
© Stefan Grothues
Altweiber in Stadtlohn: De-un-Da wird im Coronajahr nur geflüstert
Altweiber
Einmal im Jahr sollte das Rathaus ein Tollhaus sein. Nicht öfter, aber auch nicht seltener. An diesem Altweibertag wurde der Sturm aufs Rathaus abgeblasen. Ein Hauch von Karneval wehte aber doch.
„Ein dreifach donnerndes ...“, fordert Präsident Andy Rotherm. Leise raunend und durch Masken gedämpft antworten die 20 Karnevalisten und Stadtvertreter im weiten Rund des Sitzungssaals: „De-un-Da. De-un-Da. De-un-Da.“ Ohne Rufzeichen.
„Im kleinen Kreis vermummt, der Frohsinn verstummt“
Der Präsident der Karnevalsgesellschaft „Üm Bütt un Pütt“ ist zufrieden, hatte er doch zuvor alle Empfangsteilnehmer gebeten, seine Aufforderung nicht wörtlich zu nehmen: „Bitte antwortet flüsternd, kein Gesang, kein Gegröle!“ Und dann dichtete Andy Rotherm: „Corona, das ist allen klar, sorgt dafür, dass nichts mehr ist wie‘s war. Im kleinen Kreis und dann vermummt, der Frohsinn einfach so verstummt.“

KG-Präsident Andy Rotherm überreicht die Kappe des Ehrensenats an Bürgermeister Berthold Dittmann. © Stefan Grothues
Schunkeln, Schlipseschneiden und Bützchen – all das gibt es am Altweibertag 2021 nur als Diashow auf der Leinwand im Ratssaal, in dem Bürgermeister Berthold Dittmann am Donnerstagmorgen das Prinzenpaar Prinz Manni II. (Schwenz) und Prinzessin Susanne II. (Hornhues) sowie die Schülertollitäten Prinz Florian I. (Wolters) und Prinzessin Nelia I. (Cirtaut) samt Gefolge empfängt. Mit Maske und Abstand statt mit Ausgelassenheit und Nähe.
Frauen wollen ganz oder gar nicht feiern
Das vermissen Gisela Hilker und Birgit Thesing. Ein digitaler Ersatz, eine Zoom-Altweiber-Party kommt für sie nicht infrage. „Ganz oder gar nicht“, sagt Birgit Thesing. „Karneval heißt Zusammensein. Und das geht in diesem Jahr nicht.“ Also waltet Gisela Hilker ganz nüchtern ihres Amtes als Schatzmeisterin und überreicht Stadtkämmerer Matthias Wesker 1001 Cent als Pacht für das Grundstück, auf dem die Karnevalshalle steht.

Schatzmeisterin Gisela Hilker überreicht 1001 Cent als Pacht an Stadtkämmerer Matthias Wesker. © Stefan Grothues
Bürgermeister Berthold Dittmann übt sich in Zweckoptimismus: „Positiv ist ja, dass ich heute mit einem kompletten Schlips nach Hause gehen kann.“ Viel lieber wäre es ihm aber gewesen, zum ersten Mal in seiner Amtszeit den Sturm der Altweiber auf das Rathaus zu erleben. „Das vertagen wir auf das nächste Jahr.“
Den Karnevalisten blutet das Herz
Dann erzählt Andreas Rotherm vom Karneval im Konjunktiv: „Gestern wäre das Pfannkuchenessen gewesen, heute hätten wir schon die Kindergärten besucht gehabt, am Sonntag der Kinderumzug, am Montag der Rosenmontagsumzug..., in diesem Jahr ist aber nichts, wie es sein soll. Da blutet jedem Karnevalisten das Herz.“

Prinzessin Susanne Hornhues und Prinz Manfred Schwenz tragen sich ins Goldene Buch der Stadt Stadtlohn ein; links Bürgermeister Berthold Dittmann. © Stefan Grothues
Prinz Manni und Prinzessin Susanne nicken wehmütig. Ihre Regentschaft ist ein besonderes Kapitel im Geschichtsbuch der KG. „Zuerst war ich der Regenprinz, dann der Sturm- und Regenprinz“, so spielt Manfred Schwenz auf die Wetterkapriolen 2019 und 2020 an. „Jetzt bin ich sogar der Regen-, Sturm- und Coronaprinz.“

Der Sessions-Orden der KG "Üm Bütt un Pütt". © Stefan Grothues
Leidgeprüft ist auch das Schülerprinzenpaar. Dabei habe 2019 alles so schön angefangen, erzählt die elfjährige Nelia: „Der Einzug in die Stadthalle am 11.11. war sooo schön.“ Dann aber fiel der Kinderkarnevalsumzug 2020 wegen einer Sturmwarnung aus.

Bürgermeister Berthold Dittmann bekommt aus den Händen von KG-Präsident Andy Rotherm den Sessions-Orden überreicht. © Stefan Grothues
Wie beim „großen“ Prinzenpaar wurde ihre Regentschaft wegen der Unwägbarkeiten der Coronapandemie um ein Jahr verlängert. Doch auch in diesem Jahr gibt es wegen des Virus keinen Umzug. Präsident Rotherm schließt angesichts der anhaltenden Ungewissheit eine weitere Verlängerung der Regentschaft beider Prinzenpaare nicht aus. „Entschieden wird im Sommer“, sagt er.
Es gilt das Prinzip Hoffnung. „Ich hoffe, dass wir am 11.11. in irgendeiner Weise feiern können“, sagt Andy Rotherm und schränkt ein: „Karneval ist eigentlich das Gegenteil von Abstand. Aber die soziale Distanz wird uns sicher auf längere Zeit erhalten bleiben.“ Dann folgt noch der obligatorische Eintrag ins Goldene Buch der Stadt, eine Tasse Kaffee und ein Berliner – so still wie der Altweibertag 2021 begonnen hat, so still endet er schon um kurz nach 11.