Der kränkelnde Stadtlohner Markenmöbelhersteller Hülsta hat in den letzten Jahren seine Geschäftsführer gewechselt, wie manche Menschen sprichwörtlich das Unterhemd. Genützt hat es dem Unternehmen am Ende nichts, am Montag (16.4.2024) erfuhren die noch 280 Mitarbeiter vom Aus eines der einst führenden Möbelhersteller in Deutschland.
Der Markenname „hülsta“ durfte nur noch bis Ende Juli auf die vielleicht noch bis dahin in Stadtlohn hergestellten Möbel geklebt werden. Aktuell läuft die Versteigerung von Maschinen und Geräten, etc.

Der Mann, der den Mitarbeitern am Montag die Mitteilung über das Hülsta-Aus in Stadtlohn brachte, war bei der Belegschaft ein Unbekannter. Erst seit dem 4. März 2024 war der Hamburger Rechtsanwalt Dr. Stefan Hainke als Geschäftsführer verantwortlich. Einen Tag, nachdem das Unternehmen verschiedene Gesellschaften unter dem Namen „MWS Werke Westfalen GmbH“ gegründet hatte.
Ein Blick auf die Internet-Seiten des Wirtschaftsinformationsdienstes North Data zeigt, dass Hainke Erfahrung hat, wenn es um die Liquidation von Unternehmen geht.
Unter Mitarbeitern kursiert die Vermutung, dass der Markenname „hülsta“ möglicherweise an ein Möbelhaus mit großem X im Namen gegangen ist. Ob das so ist, wird die Zeit zeigen. Denkbar ist auch der Verkauf an einen Interessenten aus dem asiatischen Raum.
Hülsta war ein Vorzeigeunternehmen
Die Geschichte von Hülsta begann vor mehr als 80 Jahren mit einer kleinen Tischlerei, die Alois Hüls in Stadtlohn ab 1940 betrieb. Sein Sohn Karl übernahm 1959. Unter ihm entwickelte sich die kleine Möbel-Tischlerei zu einem bedeutenden Markenmöbelhersteller, der am Markt immer wieder Akzente setzte und mit eigenen Patenten viele Innovationen in die Möbelindustrie brachte.
Unter Karl Hüls wuchs das Unternehmen stetig, es expandierte mit weiteren Standorten, unter anderem in Ottenstein und Heek. Aber auch in Coesfeld oder Bad Bentheim entstanden Tochterunternehmen. Gleichzeitig übernahm Hülsta diverse Unternehmen der Möbelindustrie wie Rolf Benz, Loddenkemper, Ruf oder Femira.
Etwa ab 2014 geriet das Unternehmen zunehmend in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Hülsta veräußerte zuvor übernommene Unternehmen und hatte zu diesem Zeitpunkt schon den Heeker Produktionsstandort aufgegeben.
Ludwig Hüls (seit 2000 Geschäftsführer), der Sohn von Karl Hüls, schied im Jahr 2015 aus der Geschäftsführung des Markenmöbelherstellers aus und die Familie Hüls zog sich aus der operativen Geschäftsleitung des Unternehmens zurück. Damit begann das „Bäumchen-Wechsel-Dich-Spiel“ auf Geschäftsführungsebene.
Bereits seit 2012 war Heiner Goossens Geschäftsführer des Unternehmens. Er verließ den Möbelhersteller 2015 wieder. Zu diesem Zeitpunkt standen seit 2003 Dr. Matthias Becker (Finanzen) und seit 2014 und bis 2017 Oliver Bialowons (Restrukturierung) an der Spitze des Unternehmens.
Unter Leitung von Bialowons startete Hülsta 2016 eine sogenannte Charmeoffensive, an die noch der Hocker „Birdy“ erinnert, den es später auch beleuchtet gab. Mitarbeiter werden sich auch noch an ein Sommerfest erinnern, bei dem Bialowons mit dem Fallschirm einschwebte.
2018 spricht CEO von „Marktmacht“
2014 bis 2017, dann war es vorbei mit der Ära Bialowons bei Hülsta und die Leitung der Unternehmensgruppe lag bis auf Weiteres in alleinigen Händen des Finanz-Geschäftsführers Dr. Matthias Becker. 2018 wurde dann Paul Jähn neuer CEO der Hüls-Unternehmensgruppe.
Sein Ziel: „die strategische Neuausrichtung der Gruppe weiterführen und insbesondere die Marktmacht von ,Hülsta‘ sichern und stärken“.

