
© Stefan Grothues
Friedenseiche in Hundewick hat Kaiserreich und Kriege überdauert
Gedenken
180.000 Soldaten verloren im Deutsch-Französischen Krieg ihr Leben. Einer von ihnen war Bernhard Bergerbusch. Für ihn und den Frieden pflanzten die Hundewicker vor 150 Jahren eine Eiche.
Die stolze Eiche am Schützenplatz in Hundewick trägt schon einen zarten Hauch von Grün. Nur noch ein paar warme Tage, dann wird sich das Eichenlaub in voller Pracht zeigen. Wie in jedem Frühling seit 150 Jahren ist die Friedenseiche ein Symbol des neu erwachenden Lebens.
Acht Hundewicker zogen 1870 in den Krieg
Bernhard Bergerbusch war gerade einmal 26 Jahre alt, als er 1870 in den Deutsch-Französischen Krieg ziehen musste, so wie sieben weitere Männer aus der damals noch selbstständigen Gemeinde Hundewick. Sie zählte gerade einmal 245 Einwohner auf 39 Höfen.

1871: Mit der Gründung des Deutschen Reiches und der Proklamation des preußischen Königs Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser durch die versammelten Fürsten am 18. Januar im Schloss Versailles bei Paris ging die preußische Geschichte in die deutsche Geschichte über. © picture-alliance / dpa
Theodor Busen, Klemens Dücker, Wilhelm Gräwers, Heinrich Busen, Ferdinand Dücker, Ignatz Dücker und Bernhard Völker kehrten im Frühjahr 1871 heim. Der Krieg war gewonnen, die Geburtsstunde des Deutschen Kaiserreichs hatte geschlagen. Wilhelm I. wurde am 18. Januar im Spiegelsaal von Versailles zum deutschen Kaiser proklamiert. Bismarcks Blut- und Eisen-Politik hatte es möglich gemacht. Am 10. Mai erfolgte der endgültige Friedensschluss.
Bernhard Bergerbusch fiel mit nur 26 Jahren
Bernhard Bergerbusch sollte es nicht mehr erleben. Anders als die anderen sieben Hundewicker kehrte er nie mehr ins Münsterland zurück. Er hatte sein Leben auf dem Schlachtfeld in Frankreich verloren, einer von 180.000 gefallenen Soldaten. So werden die Hundewicker vor 150 Jahren mit gemischten Gefühlen das Pflanzloch für die Friedenseiche ausgehoben haben. Patriotische Freude verband sich mit Trauer, als sie einige Geldmünzen und eine Urkunde zu den Wurzeln der frisch gepflanzten Eiche legten, die seither „Friedenseiche“ heißt.
Landrat ordnete Pflanzen von Friedenseichen an
Diesen Namen teilt sie mit vielen anderen Eichen, die 1871 zum Friedenschluss und zur Reichsgründung gepflanzt wurden. „Der Landrat hatte die Pflanzung von Friedenseichen angeordnet“, weiß Stadtlohns Stadtarchivar Ulrich Söbbing, der jetzt auf das Jubiläum der Friedenseichen aufmerksam gemacht hat. Es handelte sich um die ersten Denkmäler für diesen Krieg, da eine derartige Pflanzung schnell und preiswert erfolgen konnte.

Die Friedenseiche an der Mühlenbrücke in Stadtlohn überlebte die Bombardierung der Stadt 1945 nicht. © Stadtarchiv Stadtlohn
In Stadtlohn stand eine Friedenseiche nahe der Mühlenbrücke, in Vreden am Wüllener Tor, in Oeding an der alten Schule. Die Stadtlohner Friedenseiche überlebte die Bombardierung im März 1945 nicht.

Die Friedenseiche an der alten Schule in Oeding musste 1965 dem Straßenbau weichen. © Gemeindearchiv Südlohn
Die Eichen in Vreden und Oeding mussten der Stadtentwicklung und dem Straßenbau weichen. Die Oedinger Eiche wurde 1965 gefällt, die Vredener in den 1970er Jahren.

Die Friedenseiche in Südlohn © Gemeindearchiv Südlohn
Aber die Südlohner Friedenseiche an der Eisdiele hat überlebt. Und auch in Almsick ist noch eine Friedenseiche zu finden. Deren Bedeutung und Geschichte waren aber im Verlauf der vielen Jahrzehnte verloren gegangen. „Die Anwohner wussten, dass sie Friedenseiche genannt wird. Aber sie dachten, sie sei nach einem Streit zwischen Nachbarn gepflanzt worden“, sagt Stadtarchivar Ulrich Söbbing.

Die Friedenseiche in Almsick © Stadtarchiv Stadtlohn
Er ist sich aufgrund des Alters der Almsicker Eiche ziemlich sicher, dass es sich auch um eine Friedenseiche aus dem Jahr 1871 handelt. „Vielleicht“, so sagt Ulrich Söbbing, „gibt es ja auch noch in Wendfeld, Hengeler, Büren oder Estern Friedenseichen.“ Für Hinweise aus der Bevölkerung wäre der Stadtarchivar (Tel. 02563/97797) dankbar.

Seit 2007 weist ein Gedenkstein auf die Bedeutung der Friedenseiche in Hundewick hin.
In Hundewick ist die Erinnerung gesichert: 2007 stiftete der Hundewicker Schützenverein St. Michael einen Findling mit Bronzetafel, der am Fuße der Eiche an ihre Bedeutung erinnert. Den Gedenkplatz pflegt Otger Bergerbusch (70). Ihn verbindet eine persönliche Beziehung mit dem Gedenkort: „Der 1870 gefallene Bernhard Bergerbusch war ein Bruder meines Urgroßvaters.“
Die mit der Pflanzung der Friedenseiche vor 150 Jahren gehegten Hoffnungen erfüllten sich bekannterweise nicht. Das Kaiserreich zerbrach wie die Weimarer Republik. Weitere 40 Männer aus Hundewick verloren ihr Leben auf den Schlachtfeldern der beiden Weltkriege.