Rund 200 Stadtlohner Unternehmen werden in den nächsten Tagen einen Brief von Bürgermeister Berthold Dittmann erhalten. Er schreibt ihn auch im Namen von Gewerkschaften, Betriebsrat, Auffanggesellschaft, AIW und Wirtschaftsförderungsgesellschaft. „Wir wollen uns unterhaken, um etwas für die Entlassenen zu erreichen“, sagt der Bürgermeister.
Der Brief soll auf eine Chance aufmerksam machen. Eine Chance für die vielen Hülsta-Mitarbeiter, die zum Jahresende im Eigeninsolvenzverfahren des Möbelherstellers ihren Arbeitsplatz verloren haben. Und eine Chance für Unternehmen, die motivierte Fachkräfte suchen. Das breite regionale Bündnis für Arbeit will die Menschen schnell wieder in Arbeit bringen, am besten in tarifgebundene Jobs.
„Raus aus der Ohnmacht“
Das waren bittere Wochen: Vor Weihnachten haben 229 Hülsta-Mitarbeiter ihre Kündigung zum Jahresende erhalten. „Da herrschten große Enttäuschung und Zukunftsängste. Und ja, es gab auch viel Wut“, sagte der Hülsta-Betriebsratsvorsitzende Benedikt Dönnebrink am Freitagnachmittag bei einem Treffen der Bündnispartner im Stadtlohner Rathaus.
Bürgermeister Berthold Dittmann fügte im Rückblick eine weitere Gefühlslage hinzu: Ohnmacht. „Was konnten wir tun, außer unsere Solidarität auszusprechen?“ Schnell sei im Rathaus aber klar gewesen: „Wir müssen etwas tun.“
171 in Transfergesellschaft
Wie ist gegenwärtig die Lage bei den Entlassenen? Hermann Wansing, Geschäftsführer der Transfergesellschaft Perspeqtive unter dem Dach der BBS kann Zahlen nennen. 171 der 229 entlassenen Hülsta-Mitarbeiter sind freiwillig in die Transfergesellschaft. Andere haben bereits einen neuen Arbeitsplatz gefunden oder sind aus anderen Gründen nicht in die Transfergesellschaft gewechselt.
Von den 171 Transfer-Beschäftigten haben bereits rund 30 einen neuen Arbeitsplatz oder konkrete Hoffnungen auf eine Neuanstellung. Wansing: „Das sind gute Zahlen zum Start. Aber wir sind noch lange nicht am Ziel.“ Die rund 140 verbleibenden Arbeitsplatzsuchenden werden jetzt in der Transfergesellschaft qualifiziert. „Wir führen viele Einzelgespräche, um Fähigkeiten, Perspektiven und Qualifizierungsmöglichkeiten zu entwickeln“, so Hermann Wansing.
„Blick nach vorne gerichtet“
„Anfangs war die Wut spürbar“, sagte auch Hermann Wansing. Aber die Stimmung habe sich in den letzten Wochen verändert. „Der Blick richtet sich jetzt nach vorne. Die Beschäftigten in der Transfergesellschaft sind äußerst motiviert. Sie wollen sich neue Chancen erarbeiten.“
Und die bietet der Arbeitsmarkt nach Ansicht aller Bündnispartner. Doch nicht für jeden in gleichem Maße. „Ein Elektromeister hat gleich vier Arbeitsangebote erhalten. Die IT‘ler haben auch schon alle eine neue Perspektive“, sagt Hermann Wansing. Für andere Qualifikationen und für ältere Arbeitnehmer sei die Vermittlung ungleich schwerer. Der jüngste Transferbeschäftigte ist 25 Jahre alt, wenige sind jünger als 40, die meisten sind über 50 Jahre alt, einige auch über 60.
Solidarität wecken
Der Brief an die Stadtlohner Unternehmen soll allen neue Chancen eröffnen. „Es geht ja um motivierte Mitarbeiter, die 30 oder 40 Jahre für Hülsta gearbeitet haben. Und es geht keineswegs nur um Möbelexperten. „Von den Entlassungen betroffen waren ja auch Schlosser, Maschinenbauer, Verwaltungskräfte und Berufe aus anderen Sparten“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Benedikt Dönnebrink.
„Dafür wollen wir in den Betrieben Bewusstsein dafür schaffen, Denkanstöße geben und vielleicht auch den Solidaritätsgedanken wecken“, sagt Bürgermeister Berthold Dittmann. Ein erwünschter Nebeneffekt sei, Arbeitskräfte in Stadtlohn zu halten und die heimische Wirtschaft zu stärken.
„Neue Qualität der Kooperation“
Benjamin Pankow, der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Bocholt, sieht in dem regionalen Bündnis „eine ganz neue Qualität der Zusammenarbeit“. Und das nicht nur zwischen Stadt und Gewerkschaften, sondern auch der Einzelgewerkschaften untereinander.
Pankow: „Wir haben schon im November begonnen, in den Betrieben der Region freie Stellen abzufragen. Insgesamt lässt sich das gut an. Ich bin in hohem Maße optimistisch, dass wir Hand in Hand viele wieder in Arbeit bringen können.“
Sämtliche Arbeitsplatzangebote werden jetzt im Rathaus bei Wirtschaftsförderin Birgit Thesing (B.Thesing@stadtlohn.de) gesammelt und dann an die Transfergesellschaft Perspeqtive weitergeleitet.