„Wie oft übt Ihr, einen Schlauch neu zu legen?“, fragt Henning Swierski. „Regelmäßig“, lautet unisono die Antwort der Männer, die der hauptamtlichen und freiwilligen Waltroper Feuerwehr angehören. „Und wie oft übt Ihr, mit den Einsatzfahrzeugen zu fahren?“, fragt der Fahrsicherheitstrainer. Er gibt die Antwort selbst: „So gut wie nie.“ Und um das zu ändern, nehmen an diesem Tag elf Feuerwehrleute und Kräfte des Waltroper Rettungsdienstes teil an einem Fahrsicherheitstraining; auf dem Gelände des „Forschungs- und Technologiezentrums Ladungssicherung Selm“. Mit dabei haben sie einen „Mannschaftstransportwagen“, einen Rettungswagen und ein Feuerwehreinsatzfahrzeug, also einen LKW.
Der Fachmann sagt, wie‘s geht
Vorrangiges Ziel: Eine Gefahrenbremsung richtig zu lernen. Und wie sieht die aus? „Man muss schlagartig durchbremsen und den Bremsdruck bis zum Schluss halten“, gibt der Fachmann vor.
Die Fahreigenschaften der drei verschiedenen Fahrzeuge sind alle unterschiedlich. „Beim LKW kommt noch hinzu, dass er einen Wassertank hat. Und das hin und her schwappende Wasser merkst du als Fahrer natürlich“, erläutert der Pressesprecher der Waltroper Feuerwehr, Jochen Möcklinghoff. Nach einer theoretischen Einführung geht es raus auf die Strecke. Zunächst lautet die Aufgabe, auf normalem, aber bewässertem Straßenuntergrund zu bremsen: erst bei Tempo 30, dann geht es über 50 km/h bis Richtung 100 km/h.
Besonders imposant ist zu beobachten, wie lange es dauert, ehe das große Löschfahrzeug zum Stehen kommt. „Ein Träumchen“, lobt Henning Swierski diese Gefahrenbremsung.

Ich darf bei der nächsten Runde im LKW als Beifahrer mitfahren. Frederic Baumhöfner lenkt das Fahrzeug. „Wir sind oft in Ausnahmesituationen unterwegs, da finde ich es total wichtig, dass wir unser Fahrzeug unter solchen Bedingungen besser kennenlernen.“ Jetzt steht Tempo 80 auf dem Plan. Frederic Baumhöfner nimmt Anlauf, es dauert, ehe der LKW in Schwung kommt. Der bewässerte Teil der Fahrbahn rückt immer näher. Ich weiß, dass dort, wo die Pylone an der Seite aufgestellt sind, gebremst werden soll. „Ich bin gespannt, was bei diesem hohen Tempo passiert“, sagt Frederic Baumhöfner höchst konzentriert.
Und dann passiert es. Er drückt die Bremse voll durch. Trotz des nassen Untergrundes bleibt der LKW in der Spur. Unsere Oberkörper gehen automatisch nach vorne, der Sicherheitsgurt erledigt deutlich spürbar seinen Job. Als der Wagen dann ein gutes Stück weiter zum Stehen kommt, werden wir in den Sitz gedrückt. Das war es: Durch das Funkgerät hört Frederic Baumhöfner das Lob: „Sehr gut gemacht.“ Wir schauen uns an: „War doch gar nicht so schlimm.“

Wie aber ist wohl das Gefühl, auf der Trage im Rettungswagen angeschnallt zu sein. Dort, wo man durch zwei kleine Fenster in den Türen nur ein wenig vom Selmer Himmel sieht? In dem man eine Vollbremsung rückwärts fahrend erlebt! „Traust Du Dich das?“, werde ich gefragt. „Klar!“
Bei dieser Fahrt gehören Jörg Klein und Christoph Schmiemann zur Besatzung des RTW. Sie schnallen mich an. Selbst die Beine sind fixiert, ich liege wie in einer Mulde. Zudem stellen sie das Kopfteil etwas höher.
Bei der ersten Testfahrt bei Tempo 30 bin ich schon aufgeregt. Worauf habe ich mich hier eingelassen? Ich denke, der entscheidende Vorteil ist, dass ich ja weiß, dass gleich voll gebremst wird. Anders als im Fond des LKW kann ich den Bremspunkt aber nicht sehen, nur erahnen. Und dann ist der Moment gekommen: Ich werde in die Trage gepresst. Nicht schlimm, alles gut.

„Willst Du noch weiter mitfahren?“, werde ich gefragt. „Natürlich!“ Die Anfahrt bei Tempo 70 fühlt sich an, als säße ich in einem startenden Flugzeug. In der Gewissheit, dass gleich die Vollbremsung erfolgt, warte ich gespannt. Die Auswirkungen sind heftiger als zuvor, aber problemlos auszuhalten. Worüber ich mir aber Gedanken mache: Wäre ich jetzt wirklich eine Patientin und würde während der Fahrt mit dem RTW behandelt werden müssen - wie erginge es dem Sanitäter, der nicht angeschnallt ist?
Zu spüren ist, dass dieses Fahrsicherheitstraining die Waltroper Einsatzkräfte noch mehr sensibilisiert. Auch für den Gedanken, dass man nicht nur am Einsatzort einen Top-Job machen will und muss. Sondern, dass man auch sicher dort hinkommt und zurückfährt.
Im weiteren Trainingsverlauf werden weitere Szenarien durchgespielt. So werden plötzlich auftretende Hindernisse mit Wasserfontänen simuliert. Gebremst wird zudem auf nasser und zudem sehr glatter Fläche.
Und? Wie haben sich die Waltroper Einsatzkräfte geschlagen? „Man merkt, dass sie eine Menge an Fahrerfahrung haben. Sie wollten harte Kritik“, sagt Henning Swierski mit einem Schmunzeln. Und fügt lobend hinzu: „Das haben sie richtig gut gemacht.“
