Wer war Herta Lebenstein? So ist das Arbeitsheft untertitelt, das die Schülerinnen und Schüler der gleichnamigen Realschule erstellt haben. Es soll allen künftigen Mitschülern eine wichtige Orientierung geben. Aus aktuellem Anlass wurde das Heft neu aufgelegt: Am 3. Mai 2024 wäre die Namensgeberin der Realschule 100 Jahre alt geworden.
Auch an der Herta-Lebenstein-Realschule wird es an diesem Datum einen Aktionstag geben, es soll unter anderem an Stationen ihres Lebens erinnert werden. Eine besondere Ergänzung gibt es schon am Donnerstag, 25. April.

Lückentexte, Lebenslauf, gar ein Stadtrundgang mit den wesentlichen Stationen jüdischen Lebens in Stadtlohn sind im Heft aufgeführt. So wie sich die Schülerinnen und Schüler auf Spurensuche begeben können, so hat es auch Winfried Nachtwei getan. Der frühere Bundestagsabgeordnete für Bündnis90/Die Grünen und Experte für Friedens- und Sicherheitspolitik hat sich vor allem der Erinnerungsarbeit zu Judendeportationen – unter anderem nach Riga – gewidmet.
„Seit 1989 hat Nachtwei Riga immer wieder besucht und ist den Spuren der Verschleppten, insbesondere der Münsterländer Juden, im Zweiten Weltkrieg nachgegangen“, berichtet Josef Balke, ehemaliger Lehrer und Mitglied des Arbeitskreises Stadtlohner Geschichte 1933-45. Winfried Nachtwei war zudem Mitinitiator des Riga-Komitees, Stadtlohn ist dort seit 2012 Mitglied.

Ebenso ist der frühere Gymnasiallehrer Mitglied im Vorstand der Vereinigung „Gegen Vergessen – Für Demokratie“, die die Schule bereits im Rahmen der offiziellen Namensgebung vor 24 Jahren unterstützte. Am Donnerstag, 25. April, wird der 78-Jährige in der Schule – wie schon im Jahr 2000 vor 150 beeindruckten Zuhörern – seinen Dia-Vortrag „Nachbarn von nebenan – verschollen in Riga“ halten. Die öffentliche Veranstaltung beginnt um 18 Uhr, der Eintritt ist frei.
Ausstellung in der Schulaula
Die Begrüßungsworte wird Berthold Dittmann halten, der Bürgermeister blickt im Gespräch noch einmal auf die Namensgebung im Jahr 2000 zurück. „Es ist schon etwas Besonderes, dass eine Schule nicht nach einem bekannten jüdischen Opfer, sondern nach einem Menschen aus der Stadt benannt wurde“, erklärt er. Einem Mädchen aus Stadtlohn. Das steigere die Identifikation mit der „Herta“ gerade bei den Kindern und Jugendlichen. Die damit verbundenen Überzeugungen seien nicht zuletzt in der Schulhymne festgehalten.
Mit der Verbindung zum Riga-Komitee schließe sich ein Kreis. „Das ist genau das, was das Riga-Komitee darstellt“, betont auch Josef Balke. Für ihn sei diese Erinnerungskultur eine Herzensangelegenheit.
Aktuell läuft parallel bereits eine Ausstellung zum jüdischen Leben in Stadtlohn und zu den Familien Lebenstein, Falkenstein und Meyers. Zu sehen ist ebenso das bekannte „letzte Foto“, das auch im Arbeitsheft abgebildet ist. Herta Lebenstein war 17 Jahre alt, als am 10. Dezember 1941 dieses letzte Foto von den Stadtlohner Juden gemacht wurde, bevor sie nach Münster gebracht wurden.
Besucht werden kann in der Aula ebenso die Ausstellung des Deutschen Riga-Komitees über die Deportation der Stadtlohner und Münsterländer Juden in das Ghetto Riga und das weitere Schicksal dieser Menschen.