Ein Espresso braucht nur 30 Sekunden. Für die meisten anderen Kaffeesorten wird eine Brühzeit von vier bis sechs Minuten empfohlen. Ein Röstvorgang dauert 15 bis 20 Minuten. Ralf Strotmanns Traum von einer eigenen Kaffeerösterei hat sich auch nach mehr als sieben Jahren noch nicht erfüllt.
Im Schaufenster an der Eschstraße 19 prangt in großen Lettern: „Hier entsteht die Stadtlohner Kaffee-Röstmanufaktur – Eröffnung voraussichtlich ...“ Der Rest des Schriftzugs liegt längst drinnen auf einigen Mörtelsäcken: „Sommer 2022“. Diese Zielmarke ist längst gerissen. Nun gibt es gute Nachrichten, aber auch noch einige Fragezeichen. Ein Baustellenbesuch.
Die Schaufenster des Ladenlokals sind mit Tüchern verhängt. Nachdem die Eröffnung der Kaffeerösterei mehrfach verschoben wurde, fragt sich mancher Kaffeeliebhaber in Stadtlohn: „Tut sich da überhaupt noch was?“ Ralf Strotmann sagt: „Ja, das wird noch was.“ Und lachend fügt er hinzu: „Ich bin ja ein münsterländischer Dickkopp.“
Und tatsächlich tut sich hinter den Tüchern eine Menge: Ralf Strotmann, sein Bruder und seine Freunde haben aus alten roten Ziegelsteinen Bögen gemauert. Der 52-Jährige zeigt, was er schon vor seinem geistigen Auge sieht: „Hier die Schütten mit den verschiedenen Sorten des Hattken-Kaffees. Die Marke ist schon als geschützt eingetragen. Da die Edelstahlablagen mit den großen Kaffeemaschinen, die schweren Spezialmühlen, warmer Holzfußboden, graue Wände ...“

Das alles ist die Zukunft. Das Herzstück der Kaffeerösterei aber ist schon Wirklichkeit. Ralf Strotmann lüftet die Schutzplane und streicht mit der Hand über den glänzenden Edelstahl des Kaffeerösters vom Weltmarktführer Probat aus Emmerich. „Das ist meine größte Investition. Da steht sozusagen ein BMW.“
Lang hat es gedauert, bis die Maschine geliefert wurde. Noch länger hatte die Suche nach einem geeigneten Ladenlokal in Stadtlohn gedauert. Der jetzige Standort in der Eschstraße ist ein Glücksfall. Für Ralf Strotmann, aber auch für seine Vermieter Willi und Maria Südholt sowie für Citymanager Giampietro Salerno.

Von 1952 bis 1993 war hier das renommierte Café Südholt mit Bäckerei und Konditorei ansässig. „Ich kann mich noch gut an die leckere Käse-Sahne-Torte erinnern“, sagt Ralf Strotmann. Die neue Kaffeerösterei und das geplante Hattken-Café knüpfen an diese Tradition an, nachdem sich zwischenzeitlich mehrere Imbisse, Pizzerien und Telefonläden als Mieter an diesem Standort abgewechselt haben.
Ralf Strotmann wird neben den frischgerösteten Kaffee-Spezialitäten auch hausgemachten Kuchen anbieten. Der Platz dafür wird da sein, nachdem vor kurzem der benachbarte bulgarische Lebensmittelladen in die Vredener Straße umgezogen ist.

Ein Glücksfall für den Kaffeeröster in spe: „Wir konnten unsere Fläche auf über 100 Quadratmeter verdoppeln. Jetzt sind auch 25 Sitzplätze möglich.“ Und ein Glücksfall für die Eschstraße, sagt der Citymanager, der sich durch das neue Angebot eine weitere Belebung des Quartiers erhofft.
Bleibt die Gretchenfrage: Wann wird der erste Hattken-Kaffee geröstet? Wann wird der erste Mocca im Hattken-Café serviert? Wann werden die ersten Seminare für Kaffeeliebhaber abgehalten? Ralf Strotmann gibt sich noch bedeckt. „Ich kann noch keinen Termin nennen.“

Und das liegt nicht an der handwerklichen Einsatzbereitschaft der Strotmann-Brüder und ihrer Freunde. Es gilt noch eine genehmigungsrechtlich Brandschutzfrage zu klären. Das Hauptzollamt in Münster hat noch kein grünes Licht für das Zolllager für den frisch gerösteten Kaffee gegeben. Der Schornsteinfeger muss die Abluftanlage inspizieren. Und nach wie vor gibt es noch Lieferprobleme für bestimmte Bauteile.
„Das alles kann Wochen oder Monate dauern. Das ist für uns nicht kalkulierbar“, sagt Ralf Strotmann – und ist dann doch bereit, eine Hoffnung zu umschreiben: „Sommer 2023“. Dass der 52-Jährige die Lust an seinem Langzeitprojekt verlieren könnte, steht nicht zu befürchten.
Herzen aus Kaffeebohnen
Ralf Strotmanns Augen leuchten, wenn er Besucher nach hinten in die ehemalige Südholt-Backstube führt. In dem weiß gekachelten Raum lagert schon über eine Tonne grüner Kaffeebohnen in Jutesäcken. Über einen Hamburger Importeur hat der Stadtlohner die Ware aus Uganda geordert, feine Arabicabohnen aus dem Hochland und die Sorte Robusta.
Kaffeeexperte Ralf Strotmann will daraus unterschiedliche Mischungen kreieren. Durch Röstdauer und Temperaturen lassen sich die rund 900 natürlichen Aromastoffe des Kaffees akzentuieren. „Es wird vier bis fünf Standardsorten geben, daneben weitere saisonale Spezialitäten“, sagt Ralf Strotmann.
Eine Idee für ein Markenzeichen gibt es auch schon: Es lehnt sich an das Stadtwappen an. Nur statt der drei Paulusköpfe werden drei Herzen zu sehen sein, gebildet aus Kaffeebohnen. Sie zeigen: Für Ralf Strotmann ist das Röstereiprojekt eine Herzenssache.
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