Im September 2017 eine weitere Veränderung: Dr. Matthias Becker scheidet aus und die operative Verantwortung in der Geschäftsführung der Hülsta-Werke Hüls GmbH & Co. KG wird von Andreas Bremmer (Vertrieb) und Heinrich Judt (CRO/COO) übernommen. Judt verlässt das Unternehmen nach knapp zwei Jahren wieder.
Im August 2019 dann ein weiterer Wechsel in der Hülsta-Verantwortung: Der bisherige Geschäftsführer Paul Jähn übergibt seine Aufgaben- und Verantwortungsbereiche als CEO an Dr. Thomas C. Knecht, der als Profi-Sanierer zu dem Unternehmen kommt. Er wird im gleichen Jahr größter Einzelgesellschafter der Hüls-Gruppe und leitet diese als geschäftsführender Gesellschafter.
Knecht holt sich 2023 Waldemar Bauer und André Boy-Nieder ins Geschäftsführer-Team. André Boy-Nieder übernimmt die vertriebliche Leitung für die Hülsta-Serienprodukte. Waldemar Bauer übernimmt die Leitung der gesamten Leistungserstellung am Standort Stadtlohn. Er scheidet im November 2023 aus dem Unternehmen aus.
Eigeninsolvenz wird zur Regelinsolvenz
Im Oktober 2023 steigt dann Dr. Thomas Knecht bei Hülsta aus. Knecht war seit 2019 Geschäftsführer und seit 2022 auch Alleingesellschafter der Stadtlohner Firma.
Die Eigeninsolvenz des Unternehmens geht in ein Regelverfahren über. Das Unternehmen erklärte in einer Pressemeldung, dass der Turnaround nun geschafft sei und es Hülsta-Geschäftsführer Knecht gelungen sei, „die operative Sanierung der hülsta Werke erfolgreich durchzuführen“.
Knecht hatte im laufenden Insolvenzverfahren 2023 den Küchenhersteller Warendorf übernommen und stand wegen seines Millionen-teuren Ärmel-Sponsorings bei Schalke 04 in der Kritik.
Im September 2023 – in der Eigeninsolvenz des Unternehmens – kommt Hans-Werner Nagel als Geschäftführer Marketing/Vertrieb zu Hülsta.
Im November 2023 beendet Hülsta das Insolvenzverfahren. Zu diesem Zeitpunkt gibt das Unternehmen weiter bekannt: Mike Hemmerich übernimmt die Rolle als CEO. Er erweitert das Führungsteam, dem außerdem Vertriebsgeschäftsführer Hans-Werner Nagel, Geschäftsführer Hülsta individual Volker Herwing und der technische Geschäftsführer Waldemar Bauer angehören.
Noch im gleichen Jahr wird der Warendorfer Luxusküchen-Hersteller erneut in die Insolvenz geführt.

Bei einer Betriebsversammlung am Montag, 15. April 2024, steht Dr. Stefan Hainke, Rechtsanwalt aus Hamburg, vor den Mitarbeitern. Er erklärt diesen, dass der einst stolze Markenmöbelhersteller erneut insolvent ist. Außerdem erfahren die 280 Mitarbeiter, dass der Markenname „hülsta“ verkauft wurde und von dem Unternehmen nur noch bis Juli 2024 auf in Stadtlohn produzierte Möbel geklebt werden darf.
Hainke ist seit März 2024 Geschäftsführer der MWS Werke Westfalen GmbH mit Sitz an der Karl-Hüls-Straße 1 in Stadtlohn. Was viele Mitarbeiter nicht wissen, die den Namen Hainke an diesem Tag zum ersten Mal hören: MWS Werke Westfalen ist die neue Firmierung ihres Unternehmens.
Nach dem neuerlichen Insolvenzantrag des Stadtlohner Unternehmens hat nun Insolvenzverwalter Dr. Christoph Morgen das Wort. Der eingeführte und renommierte Markenname Hülsta ist verkauft, die Maschinen dem Vernehmen nach zum Teil geleast, die Hallen streckenweise marode – da ist es keine leichte Aufgabe für ihn, ggf. einen Investor für den wirtschaftlichen Fortbestand des Unternehmens zu finden.
Viele Geschäftsführer
Gerade in den letzten Jahren hatte Hülsta ein Kommen und Gehen bei den Geschäftsführern. Daher erhebt diese Aufstellung keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 17. April 2024.
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