38.500 Modelle, Kuriositäten, Zufälle Siku- und Audi-Museum in Stadtlohn feiert 25-Jähriges

25 Jahre Siku- und Audi-Museum: 38.500 Modelle und kein Ende in Sicht
Lesezeit

„Drei!“ Thomas Höing muss schmunzeln. Während im Siku-, Audi- und Oldtimer-Museum tausende Schätze schlummern, hat der Mittfünfziger selbst bisher ganze drei Autos besessen. Seit über 30 Jahren einen Audi 90 sowie – „ganz pragmatisch“ – einen T4-Bulli mit bereits 635.000 Kilometern auf dem Tacho. Und einen Audi 80 LD, Baujahr 81, saturnmetallic. Und genau dieses Fahrzeug fehlt Thomas Höing noch zum Glück. Dann wäre die einzigartige Ausstellung, die er mit Frau Karin aufgebaut hat, „rund“. In diesem Jahr blicken die beiden Stadtlohner auf das 25-Jährige des Siku-Museums zurück.

Neben den kleinen Modellen ist bei Thomas Höing früh auch die Leidenschaft für große Unikate entfacht worden. Kommissar Zufall spielt dabei immer wieder eine Rolle. Ein Coup gelang dem Ingenieur im letzten Oktober noch mit diesem ARTZ Audi 200 Kombi quattro.
Neben den kleinen Modellen ist bei Thomas Höing früh auch die Leidenschaft für große Unikate entfacht worden. Kommissar Zufall spielt dabei immer wieder eine Rolle. Ein Coup gelang dem Ingenieur im letzten Oktober noch mit diesem ARTZ Audi 200 Kombi quattro. © Michael Schley

Warum nur drei Autos? „Alles wird gehegt und gepflegt.“ Die Antwort von Thomas Höing ist so pragmatisch wie der T4 als „Alleskönner“. Gepflegt wie die Sammlung im Museum, die mittlerweile im Guinness Buch der Rekorde notiert ist und als größte der Welt ihrer Art gilt. Diese besondere Wertschätzung ist auch der Leitfaden.

Thomas Höing erinnert sich an die Kindheit. „Ich hab die Schachteln mit den Autos immer mit einem Teppichmesser geöffnet, um nichts zu beschädigen, um die Autos nachher wieder zu verpacken.“

Besuch bei Siku entfachte Feuer

Das Feuer wurde dann mit 17 Jahren bei einer Werksbesichtigung bei Siku in Lüdenscheid entfacht. „Der Chef Volker Sieper war so begeistert, dass wir extra 140 Kilometer gefahren waren“, erklärt Höing. Jedes Kind habe zusätzlich einen MAN-Bus geschenkt bekommen. Einen Satz seines Vaters auf der Rückfahrt wird er nie vergessen: „Du warst bei Siku, also musst du Siku sammeln.“

Eigentlich finden die Autos das Museum, doch bei einem besonderen Exemplar ist Thomas Höing selbst auf der Suche: Audi 80 LD, Baujahr 1981, sein erster Wagen.
Eigentlich finden die Autos das Museum, doch bei einem besonderen Exemplar ist Thomas Höing selbst auf der Suche: Audi 80 LD, Baujahr 1981, sein erster Wagen. © Michael Schley

Das Tor war geöffnet, der Führerschein war die Eintrittskarte. Köln, Düsseldorf, München, Schweden, Dänemark – „ich hab in der Folge europaweit alles abgegrast“, berichtet Thomas Höing und lacht: „In München bin ich Straßenbahn gefahren und überall ausgestiegen, wo ich einen Laden gesehen habe.“ In den „wilden Jahren“ standen 70.000 Kilometer auf der Uhr.

Mit den Autos verbinden die Höings auch persönliche Momente. In dieser Stretchlimo eines Audi 5000 Picassos fuhren sie bei ihrer eigenen Hochzeit.
Mit den Autos verbinden die Höings auch persönliche Momente. In dieser Stretchlimo eines Audi 5000 Picassos fuhren sie bei ihrer eigenen Hochzeit. © Michael Schley

Das Fundament für ein Museum war da: In Vreden habe man kein passendes Grundstück gefunden, aber in Stadtlohn an der Bessemerstraße. Am 1. Dezember 1999 eröffnete dort ein „großes Bonbon für Modellliebhaber“, die ganze Welt der Siku- und Audi-Modelle. Neben einem Verkaufsraum gab es eben auch das erste Modellautomuseum mit zunächst 5000 Modellen.

