Zehn Euro für jeden? Förster aus Cappenberg hat Idee zur Rettung des Waldes

© Günther Goldstein (Archiv)

Zehn Euro für jeden? Förster aus Cappenberg hat Idee zur Rettung des Waldes

rnSchäden im Wald

Das Wetter der letzten Jahre macht dem Wald zu schaffen. Auch dem Cappenberger Wald geht es so schlecht wie noch nie. Der Förster hat ein Idee, was wäre, wenn jeder zehn Euro im Jahr zahlen würde?

Cappenberg

, 26.09.2020, 10:20 Uhr / Lesedauer: 4 min

Elmar Berks redet gerne über den Wald, das merkt man, wenn man sich mit dem Förster, der für den Cappenberger Wald zuständig ist, unterhält. Fragen beantwortet er immer ausführlich und geduldig. Auch wenn die Nachrichten über den Zustand des Waldes eher deprimierend sind. Nein, auch 2020 war kein gutes Jahr für den Wald, erklärt Berks.

Dem Wald geht es so schlecht wie nie

„Es fehlt so viel Wasser, das kann man gar nicht mehr auffüllen. Eigentlich müsste es ein halbes Jahr durchregnen“, erklärt Berks. Wie es dem Wald geht, das zeigt seit 1984 auch eine Erhebung des Bundeslandwirtschaftsministerium. Dieses gibt zu Beginn des Jahres den Waldzustandsbericht heraus.

Das Ergebnis des Berichts für 2019 in Kurzform: Dem Wald ging es noch nie so schlecht wie jetzt. Für Nordrhein-Westfalen stellt das NRW-Umweltministerium heraus: „Nur etwa jeder fünfte Baum in Nordrhein-Westfalen weist keine Schäden auf.“ Das bedeutet: 19 Prozent der Bäume sind schadfrei, 2018 waren es mit 22 Prozent noch etwas mehr gewesen.

„Die Zahlen sind alarmierend. Unser Wald ist krank, er braucht unsere Hilfe im Klimawandel – er braucht Zukunft“, hatte NRWs-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser bei der Vorstellung des Berichts gesagt.

Zahlreiche Bäume werden gefällt

Elmar Berks kann das für den Cappenberger Wald bestätigen. Es sei nicht nur die Fichte, die unter den klimatischen Bedingungen zu leiden habe. Auch nicht nur die Buche und schon gar nicht nur einzelne Buchen wie die prominente Steinsbuche an der Grenze zwischen Lünen und Cappenberg, die ebenfalls wegen Trockenheitsschäden jüngst von der Stadt Lünen gefällt werden musste. „Das ist nur eine von vielen Buchen“, sagt Berks. „Es zieht sich durch alle Arten.“ Auch er sagt: 20 Prozent sind maximal gesund, der Rest sei geschädigt.

Viele trockene Buchen musste Elmar Berks im September 2020 im Cappenberger Wald fällen. Das diente der Verkehrssicherung.

Viele trockene Buchen musste Elmar Berks im September 2020 im Cappenberger Wald fällen. Das diente der Verkehrssicherung. © Günther Goldstein

Aktuell ist Berks damit beschäftigt, beschädigte Bäume zu sichern und zu fällen. Dabei geht es konkret darum, dafür zu sorgen, dass Bäume nicht zur Gefahr für Autofahrer werden und Äste auf die Straße krachen. „Angefangen haben wir in Südkirchen, bis wir in Lünen sind, ist Mitte Oktober“, erläutert Berks. Das habe auch schon früher so lange gedauert - Berks ist seit acht Jahren Förster im Cappenberger Wald - aber mittlerweile macht er solche Begehungen etwa alle drei Monate.

Die Forstbetriebe leiden

Kranke Bäume ausfindig machen und fällen: Das gehört für einen Förster unbestreitbar zur Arbeit mit dazu, inzwischen habe es aber einen Überhang eingenommen, warnt Berks. „Wir sind am Maximum angelangt“, sagt der Förster. „Man kann so einfach keine nachhaltige Forstwirtschaft mehr machen.“ Für die Forstbetriebe bedeute das auch, dass ihre Arbeit sich weniger lohne. Es gebe einen Holzüberhang auf dem Markt und gerade beschädigtes Holz, das wolle keiner mehr haben. „Die Forstbetriebe leiden finanziell“, sagt Berks.

