt, ist die Kündigung des Mitarbeiters unwirksam.

Der Mitarbeiter war einer von 229, die Ende 2022 ihren Job bei Hülsta verloren haben. Das Unternehmen hatte kurz vorher Eigeninsolvenz angemeldet. Am 10. August soll vor dem Amtsgericht Münster über den Insolvenzplan gesprochen und abgestimmt werden. Das Verfahren ist demnach noch nicht abgeschlossen.

171 der 229 Mitarbeitenden sind in eine Transfergesellschaft gewechselt, die Ende Juni ausgelaufen ist. Der klagende Mitarbeiter möchte selber nicht genannt werden, ist der Redaktion aber bekannt. Außerdem liegt der Redaktion das Urteil vor.

„Ich habe mich sehr gewundert, dass man sich auf Arbeitgeberseite so erstaunlich bedeckt gezeigt hat“, erklärt die Rechtsanwältin des Mitarbeiters, Andrea Bißlich im Gespräch mit der Redaktion.

Vor Gericht haben die Anwälte der Hülsta-Werke nicht offen gelegt, nach welchen Kriterien sie die Mitarbeitenden ausgesucht haben, die gekündigt werden sollten. Genau dieser Punkt war Bestandteil der Klage des Mitarbeiters. Er war, laut Urteil, davon überzeugt, dass die Sozialauswahl grob fehlerhaft gewesen ist.

blick auf hülsta geschäftsstelle
Hülsta hat in erster Instanz vor Gericht verloren. Die Kündigung des Mitarbeiters ist laut Urteil unwirksam, außer die Firma legt noch Berufung ein. © Nico Ebmeier

Vor Gericht weist der Arbeitgeber die Klagepunkte zurück. Die Firma befinde sich in „einer akuten finanziellen Krisensituation“, gibt die Firma vor Gericht an. Die Auswahl der Mitarbeitenden sei unter „Beachtung der gesetzlichen Kriterien des Kündigungsschutzgesetzes“ erfolgt. Dabei habe man kein Punktesystem verwendet, sondern individuell über die Mitarbeitenden gesprochen.

Kündigung unwirksam

Hülsta hat eine Namensliste vorgelegt, die die Auswahl der Mitarbeitenden jedoch nicht ausreichend erkläre, sagt die Rechtsanwältin Andrea Bißlich. Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, über die Gründe der Sozialauswahl Auskunft zu geben. Das hat Hülsta vor Gericht nicht getan. „Es ist davon auszugehen, dass die Sozialauswahl (grob) fehlerhaft war“, heißt es im Urteil.

„Das hat letztendlich zu dem schnellen und für meinen Mandanten positiven Ende des erstinstanzlichen Kündigungsschutzprozesses geführt“, wundert sich Rechtsanwältin Andrea Bißlich, denn mit dem schnellen Prozess habe sie zunächst nicht gerechnet.

Nach erster Instanz lautet das Urteil daher: Die Kündigung ist unwirksam und das Arbeitsverhältnis besteht weiterhin.

Hülsta hätte offenlegen müssen, welche Arbeitnehmer aus welchen Gründen gekündigt wurden. Dazu zählen das Alter, die Dauer der Betriebszugehörigkeit und Unterhaltsverpflichtungen.

Nun kann Hülsta allerdings noch in Berufung gehen. Bis Ende Juli hat Hülsta dafür Zeit. So lange ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.

Skepsis zu Transfergesellschaft

Im Telefonat mit der Rechtsanwältin des Mitarbeiters, ergab sich noch ein anderer Punkt, der sie stutzen ließ. Die Transfergesellschaft hat 171 Mitarbeitende aufgenommen und ihnen für sechs Monate 80 Prozent ihres Netto-Gehalts angeboten. Dafür verzichteten sie auf die Möglichkeit zu klagen, da sie offiziell nicht gekündigt wurden, sondern freiwillig gewechselt sind, erklärt Andrea Bißlich.

„Wirtschaftlich bietet der Wechsel in die Transfergesellschaft wenig Vorteile“, meint sie.

Bei einer Kündigung durch Hülsta hätten die Mitarbeitenden drei Monate lang noch volles Gehalt bekommen. Bei positivem Ergebnis der Klage würde das Arbeitsverhältnis darüber hinaus weiterhin bestehen.

So wie es jetzt im Fall des Mitarbeiters ist, der in erster Instanz den Prozess gewonnen hat. Diese Möglichkeit haben sich alle Mitarbeiter, die in die Transfergesellschaft gewechselt sind, entgehen lassen.

Hülsta äußerte sich bislang nicht zu dem Prozess. Das Unternehmen schreibt auf Anfrage der Redaktion, dass man derzeit keine detaillierte Stellungnahme abgeben oder auf Fragen antworten könne.

Nach Angaben von Andrea Bißlich laufen zurzeit noch weitere Klagen gegen Kündigungen von Hülsta.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 13. Juli 2023.

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