„Wir dachten, das reicht. Falsch gedacht“, meint der Ingenieur. Die Sammlung wurde immer größer und brauchte Platz. 2006 waren es schon 450 Quadratmeter, 2008 über 8.500 verschiedene Modelle der Firma Siku und der Marke Audi.

Mittlerweile 38.500 Modelle weist die Modellsammlung auf, darunter die komplette Siku-Serie seit 1951. Und es kommen immer mehr hinzu.
Mittlerweile 38.500 Modelle weist die Modellsammlung auf, darunter die komplette Siku-Serie seit 1951. Und es kommen immer mehr hinzu. © MARKUS GEHRING

Die Höings standen wieder am Scheideweg, es wurde zu groß. Und auch die Ideen wurden „größer“. „Dann sind wir zu Audi nach Ingolstadt gefahren“, blickt Thomas Höing zurück. Mit dem Ansinnen, sich bei den „Großen“ gerne auf Nachkriegsmodelle und Sonderkarosserien von Audi zu konzentrieren.

Die Antwort lautete: „Wir haben nichts damit zu tun.“ Aber: „Weil ich so einen Spaß daran habe, hat man uns die Freigabe erteilt“, schmunzelt Thomas Höing. Es konnte sich auf dem Grundstück an der von-Ardenne-Straße erweitert werden. „Auf dem Rückweg schossen mir schon viele Ideen in den Kopf“, erinnert er sich. Das meiste hat der Bauingenieur natürlich selbst geplant und umgesetzt.

Blick in ein Unikat eines Audi 80 quattro: Mit diesem fuhren die Höings 2023 zum Treser-Treffen.
Blick in ein Unikat eines Audi 80 quattro: Mit diesem fuhren die Höings 2023 zum Treser-Treffen. © Michael Schley

Mit dem 27. Juni 2010 wurde in den neuen Räumlichkeiten ein nächster Meilenstein gesetzt. Mit 32 Old- und Youngtimern sowie 10.500 Siku- und Audi-Modellen auf einer Ausstellungsfläche von 2200 Quadratmetern. Heute steht das Museum bei sage und schreibe 38.500 Modellen und 90 „echten“ Old- und Youngtimern. Eben Weltrekord, inoffiziell.

Im Guinnessbuch der Rekorde ist eine Modellautoausstellung mit 27.777 Modellen eingetragen. „Zu teuer.“ Wieder ganz pragmatisch nennt Thomas Höing den Grund, warum man die Bestmarke noch nicht offiziell hat bestätigen lassen. Das Geld lasse sich besser in die Ausstellung investieren. Die private Sammlung umfasst die komplette Modellhistorie der Spielwarenmarke Siku von 1951 bis heute.

Zu jedem Auto hat Thomas Höing die Geschichte recherchiert. Dieses Wissen will er an seine Gäste aus aller Welt weitergeben.
Zu jedem Auto hat Thomas Höing die Geschichte recherchiert. Dieses Wissen will er an seine Gäste aus aller Welt weitergeben. © Michael Schley

Zu den „Großen“: Die Augen des Ingenieurs strahlen, wenn er die vielen Unikate und Prototypen aufzählt. Zum Beispiel den Audi 5000 Picasso als Stretchlimo für die eigene Hochzeit. Walter Treser persönlich war Augenzeuge. Und er kennt zu jedem Auto die Geschichte, die er auch aufschreibt. Wie wurde aus einem einfachen Audi 100 ein Bischofberger Wohnmobil? Wie gelang die Zusammenführung eines Audi 100 Avant quattro C3 Feuerwehr nach vielen Jahren mit dem Audi A4 Avant vom Bayerischen Roten Kreuz?

