In Stadtlohn geht vor dem Weihnachtsfest die Sorge vor einem Hochwasser um. Die Stadt trifft Vorkehrungen. Ordnungsamtsleiter Bernd Mesken ist aber vorsichtig optimistisch, dass die Pegel nicht bedrohlich ansteigen werden. Und bei manchem Berkelanlieger werden unangenehme Erinnerungen wach.
Ernst Kalmbach hat von seinem Garten am Erlenweg aus einen wundervollen Blick auf die Berkel. Der Fluss schlängelt sich hier am östlichen Stadtrand Stadtlohns sanft durch die weite Wiesenlandschaft.
Genießen kann der 86-Jährige den Ausblick am Tag vor Heiligabend aber nicht. Das Grünland am gegenüberliegenden Ufer steht unter Wasser. Der Fluss ist bedrohlich angeschwollen. Das Wasser schwappt gegen die Gartenmauer. Die Berkel rückt immer näher.

In Ernst Kalmbachs Garten liegen schon die Sandsäcke bereit. „Da haben mir meine Kinder geholfen. Ich kann das ja nicht mehr so gut“, sagt der 86-Jährige. In einer Vertiefung an der Terrasse steht eine Wasserpumpe, von ihr aus führt ein dicker Schlauch über den gepflegten Rasen zum Ufer.
Noch ist nichts passiert. Aber Ernst Kalmbach blickt besorgt in den grauen Himmel. Es regnet immer noch. Und für Weihnachten sagen die Meteorologen weitere Niederschläge voraus. „Ich habe hier schon manches Hochwasser erlebt. Ich wohne ja schon seit 60 Jahren hier“, sagt Ernst Kalmbach.

Traumatisch aber war die Erfahrung vor siebeneinhalb Jahren. Ernst Kalmbach zeigt auf eine Metallplatte an seinem Wintergarten. Darauf ist das Datum eingraviert: 24.6.2016. Die Platte ist in etwa einem Meter Höhe an der Scheibe befestigt. „So hoch hat damals das Wasser gestanden“, sagt Ernst Kalmbach. Und das nicht nur auf seiner Terrasse.
Damals schwappte trübes Wasser auch in seinen Wintergarten und die Küche. „Die Schränke und Möbel waren hinüber. Der Schaden belief sich auf über 40.000 Euro. Gott sei dank ist die Elementarversicherung eingesprungen.“ Dennoch möchte Ernst Kalmbach das nicht noch einmal erleben. „Das war so ein Schlamassel und ein Riesenaufwand.“

Die Sorge kann Ordnungsamtsleiter Bernd Mesken den Berkelanliegern nicht nehmen. Auch die Verantwortlichen der Stadt Stadtlohn beobachten die Pegelstände sehr aufmerksam. „Aber ich bin heute vom Lager der Pessimisten ins Lager der vorsichtigen Optimisten gewechselt“, sagt Bernd Mesken am Samstagmorgen (23. Dezember).
Schon am Donnerstag wurde der Informationswert 1 (Pegelstand 2,71 Meter) am Pegel Stadtlohn Schanzring überschritten. Dies bedeutet, dass kleinere Überschwemmungen von landwirtschaftlichen Flächen möglich sind. Am Freitagnachmittag bewegte sich der Pegel zwischen Informationswert 1 und 2 (Pegelstand drei Meter). „Es ist wahrscheinlich, dass der Informationswert 3 (Pegelstand: 3,15 Meter) am Samstag überschritten wird“, so lautete die Prognose am Freitag.
Bei Warnstufe 3 würde der Stab für außergewöhnliche Ereignisse einberufen. Denn dann wäre eine Überflutung einzelner Grundstücke, Straßen oder Keller möglich. Überörtliche Verkehrsverbindungen könnten gesperrt sein. „In Stadtlohn war in der Vergangenheit ja schon öfter die ehemalige B 70 betroffen“, sagt Bernd Mesken.
„Über Nacht hat sich der Pegelstand aber glücklicherweise stabilisiert. Die Warnstufe 2 wurde nicht erreicht“, so der Ordnungsamtsleiter am Samstag. „Es regnet zwar weiter, aber nicht so ergiebig, darum bin ich zuversichtlich. Andererseits ist Natur nicht immer berechenbar.“
Sandsäcke liegen bereit
Aus diesem Grund habe die Stadt für die Weihnachtstage eine Rufbereitschaft des Hochwasserschutzes und der Bauhofmitarbeiter sichergestellt. Am Bauhof lagern 120 gefüllte Sandsäcke. Diese würden ab Informationswert 3 an vier vorbestimmte Anlieger des Kalterweges ausgeliefert.
Weiterhin wurden zwei Lkw-Ladungen Sand zum Bauhof gebracht, um damit im Ereignisfall rund 500 bis 1000 Sandsäcke für ein kleines Hochwasser füllen zu können. 200 gefüllte Sandsäcke werden über die Feiertage vor das Bauhoftor gestellt, sodass die Bürger sich dort im Bedarfsfall selbst bedienen können, ohne dass die Rufbereitschaft des Bauhofes beansprucht wird.
Dodgeball-Sand genutzt
Der Inhaber der Rufbereitschaft des Ordnungsamtes führt im Fahrzeug 1000 leere Sandsäcke mit sich. Diese können bei Bedarf an Bürger ausgehändigt werden. Sofern die Bürger kein Füllmaterial haben, können sie den Sandhaufen neben dem Wertstoffhof am Schützenweg nutzen. Er ist frei zugänglich.
Für den Fall eines großen Hochwassers lagern am Bauhof rund 40.000 leere Sandsäcke. Die Dodgeball-Veranstalter haben den weißen Sand am Dodgeball-Gelände für die Befüllung von Sandsäcken freigegeben.
Stadtlohner Unternehmen haben vorsorglich großes Gerät und Pumpentechnik zusammengestellt, um es im Bedarfsfall anfordern zu können. Die Stadt selbst will auf ihrer Internetseite über die aktuelle Entwicklung informieren.
