Eine aktuelle Auswertung der AOK NordWest bei ihren Versicherten hat ergeben, dass in 2021 in 528 Fällen ein Verdacht geäußert und weiterverfolgt wurde. In den beiden Jahren zuvor waren es noch 626 (2020) und vor Corona in 2019 insgesamt 807 Fälle. Der Rückgang ist vor allem auf die Corona-Pandemie zurückführen.
Operationen wurden verschoben
„Insbesondere in der ersten Hochphase der Pandemie mussten zahlreiche operative Eingriffe verschoben werden, die nur vereinzelt nachgeholt wurden“, sagt Tom Ackermann, Vorstandsvorsitzender der AOK NordWest. Der AOK-Chef wies darauf hin, dass nach wie vor viele Patientinnen und Patienten Schwierigkeiten bei der Durchsetzung ihrer Rechte hätten, wenn sie einen Behandlungsfehler oder einen Schaden durch ein fehlerhaftes Medizinprodukt oder ein Arzneimittel vermuten.
„Hier ist die Bundesregierung gefordert, ihr Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag anzupacken und das Patientenrechtegesetz von 2013 endlich im Sinne der Patientinnen und Patienten konsequent weiterzuentwickeln.“
Was tun bei Verdacht auf Behandlungsfehler?
Bei einem Verdacht auf einen Behandlungsfehler hilft die AOK ihren Versicherten mit einer fachkundigen Beratung durch Experten und Mediziner. „Damit stärken wir die Rechte der Patienten und profilieren uns als Anwalt unserer Versicherten“, so Ackermann.
Die AOK-Experten fordern zum Beispiel Behandlungsunterlagen an, koordinieren externe Gutachten und bewerten diese, fertigen selbst welche an und stellen diese den Versicherten kostenfrei zur Verfügung. In rund 80 Prozent der Fälle wird kein beweisbarer Medizinschaden festgestellt oder es handelt sich um einen unberechtigten Vorwurf. Hier unterstützt die AOK die Ärzte oder sonstigen Behandler bei der Aufklärung der Patienten.
In rund 20 Prozent der Fälle handelt es sich jedoch um einen Behandlungsfehler. Allein in den vergangenen drei Jahren hat die AOK NordWest gerichtlich oder im Vergleich mit Haftpflichtversicherern insgesamt rund 10,7 Millionen Euro erfolgreich durchgesetzt.
In welchen Fachbereichen sind Behandlungsfehler am häufigsten?
Vor allem in den operativen Fachrichtungen wie Chirurgie, Orthopädie und Gynäkologie aber auch in der Zahnheilkunde wird häufig der Verdacht auf einen Behandlungsfehler geäußert. „Hier sind mögliche Fehler für die Versicherten eher ersichtlich. Doch häufig entstehen Medizinschäden nur deshalb, weil auf eine ohne Verschulden eingetretene Komplikation nicht richtig oder nicht rechtzeitig reagiert wird“, so der AOK-Chef.
Offene Fehlerkultur als Lernbasis
Insgesamt gilt es aus Sicht Ackermanns, Behandlungs- und Pflegefehler sowie kritische Ereignisse noch stärker als bisher als Quelle von Lernprozessen zu nutzen. „Dazu braucht es einen optimierten Zugang zu Verdachts- und Schadensfällen und eine offene Fehlerkultur in allen Einrichtungen des Gesundheitswesens.“
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