Seit 25 Jahren begeistern Karin und Thomas Höing kleine und große Gäste mit ihrer einzigartigen Sammlung. Zum Beispiel mit diesen drei Prototypen der Bischofberger Wohnmobile.
Seit 25 Jahren begeistern Karin und Thomas Höing kleine und große Gäste mit ihrer einzigartigen Sammlung. Zum Beispiel mit diesen drei Prototypen der Bischofberger Wohnmobile. © Michael Schley

Es gibt auf dieser Reise immer wieder Überraschungen. Oktober 2023. Da stieß Höing auf ein Fahrzeug, das er selbst als 16-Jähriger in Vreden gesehen hatte: einen ARTZ Audi 200 Kombi quattro von 1980. „Der wurde bei Treser als Allrad bis auf 400 hoch- und dann auf 320 PS runtergedreht. Eingetragen sind ‚nur‘ 250“, erklärt Thomas Höing.

Letztlich kam heraus, dass dieser Wagen 1984 als Fotowagen auf der Rallye Monte Carlo eingesetzt war und dabei den Servicewagen der Ikone Walter Röhrl „aus dem Graben gezogen“ hatte. „Mal eben so“, lacht Höing. Später sei in den Wagen eingebrochen worden. „Geklaut wurde Kartoffelsalat mit Würstchen.“

20 Jahre habe er mal nach einem Audi 80 Quattro gesucht, „bei Lansing stand einer, den ich immer bewundert hatte“. 2022 wurde er fündig. Und wieder spielte der Zufall eine Rolle. „Von exakt diesem Modell wurde nur einer gebaut“, erklärt Thomas Höing. Das mit den kleinen Instrumenten im Armaturenbrett. Die Augen funkeln beim Blick hinein. Einer seiner „Lieblinge“, mit dem er mit Karin 2023 zum Treser-Treffen gefahren war, wie dem Aufkleber zu entnehmen ist. „Da ist Musik drin.“ Thomas Höing scheint beim Erzählen das kernige Röhren des Motors im Ohr zu haben.

Sammlung wächst stetig weiter

70 bis 80 Stunden verbringen die Höings wöchentlich im Museum, dem noch ein großer Shop angeschlossen ist. „Weil es einfach Spaß macht.“ Nicht nur für sie sei ein Besuch eine Reise in die eigene Kindheit, auch für viele Clubs, Vereine, Familien. Und so wächst die Sammlung auch weiter. An die 100 Modelle im Monat im Schnitt.

Hinter dieser Tür beginnt für den Gast eine ganz besondere Zeitreise, die selbst den Weg ins Guiness Buch der Rekorde gefunden hat.
Auch Gruppen kommen immer wieder zu Besuch. Selbst eine Kinderecke ist eingerichtet. © Michael Schley

Vieles werde auch an sie herangetragen. „Wir suchen nicht, die Autos finden uns. Letztens war noch eine ältere Dame da. Die schaute sich erst um, dann sollten wir mal zu ihrem Auto kommen“, erzählt Thomas Höing. Im Kofferraum: ein Schuhkarton. Und: „Bei einem Auto sind wir testamentarisch als Empfänger schon eingetragen“, sagt der Sammler und muss wieder lachen. Und überhaupt: „Wenn uns die Menschen etwas schenken, ist das für uns wie ein Weihnachtsgeld.“

Seit 2010 öffnet das Museum an der von-Ardenne-Straße seine Türen. An sieben Tagen in der Woche.
Seit 2010 öffnet das Museum an der von-Ardenne-Straße seine Türen. An sieben Tagen in der Woche. © Michael Schley

Apropos Weihnachten und zurück zum Audi 80 LD: „Egal, wo der auftaucht: Ich flieg hin“, betont Thomas Höing. So wie in seinen „wilden Jahren“. Und sollte der Höingsche Einsteiger tatsächlich auftauchen, dann wird Thomas Höing wieder alles daran setzen, die komplette Geschichte dahinter zu recherchieren. „Wir wollen unser Wissen weitergeben, mit Liebe und Herzblut.“

Man müsse schon etwas „bekloppt“ sein, also positiv bekloppt. Wie bei allen, die mit Leidenschaft ein Hobby zum Beruf machen. Das trifft sicher auch auf den Reporter zu, der jüngst extra des Museums wegen nach Stadtlohn gekommen war. Aus Japan…