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Braucht es wirklich erst eine Krise, damit ihr an eure Nachbarn denkt?
Meinung
In der Flutkatastrophe entwickeln die Menschen ein feines Gespür, zeigen eine enorme Solidarität. Diese Empathie wünscht sich Michael Schley auch abseits von Krisen und Katastrophen.
Was wird nicht immer auf die Gesellschaft geschimpft. Sie werde mehr und mehr aufgespalten, jeder denke nur noch an sich. Und für die junge Generation seien Ehrenamt und Eigenverantwortung eh Fremdworte.
In diesen Tagen erlebe ich ein komplett anderes Bild. Spontan werden Hilfstransporte organisiert – auch und gerade von jungen Menschen. Eine Gruppe Stadtlohner fährt ohne zu zögern runter ins Ahrtal, um Freunden und Fremden zu helfen.
Häufig ist es der persönliche Bezug, der das oft zitierte Helfersyndrom auslöst. Ich fühle mich ein wenig erinnert an das Hochwasser vor fünf Jahren in meiner Heimat Stadtlohn, auch seinerzeit wurde binnen Stunden Enormes geleistet. Echte Nachbarschaftshilfe.
Einfach mal den Hörer in die Hand nehmen
Winzermeister Wolfgang Schulze-Icking mit Wurzeln in Stadtlohn sorgt sich, was ist, wenn all die Helfer erst mal wieder weg sind. Zu Recht. Nehmen wir mit ein wenig Abstand einfach mal den Hörer in die Hand, um uns zu erkundigen, wie es den Betroffenen geht? Und ich frage mich auch: Lernen wir aus der Krise, uns ein wenig mehr Demut und Empathie für den Alltag abseits von Katastrophen zu bewahren? Gibt es Dinge, die vielleicht meinen Nachbarn bedrücken, über die er gerne sprechen möchte?
Statt ihn mit einem Small-Talk über das Wetter abzuwimmeln, fragt doch euren Nachbarn beim nächsten Treffen einfach mal: Geht es Dir gut?