Der Stichtag naht unweigerlich: Alle gesetzlich Krankenversicherten erhalten 2025 eine elektronische Patientenakte (ePA) – es sei denn, sie widersprechen. Starttermin ist der 15. Februar, die Einführung ist verbindlich. In einfachen Worten ausgedrückt: Die ePA soll die bisher an verschiedenen Orten wie Praxen und Krankenhäusern abgelegten Patientendaten digital zusammentragen. In Summe eine deutliche Entlastung und Erleichterung für alle. Warum? Für Aufklärung soll eine Informationsveranstaltung des Kuratoriums der Stiftung Maria-Hilf sorgen.
Man kennt es: Ist etwas neu, so hat der Mensch eine natürliche „Scheu“. So war es auch beim eRezept oder bei der eAU. Und ja: „Die Einführung hat nicht gut funktioniert“, erklärt Dr. Manfred Terbrack, Facharzt für Innere Medizin in Stadtlohn. Mittlerweile seien die Neuerungen etabliert, die Kinderkrankheiten ausgemerzt. Meist begründeten sich Unstimmigkeiten in Absprachefehlern, ergänzt die Apothekerin Johanne Elias (Berkel-Apotheke).
Beide werden am 27. November referieren und für Fragen zur Verfügung stehen. Rund 90 Prozent aller Rezepte könnten bereits mit dem eRezept abgedeckt werden. „Betäubungsmittel nun mal noch nicht“, erklärt Manfred Terbrack. Das wird sich ebenfalls im kommenden Jahr ändern.
Datenhoheit beim Versicherten
Das, was nun komme, sei „viel komplexer“, betont Mathias Redders vom Stiftungskuratorium. Schon seit 2021 konnten gesetzlich Krankenversicherte eine digitale Akte bei ihrer Krankenkasse beantragen. Nur wenige nahmen dieses Angebot wahr. Künftig wird die ePA automatisch angelegt; ein Antrag ist nicht erforderlich.
Versicherte können ihre ePA jederzeit über die ePA-App selbst verwalten und nutzen. Die Nutzer entscheiden selbst, wer – also welche Praxis, welche Apotheke oder welches Krankenhaus – auf welche Gesundheitsdaten wie lange zugreifen darf. So liegt die Datenhoheit immer bei den Versicherten.
Mittels der ePA stehen künftig Arztbriefe, Befunde, Laborwerte, die Medikation oder andere relevante Informationen sowohl den Patientinnen und Patienten als auch den behandelnden Ärzten und Psychotherapeuten auf einen Blick zur Verfügung. Mehr noch: Auf Patienten-Wunsch können zum Beispiel auch Daten zu Erklärungen zur Organ- und Gewebespende sowie Vorsorgevollmachten oder Patientenverfügungen hinzugefügt werden.
Man denke zum Beispiel an einen Notfall, bei dem gebündelt alle notwendigen Infos umgehend abgerufen werden können. Manfred Terbrack schränkt etwas ein: Es werde nicht gleich das komplette Programm aufgespielt: „Das würde alle überfordern.“ Man müsse die Umsetzung pragmatisch sehen.
Ein erster medizinischer Anwendungsfall ist die elektronische Medikationsliste, die alle Arzneimittel enthält, die per eRezept verordnet und in der Apotheke eingelöst wurden, erklärt Johanne Elias. Am Ende sehe der Arzt anhand der Daten gar, ob der Patient die Medikamente auch tatsächlich genommen hat, ergänzt Mathias Redders. Wenn die Umsetzung funktioniere, dann solle „der Arzt am Ende mehr Zeit für seine Kernaufgaben haben“. Sprich: für den Patienten.
Bisher gebe es erstaunlich wenig Widersprüche. Sind Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes berechtigt? Experten hätten in allen Phasen des Entwicklungsprozess mit am Tisch gesessen, betont Redders. So sicher wie das Telebanking, schätzt es Manfred Terbrack ein.
Auch vonseiten der Ärzte- und Apothekerschaft seien alle Vorbereitungen getroffen, man werde ja auch per Gesetz dazu gezwungen, ergänzt der Hausarzt. Nach spürbarer Überlastung seitens der Systemhäuser seien nun fast alle up to date. Der Wille zur Digitalisierung sei allseits spürbar. „Wenn alle auch die Vorteile erkennen, wird es sich durchsetzen.“
Der Zug sei nun auf die Schiene gesetzt. Wichtig, um im Wortjargon zu bleiben: Man dürfe die Menschen nicht „überrollen“, müsse sie mitnehmen: „Wir dürfen vor allem nichts als selbstverständlich voraussetzen.“ „Das funktioniert beim eRezept auch“, berichtet Johannes Elias. Vorteile der Digitalisierung würden gesehen, man müsse dies auch erklären.
Vierwöchiger Testlauf
Gerade deshalb habe man die Informationsveranstaltung am 27. November im Otgerus-Haus angesetzt. Mit Referenten, die dieses komplexe Thema aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten könnten, erklärt der Kuratoriumsvorsitzende Helmut Könning. Ein Zurück gebe es schließlich nicht mehr – ebenso keine Probephase. Wobei ein vierwöchiger Testlauf schon ab dem 15. Januar in zwei Modellregionen in Deutschland aufgenommen wird.
Übrigens: Die Schließung des Krankenhauses in Stadtlohn war einst für die Stiftung der Anlass gewesen, die Digitalisierung im Gesundheitswesen in der Region zu fördern und damit auch zum Aufbau des Telemedizinischen Kompetenz- und Versorgungszentrums (TMVZ) beizutragen. Das Ziel sei und bleibe es, die Qualität der medizinischen Versorgung sicherzustellen. Sie werde gar verbessert.
Informationsveranstaltung
- Ziel der Informationsveranstaltung am 27. November ab 18.30 Uhr im Otgerus-Haus ist es, die elektronische Patientenakte als komplexe Anwendung zu erklären. Wie funktioniert sie? Wie ist die weitere Einführung geplant?
- Als Experten stehen zur Verfügung:
Dr. Volker Schrage, Facharzt für Allgemeinmedizin und stellvertretender Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe
Professor em. Dr. Peter Haas, Medizininformatiker und Verfasser mehrerer Standwerke zum Thema „elektronische Akten“ (zugeschaltet)
Christian Breidenbach, Referatsleiter Politik und Kommunikation, Verband der Ersatzkassen NRW
Dr. Manfred Terbrack, Facharzt für Innere Medizin, Stadtlohn
Johanne Elias, Berkel-Apotheke, Stadtlohn - Die Veranstaltung richtet sich ausdrücklich an die Angehörigen aller Gesundheitsberufe sowie an die Öffentlichkeit.