Gebrochener Kiefer und Sturz Familienstreit in Stadtlohn eskaliert

Gebrochener Kiefer und Sturz: Familienstreit in Stadtlohn eskaliert
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Es begann mit einem Möbelwagen und endete für einen 36-jährigen Stadtlohner vor dem Amtsgericht in Ahaus. Laut Anklage soll er seine Mutter „körperlich misshandelt und an der Gesundheit geschädigt haben“. Der Mann soll am 18. Februar 2023 in eine Auseinandersetzung mit seiner Mutter geraten sein und ihr dabei mit mehreren Faustschlägen ins Gesicht eine Unterkieferfraktur zugefügt haben.

„Das Wort Misshandlung geht mir zu weit“, so der Stadtlohner. Seinen Angaben zufolge habe sich die Beziehung mit seiner Mutter über Jahre verschlechtert. Schon einige Wochen vor dem Tatzeitpunkt sei sie „ohne Erlaubnis“ mit ihrer Schwester in ein leerstehendes Haus auf dem Grundstück der Familie eingezogen.

An besagtem Tag sei dann ein Möbel-Lkw vorgefahren. „Ich habe sie angewiesen, die Möbel an einer bestimmten Stelle abzuladen und im Schuppen unterzubringen.“ Dann habe er zunächst den Schauplatz verlassen. „Später bekam ich den Anruf, dass sich der Lkw vor dem Haus auf der Wiese festgefahren hat“, so der 36-Jährige. Dort, wo er gar nicht sein sollte. „Meine Mutter hatte veranlasst, dass die Möbel ins Haus kommen.“

Mit dem Radlader habe er dann versucht, den Lkw frei zu bekommen und gleichzeitig seine Mutter aufgefordert, ins Haus zu gehen. „Das ist nicht geschehen.“

Stattdessen habe die Frau des Stadtlohners, die in der Tür stand, ihm eine Warnung zugerufen, als er gerade mit dem Rücken zu seiner Mutter stand. „Meine Mutter kam mit erhobener Hand auf mich zu.“ Der 36-Jährige habe sich mit Schwung umgedreht und seine Mutter dabei mit der Faust im Gesicht getroffen. „Ich wollte den Schlag abwehren.“ Im Anschluss sei seine Mutter auch noch gestürzt – aber nicht im Zusammenhang mit dem Schlag.

„Martyrium für Familie“

Ob seine Mutter zu dem Zeitpunkt alkoholisiert gewirkt habe, wollte der Richter von dem Stadtlohner wissen. Das könne er nicht sagen, aber sie habe aggressiv gewirkt. Ohnehin habe er nie gewollt, dass seine Mutter bei der Familie einzieht. „Sie war nicht berechtigt, sich Zutritt zum Haus zu verschaffen. Es war ein Martyrium für meine Familie.“ Seine Mutter sei alkoholkrank, habe sich gegenüber der Familie bedrohlich verhalten und unter anderem Zettel mit Beleidigungen geschrieben und an die Fenster geklebt.

Und warum habe er es dann zugelassen, dass seine Mutter überhaupt einzog, fragte der Richter. „Ich wollte nicht, dass sie unter der Brücke schläft.“ Er habe sich ansonsten aber völlig von ihr distanziert, „sie kann Leute an der Nase herumführen, wie es kein anderer kann“, so der 36-Jährige.

Trotzdem sei er sich bewusst, dass er mit dem Schlag zu weit gegangen sei, und sei bereit, „Wiedergutmachung zu leisten“, so der Anwalt.

Mutter als Nebenklägerin

Die Mutter sah das Ganze etwas anders. Sie trat im Übrigen als Nebenklägerin auf und hatte gleich noch ihre Schwester als Zeugin mitgebracht und den Kontakt zu den beiden Möbelpackern, die vor Ort waren. Sie sei zusammen mit ihrer Schwester auf der Suche nach einer neuen Wohnung gewesen. „Wir wollten uns verkleinern, weil alles teurer wird.“ Die Wohnung in Münster wurde ihr gekündigt.

„Es hat meinen Sohn gestört, dass wir eingezogen sind. Aber ich fand es sinnvoll, das leerstehende Haus zu nutzen.“ Auch war sie der Auffassung, dass sie auf dem Anwesen, das früher ihr und ihrem Mann gehört habe, ein Wohnrecht habe. Das dementierte der Anwalt des Angeklagten vehement.

Lkw festgefahren

Doch zurück zu dem Geschehen vom 18. Februar. Sie habe ein Umzugsunternehmen damit beauftragt, die Möbel aus Münster nach Stadtlohn zu bringen, erläuterte die Mutter des Angeklagten. „Als ich gesehen habe, dass die am Schuppen die Möbel abladen, habe ich gesagt, das könnten sie doch viel besser direkt am Haus machen.“

Dort habe sich der Lkw dann festgefahren. Als sich dann ihr Sohn genähert habe, habe sie schon an den Schritten gesehen, dass er aggressiv war. „Ich habe versucht, ihm zu sagen, dass ich helfen wollte.“ Daraufhin habe er sie gegen den Lkw geschleudert und dreimal auf ihren Kiefer eingeschlagen.

Die folgende Zeit sei für sie eine sehr „schmerzhafte“ gewesen. Es folgte eine Operation. „Ich weiß nicht, was in solchen Köpfen vorgeht“, sagt sie mit Blick auf ihren Sohn. Und: „Meine anderen Söhne hätten das nie gemacht.“

Wie sie auf die Idee gekommen sei, dass sie auf dem Anwesen einziehen könnte, wollte der Richter wissen. „Wir mussten aus unserer Wohnung raus. Und dort war am meisten Platz.“ Ob sie denn den Sohn mal gefragt habe, ob ihm das recht wäre? Eine eindeutige Antwort auf diese Frage gab sie nicht.

Auf die Einstellung des Verfahrens gegen eine Schmerzensgeldzahlung wollte sie sich nicht einlassen. „Ich habe so viel mitgemacht, da kommt so viel zusammen.“ Da die Möbelpacker zum Termin am Dienstag nicht mehr geladen werden konnten, heißt es nun also: Fortsetzung folgt.