Christoph Spieker hat lange als Historiker gearbeitet.

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Historiker Christoph Spieker ist „süchtig nach dem Rohstoff Geschichte“

rnVilla ten Hompel

Der Stadtlohner Christoph Spieker hat sich überregional als Historiker einen Namen gemacht und den Geschichtsort Villa ten Hompel in Münster mit aufgebaut. Jetzt geht er in den Ruhestand.

Stadtlohn

, 12.05.2021, 18:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Christoph Spieker ist Historiker durch und durch: „Ich sag immer, ich bin ins Geschichtsfass gefallen, und da kommt man nicht mehr so leicht raus. Ich bin süchtig nach dem Rohstoff Geschichte.“ Diese Leidenschaft hat er zum Beruf gemacht. 22 Jahre hat er bei der Villa ten Hompel in Münster gearbeitet, 18 Jahre davon als Leiter. Jetzt geht er in den Ruhestand.

Der 65-Jährige nimmt sich am Mittwochnachmittag Zeit für ein Telefoninterview. „Eigentlich habe ich viel zu tun, aber der Kontakt zur Heimat ist mir sehr wichtig“, sagt er und meint damit Stadtlohn. Hier ist er aufgewachsen, hier hat er noch Familie und hier liegt der Schwerpunkt seiner Forschungen.

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1979 hat er eine Lokalstudie zum „Nationalsozialismus im westlichen Münsterland, dargestellt am Beispiel der Stadt Stadtlohn“ als Staatsexamensarbeit geschrieben. Er war in verschiedenen Archiven unterwegs und hat die Informationen zusammengetragen.

Die Geschichte eines Mannes namens Max Meyers ist ihm dabei besonders im Gedächtnis geblieben. Er war auf einem Bild zu sehen, das die Deportation von Juden aus Stadtlohn nach Riga zeigte. „Aber Max Meyers hat überlebt. Ich habe lange versucht, ihn ausfindig zu machen. Erst Jahrzehnte später habe ich mit seinem Sohn sprechen können, da war Max Meyers schon verstorben“, erzählt Christoph Spieker.

Christoph Spieker trug Teil zum Konzept der Villa ten Hompel bei

Nach seinem Studium und seiner Ausbildung zum Lehrer hat der heute 65-Jährige als Archivar in Greven gearbeitet. Eines Tages fragte ein Mann dort nach seiner Wiedergutmachungsakte. Die Recherchen von Christoph Spieker ergaben, dass diese Akte in Münster in der Villa ten Hompel aufbewahrt wurde. In dem Haus am Kaiser-Wilhelm-Ring konnten nämlich mal Wiedergutmachungsanträge gestellt werden.

Mit dieser Erkenntnis konnte Christoph Spieker einen Teil zur Entstehung des Geschichtsortes Villa ten Hompel beitragen. „Das bedeutete nämlich, dass die Villa nicht nur ein Täterort war, sondern auch ein Ort, wo Verfolgte eine Perspektive bekamen“, sagt der Stadtlohner.

Mit Kollegen war Christoph Spieker (2.v.l.) in Berlin im Haus der Wannsee-Konferenz.

Mit Kollegen war Christoph Spieker (2.v.l.) in Berlin im Haus der Wannsee-Konferenz. © Privat

Rudolf ten Hompel hat die Villa in den 1920er-Jahren gebaut. Von 1940 bis 1944 war sie der Sitz der Ordnungspolizei, nach dem Krieg zogen der Entnazifizierungs-Ausschuss und schließlich die Wiedergutmachungsbehörde ein. 1999 wurde aus der Villa ten Hompel ein Geschichtsort.

Christoph Spieker arbeitete hier zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter. 2003 übernahm er die Leitung zunächst kommissarisch, 2008 dann als offizieller Leiter. „Es hat sich größer entwickelt als gedacht“, sagt Christoph Spieker heute über die Villa ten Hompel. „Aus einer kleinen Initiative ist ein Institut geworden.“

Erinnerungskultur bleibt eine „dauernde Herausforderung“

Aus all den Jahren nimmt er vor allem eines mit: „Es wird eine dauernde Herausforderung bleiben, aus den Grausamkeiten von damals Konsequenzen für die Gegenwart und Zukunft zu ziehen.“ Dafür müsse man immer wieder neu anfangen und gleichzeitig seine Glaubwürdigkeit behalten. „Man muss vielleicht auch mal neue Wege finden, um die Menschen zu erreichen. Dafür muss man nicht immer nur Jahreszahlen auswendig lernen.“

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Nun endet seine Zeit bei der Villa ten Hompel. Der 65-Jährige verabschiedet sich in den Ruhestand. „Es steht ein Generationenwechsel bevor, und das ist auch gut so“, sagt Christoph Spieker.

Der geschichtlichen Forschung bleibt er aber erhalten. Schon jetzt hat er mehrere Anfragen für Projekte. „Ich habe keine Sorge, dass ich keine Themen mehr habe. Es wird etwas anderes sein, nur mitzumachen, statt Dinge selber auf den Weg zu bringen. Aber da werde ich Demut lernen“, sagt Christoph Spieker.