Auch Umweltministerin Heinen-Esser hatte die Probleme der Forstbetriebe Anfang des Jahres zur Sprache gebracht und auf Fördertöpfe verwiesen. Die Förderung sei aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, sagt Berks, „da muss mehr kommen“, findet er.

Direktes Geld für den Wald

Berks hätte da eine eigene Idee, wie mehr Unterstützung für den Wald generiert werden könne: „Jeder darf den Wald nutzen“, sagt Berks. Er dürfe darin joggen, spazieren gehen, Pilze sammeln, wenn der Wald nicht gerade unter Naturschutz steht. „Eigentlich müsste jeder Deutsche eine Pauschale zahlen“, würde er sich wünschen. Zehn Euro im Jahr, das würde schon reichen, findet Berks. Das wäre etwa eine Pizza beim Italiener, ein günstiger Pullover oder ein paar Euro mehr als das Abo beim Streaming-Anbieter monatlich kostet.

„Dann kann man auch mit gutem Gewissen wieder den Wald genießen“, sagt der Förster. Eine andere Möglichkeit wäre, das Geld über eine CO2-Steuer zu generieren, überlegt Berks.

Weitere Förderung auch aus Corona-Konjunkturprogramm

Die Idee mit einer Abgabe für Bürger werde sich nicht durchsetzen lassen, sagt Michael Blaschke, Sprecher von Wald und Holz NRW. Aktuell gebe es aber viele Ideen und die müssten diskutiert werden, „denn irgendwo muss das Geld ja herkommen“. Blaschke macht es so deutlich: Bisher konnten Waldbesitzer mit den Einnahmen aus dem Verkauf von Bäumen ihre Kosten auch decken und so den Wald der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. Erlöse aus Investitionen in Neuaufforstungen, die sie jetzt stemmen müssen bekommen sie aber nie zu sehen - sondern höchstens ihre Enkel. Wenn sich Waldbesitzer dann aus arger Not heraus entscheiden, Ackerland aus Wäldern zu machen, dann sei das ein riesiger Verlust.

Auch diese Buchen sind durch Trockenheit beschädigt.

Auch diese Buchen sind durch Trockenheit beschädigt. © Günther Goldstein

Das NRW-Umweltministerium verweist auf Anfrage auf die eine Idee, die ebenfalls in Zusammenhang mit CO2-Prämien steht und die schon länger in der Diskussion ist: die Baumprämie. Sie würde den Waldbesitzern dafür gezahlt, dass die Bäume CO2 spenden. Bei der Agrarministerkonferenz, die am Freitag, 25. September, im Saarland stattfand sprach sich NRWs Umwelt-Ministerin Heinen-Esser erneut für die Prämie aus.

„Wir benötigen gesunde und intakte Wälder, die das Klima schützen, die Luft reinigen, Wasser und Boden schützen und Hort für Pflanzen und Tiere sind. Zur Anerkennung dieser Leistungen wäre daher eine zusätzliche Baumprämie ein geeignetes Instrument“, so Heinen-Esser. Mit dem „Energie- und Klimafonds“ des Bundes stehe eine Finanzierungsmöglichkeit für Klimaschutzmaßnahmen zur Verfügung. Ihre Kollegin im Bund, Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) sieht das Modell dagegen eher skeptisch: „Ich kenne noch kein Modell einer Baumprämie, das ausgereift ist“, hatte Schulze jüngst gesagt.

Und Förster Elmar Berks, was kann er aktuell gegen die Klimaschäden tut? Aufforsten mit Bäumen, die hoffentlich besser für die wärmeren Bedingungen geeignet sind. Zum Beispiel durch die Küstentanne, die Eiche, Roteiche, die Esskastanie oder die Douglasie. Ob sie sich als die richtige Wahl herausstellen, dass werde man in 20 bis 30 Jahren sehen. Im Moment gelten diese Bäume als zukunftsfähig, sagt Elmar Berks. Eins ist aber in jedem Fall klar: „Der Wald sieht in 20 bis 30 Jahren ganz anders aus.“

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