Erste E-Busse mit besonderer Optik auf Tour Premiere auf RVM-Buslinie R76/77

Von Josef Barnekamp
Erste E-Busse mit besonderer Optik auf Tour: Premiere auf Buslinie R76/77
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Von weitem gesehen ist der neue Mercedes Citaro-Bus schon ein schickes Gefährt. Was den neuen Bus der Regionalverkehr Münsterland (RVM) aber wirklich ausmacht, merkt man erst, wenn er näherkommt. Statt des typischen Geräusches eines großvolumigen Dieselmotors hört man: so gut wie nichts.

Das ist auch kein Wunder, wird der gestern auf dem Stadtlohner Betriebshof vorgestellte Bus als erster überhaupt mit Elektroantrieb die Kommunen im Kreis Borken verbinden – und das gleich auf einer der längsten kreisweiten Busverbindungen überhaupt: der R76/77 von Gronau über Ahaus nach Borken und zurück. Bislang kommen E-Busse im Kreis Borken lediglich im Bocholter Stadtverkehr zum Einsatz.

Weitere E-Busse folgen

Schon am heutigen Freitag (6.12.), so RVM-Geschäftsführer Steffen Schuldt bei der Vorstellung, geht der gut 615.000 Euro teure eCitaro auf die mehr als 60 Kilometer lange Strecke Borken-Gronau. Dann muss der gut zwölf Meter lange und 13 Tonnen schwere Elektrobus zeigen, wie sich die neue Antriebstechnik auf einer Strecke schlägt, bei der der Bus pro Tag locker mal 420 Kilometer unterwegs ist.

Gruppe vor einem Bus
Freuten sich über den ersten Elektrobus der RVM im Kreis Borken. Von links: Erwin Schütte (Leiter Fahrbetrieb der RVM), Astrid Herdering (Verkehrsmanagement RVM), RVM-Geschäftsführer Steffen Schuldt, Landrat Dr. Kai Zwicker, Busfahrer Christian Busch und Kreis-Verkehrsdezernentin Dr. Elisabeth Schwenzow. © Akcan Damer

„Wir sind mit einer Ladung bislang schon 300 Kilometer weit gekommen“, erklärte Schuldt Landrat Dr. Kai Zwicker und Verkehrsdezernentin Dr. Elisabeth Schwenzow, die zur E-Bus-Premiere nach Stadtlohn gekommen waren. Damit der E-Bus unterwegs Nachschub für die 400 Kilowattstunden fassenden Batterien bekommt, hat die RVM neben der Ladetechnik am Stadtlohner Betriebshof am Gronauer Bahnhof eine „XXL-Ladesäule“ gebaut. Mit der lässt sich der Bus binnen 30 Minuten zu 80 Prozent wieder vollladen. Dafür reicht dann schon die ohnehin fällige Pause der Busfahrer.

Das Laden des Elektrobusses geschieht über einen sogenannten Pantografen. Das ist eine Art Ladearm, der auf dem Fahrzeugdach montiert ist und der sich automatisch ans Netz ankoppelt, wenn der Fahrer unter eine Ladehaube fährt. Auf dem Stadtlohner Betriebshof gibt es von diesen Ladehauben schon mehr als ein Dutzend, dazu umfangreiche Technik und ausreichend dicke Kabel, um längerfristig bis zu 30 E-Busse unter anderem mit Strom aus der eigenen PV-Anlage laden zu können.

Luftaufnahme vom Bus
Der Ladevorgang an der Schnellladestation aus der Luft. © Akcan Damer

Neben den jetzt angeschafften zwei Solobussen soll bis Ende des Jahres ein zweiter folgen. Im kommenden Jahr sollen dann vier weitere Busse für die RVM im Kreis Borken geben, darunter drei Gelenkbusse, die auf der Schnellbuslinie Vreden-Münster S70 zum Einsatz kommen sollen. Bei denen ist dann eine mit 500 Kilowattstunden noch einmal stärkere Batterie an Bord.

Die in der Ausschreibung der Fahrzeuge zugesicherten 200 Kilometer Reichweite habe man bei Testfahrten locker überschritten, weil diese 200 Kilometer eben auch bei ungünstigen Bedingungen wie Minustemperaturen und gebirgigen Gelände machbar sein müssten. Im flachen Westmünsterland seien aber rund 100 Kilometer mehr drin, so Schuldt. Zudem verfügen die Busse über eine Rekuperations-Technik.

Busse in einem Carport
Über Nacht werden die E-Busse künftig im neuen Carport aufgeladen. © Akcan Damer

Das bedeutet, dass verbrauchte Energie, etwa beim Bremsen, zurückgewonnen wird. Um die Technik auch richtig nutzen zu können und die Fahrer mit den neuen Bussen vertraut zu machen, gebe es auch speziellen Unterricht fürs Fahrpersonal. Für Busfahrer Christian Busch hat der neue eCitaro aber nicht nur wegen solcher Technik ein Gewinn. Statt den Dieselbus in aller Herrgottsfrühe vorzuwärmen und notfalls die Scheiben freizukratzen, werde der E-Bus automatisch vorgeheizt und ist warm, wenn die Fahrgäste einsteigen. „Das ist schon eine schöne Sache“, so Busch.

Noch viele Fragezeichen

Wie viele E-Busse noch kommen und in welchem Tempo der ÖPNV umgestellt wird, das hängt laut Dr. Schwenzow auch davon ab, wie sich die Preise entwickeln – und auch die öffentliche Förderung der Energiewende beim ÖPNV. Schließlich sei so ein eCitaro wesentlich teurer als ein normaler Dieselbus, der etwa 230.000 Euro kostet. Und: Die Landesförderung, die bislang etwa 60 Prozent der Mehrkosten übernommen habe, falle weg, so die Kreis-Verkehrsdezernentin gestern.

ein E-Bus von außen
Markant an den E-Bussen ist die besondere Folierung. © Akcan Damer

Gleichwohl gebe es immer noch Zuschüsse für die Lade-Infrastruktur und unterm Strich sei man froh, dass man sich für Elektrobusse entscheiden habe. Das fand auch Landrat Dr. Kai Zwicker, der Elektrobusse im Vergleich zum zwischenzeitlich mal für den Busverkehr im Kreis Borken diskutierten Wasserstoffantrieb als die realistischere und vom Wirkungsgrad effektivere Variante bezeichnete.