„Vorhang auf“ im Eisenbahnwaggon Brautpaaren wird der rote Teppich ausgelegt

Historischer Eisenbahnwaggon: Brautpaaren wird der rote Teppich ausgelegt
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Dass es für ihn eine Herzensangelegenheit ist, das merkt man ihm an: Als Heinz Garwer am Montagnachmittag (3.6.) den Blick durch den historischen Eisenbahnwaggon schweifen lässt, da zieht ein Lächeln durch sein Gesicht. Der Hochzeitswagen ist nun „rund“, schon am Wochenende kann sich das nächste Brautpaar davon überzeugen. Es wird das erst zweite sein, das über den roten Teppich Richtung Standesbeamtin schreiten wird.

Heinz Garwer zeigt die Vorhänge
Passend zum äußeren Erscheinungsbild hat Heinz Garwer grüne Vorhänge mit dem WLE-Logo und dem Westfalen-Wappen anfertigen lassen. © Michael Schley

„Wer will, der kann hier noch die Reißleine ziehen.“ Sprich die Notbremse. Heinz Garwer lacht. Er zeigt auf eine ebensolche „Attrappe“, die direkt über dem Platz hängt, auf dem das Brautpaar im historischen Waggon dem Standesbeamten oder der Standesbeamtin gegenübersitzt. Spaß beiseite.

Er freut sich einfach, dass die besondere Atmosphäre in diesem deutschlandweit einzigartigen Hochzeitswaggon noch einmal aufgewertet wurde. Zum einen eben über den roten Teppich. Zum anderen über die weißen Hussen, die über die Stühle für die Hochzeitsgesellschaft gestülpt sind. Übrigens eine Spende eines Hochzeitspaars, wie Heinz Garwer erzählt.

WLE-Stühle im Eisenbahnwaggon
Vier original WLE-Stühle aus 1908 sind einige der Blickfänge im Waggon. © Michael Schley

Vorhänge mit WLE-Logo und Wappen

Das Highlight sind aber sicher auch die grünen Vorhänge an den Fenstern, die sich farblich dem Äußeren des Waggons anpassen. Ganz bewusst. „Auf der einen Seite mit dem Logo der Westfälischen Landes-Eisenbahn (WLE), auf der anderen mit dem bekannten Westfalenwappen“, berichtet Heinz Garwer für den Eisenbahnclub. Möglich gemacht vor allem durch die Sparkassen-Stiftung und einige Stadtlohner Unternehmen. Und gefertigt ebenso über lokale Betriebe. „Dass wir das WLE-Logo wie im Namen des Eisenbahnmuseums nutzen dürfen, das ist schon ein Privileg“, weiß der 80-Jährige zu schätzen.

Bank für das Brautpaar
Das Ambiente im historischen Waggon wurde weiter abgerundet. © Michael Schley

Das sei schon ein toller Anblick, wenn das Brautpaar nun durch den Hintereingang an der Hochzeitsgesellschaft vorbei über den roten Teppich schreite – um den Wagen nach der Trauung durch den Vordereingang zu verlassen. Aus gutem Grund: „Ein tolles Fotomotiv“, erklärt Heinz Garwer. Die neuen Errungenschaften rundeten das Bild perfekt ab.

Mit vielen kleinen Details. Heinz Garwer zeigt auf Original-Fahrkarten aus 1905, die Thomas Willemsen einst als Fotomotive verewigte. Oder auf die vielen Originalbilder vom Bahnhofsumfeld aus längst vergangenen Zeiten. Bis ins Jahr 1908 zurück.

Seit rund sechs Jahren wird der historische Eisenbahnwaggon sehr gut angenommen. 2023 wurden dort 21 standesamtliche Trauungen vollzogen, in diesem Jahr schon wieder drei. Warum ist die Location so beliebt? „Die Gesellschaft ist hier ungestört, hat Raum für einen kleinen Umtrunk. Keiner geht unter zwei Stunden“, meint Heinz Garwer.

Doch nicht nur Hochzeitsgesellschaften schätzten die Location. Es gebe immer mehr Anfragen für Betriebsfeste oder auch kleine Familienfeiern. „Dann wird kurzerhand umgebaut“, so der Stadtlohner. Da sei man ganz flexibel.

Die Priorität liege weiter auf Trauungen. Beliebt übrigens nicht nur bei Stadtlohnern. Heinz Garwer erinnert sich an eine Gesellschaft aus Köln, die ihre Einladungen extra in Form von Fahrkarten gestaltet hatte. „Ein Brautpaar aus Havixbeck hatte ihr halbes Wohnzimmer hier hineingestellt“, schmunzelt der 80-Jährige.

Aus Duisburg erhielt der Waggon Besuch von nur dem Brautpaar samt Sohn. Hochzeit nach über 40 Jahren. „Der Vater der Braut war selbst Lokführer. Sollte sich einmal eine solche Gelegenheit ergeben, dann werde man diese nutzen“, hätten die Brautleute diesem vor seinem Tod versprochen. Viele hätten einfach ein Faible für die Eisenbahn.

Viele Details für Eisenbahnfans

Neben der offiziellen Trauung gebe es im und am Waggon eben auch viel zu entdecken. Zum Beispiel die Notbremse. Oder auch die vier Originalstühle der WLE, vier weitere stehen im Museum. „Die haben wir in Lippstadt entdeckt“, sagt Heinz Garwer. Bequem seien diese aber nicht. „Die Beamten sollten seinerzeit aber auch arbeiten“, schiebt er hinterher und lacht wieder.

Historischer Eisenbahnwaggon am Stadtlohner Bahnhof
Der historische Eisenbahnwaggon für standesamtliche Trauungen ist der einzige dieser Art in Deutschland. © Michael Schley

Ja, es gibt so einige Anekdoten, die dem Stadtlohner einfallen, wenn er sich in den Hochzeitswaggon begibt. Und dass das Gesamtbild nun weiter abgerundet sei, das freue ihn einfach: „Super, dass das endlich geklappt hat.“