Zeltstadt in Bork Stadt Selm spart durch Unterkunft sechsstellige Summe

Zeltstadt in Bork: Stadt spart durch Unterkunft sechsstellige Summe
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Wenige Monate vor dem Jahresende steht nicht fest, wie es mit der Zeltstadt in Bork weitergeht. Die Bezirksregierung Arnsberg hatte zuletzt das Ende dieses Jahres als Termin für das zeitliche Ende der Notunterkunft genannt. Auch Landrat Mario Löhr hatte dies zuletzt gefordert und sprach von einem „spätestens“, was den Zeitpunkt betrifft. Derzeit laufen Verhandlungen über die Zukunft der Unterkunft.

Die Herausforderung für das Land NRW, dessen Vertreter des Bezirksregierung ist, besteht jedoch darin, dass der Zuzug von Geflüchteten steigen wird. Das hatte der Städte- und Gemeindebund den Kommunen Mitte August mitgeteilt. Dementsprechend braucht das Land Kapazitäten, auch weil der Ausbau von anderen Einrichtungen stockend läuft.

Selms Bürgermeister Thomas Orlowski sagt: "Eine Notunterkunft in dieser Art noch zwei, drei Jahre zu haben, das würde ich nicht mitmachen.“
Selms Bürgermeister Thomas Orlowski sagt: „Eine Notunterkunft in dieser Art noch zwei, drei Jahre zu haben, das würde ich nicht mitmachen.“ © Jura Weitzel

Daher sagt Christoph Söbbeler von der Bezirksregierung Arnsberg: „Das Land arbeitet daher mit Hochdruck am Aufbau weiterer Kapazitäten. Eine Unterbringung von Geflüchteten in Notunterkünften, insbesondere in Leichtbauhallen wie Selm, ist nicht ideal, zurzeit aber eine erforderliche Maßnahme.“

Bürgermeister Thomas Orlowski teilt gegenüber der Redaktion mit, was er von einer Verlängerung der Zeltstadt halten würde. „Eine Unterbringung in dieser Form über das Jahr 2024 hinaus wird von der Stadt Selm nicht unterstützt.“

Zudem sagt Orlowski: „Ich habe die Bezirksregierung aufgefordert, eine Unterbringung dieser Menschen kurzfristig anderweitig zu gewährleisten. Bis heute ist kein Antrag der Bezirksregierung Arnsberg auf eine Verlängerung der Duldung der Notunterkunft bei der Stadtverwaltung eingegangen.“

Einsparungen von 115.000 Euro

Fest steht aber auch: Durch die Zeltstadt erhält die Stadt Selm weniger Zuweisungen von Geflüchteten, die sie in städtischen Einrichtungen unterbringen muss. Die Folge: Die Kommune spart Geld - und das nicht zu knapp. „Tatsächlich errechnen sich monatlich derzeit etwa 115.000 Euro Minderaufwendungen. Dies entspricht dem ungedeckten kommunalen Anteil, der nicht durch Bund oder Land finanziert würde“, erklärt Stadtsprecher Malte Woesmann auf Anfrage.

Zur Erklärung: Unter Minderaufwendungen versteht man finanzielle Aufwendungen im Haushalt, die geringer ausgefallen sind als im Haushaltsplan veranschlagt. Einsparungen von 115.000 Euro im Monat stellen also für den ohnehin klammen Haushalt eine beachtliche Summe dar.

Ohne Genehmigung erbaut

Rein rechtlich ist die Lage so: Aktuell wird die Notunterkunft in Bork von der Stadt Selm geduldet. Das bedeutet: Die Zeltstadt wurde ohne Genehmigung errichtet. Mit einer Duldung sichert die Stadtverwaltung damit zu, dass trotz fehlender Baugenehmigung nicht ordnungsbehördlich tätig geworden wird und die Nutzung fortlaufen kann. Im vorliegenden Fall ist die Nutzung der Notunterkunft an mehrere Auflagen geknüpft und zeitlich befristet, beschreibt Woesmann.

Denn: Grundsätzlich handelt es sich bei der Errichtung der Notunterkunft um ein genehmigungspflichtiges Vorhaben. Werden bauliche Anlagen ohne die vorherige Einholung einer Baugenehmigung errichtet und auch in Nutzung genommen, kann die Bauaufsicht ordnungsbehördlich einschreiten und die sofortige Nutzungsuntersagung aussprechen.

150 Geflüchtete aktuell in Selm

Fakt ist: Wenn die Zeltstadt zum Ende des Jahres schließt, ist die Kommune verpflichtet, mehr Geflüchtete aufzunehmen. Zur Zeit leben etwa 150 Menschen in den städtischen Unterkünften, wie Woesmann mitteilt. Darüber hinaus bestehe in den Unterkünften aktuell noch eine Kapazität für etwa 100 Menschen.

Falls die Möglichkeit der Unterbringung in den städtischen Räumlichkeiten nicht mehr ausreicht, müsse es das Ziel sein, „auch den öffentlichen und privaten Wohnungsmarkt mit einzubeziehen“, sagt der Stadtsprecher. „Je nach Anzahl der Zuweisungen laufen Planungen und Gespräche, um alle Kapazitäten im Bedarfsfall zu nutzen.“

Anmerkung der Redaktion: In einer vorigen Version hatten wir geschrieben, dass der Bürgermeister einer Unterbringung über das Jahr 2023 hinaus nicht unterstützt. Das war falsch, wir haben das Zitat entsprechend geändert.

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