Neue Hinweise nach Tod an der Burg Botzlar in Selm Sturz von Gerüst auf einem Video zu sehen

Todesfall an der Burg Botzlar: Sturz von Gerüst auf Video zu sehen
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Der tödliche Unfall an der Burg Botzlar sorgte vergangenes Jahr für Entsetzen in Selm: Am 26. September stürzte ein 45-jähriger Dortmunder – kurz vor Abschluss der mehr als zwei Jahre dauernden Sanierungs- und Umbauarbeiten – auf der Rückseite des Gebäudes fast zwölf Meter tief von einem Gerüst. Er starb noch an der Unfallstelle. Zwar wurden unmittelbar darauf Ermittlungen aufgenommen, viele Fragen blieben aber bis zuletzt ungeklärt.

Eine davon war die, wie es überhaupt so weit kommen konnte, dass ein Gerüstbauer mit langjähriger Erfahrung in den Tod stürzen konnte. Aus Zeugenbefragungen hatte die Staatsanwaltschaft bereits die Informationen erhalten, dass sich der Mann ohne persönliche Schutzausrüstung wie Helm und Sicherungsgurt auf dem Gerüst aufgehalten haben soll und zum Zeitpunkt des Unfalls keinen Auftrag für die Arbeit dort oben gehabt habe.

Den Zeitpunkt des Sturzes können die Behörden aber sehr genau nachvollziehen. In der Akte zum Fall gab es bereits einen Vermerk, dass es ein Video zu dem Vorfall gibt. Weil das aber nicht beigefügt war, blieb zuerst auch unklar, ob es das Material (noch) gibt. Nun bestätigt Staatsanwältin Maribel Andersson auf Anfrage, dass ihr dieses Video vorliegt. Und: „Da ist alles drauf zu sehen.“

Das Bewegtbildmaterial bestätigt die Staatsanwaltschaft in ihrer Vermutung, dass ein Bauteil des Gerüstes nicht korrekt eingerastet gewesen sein muss. „Da war etwas locker“, so Andersson. Denn unmittelbar vor dem Sturz des Dortmunders ist auf dem Video zu erkennen, wie ein Teil des Gerüst-Belages aus Metall Richtung Boden gefallen war.

Mehrere Kameras

Dass den Ermittlungsbehörden dieses Beweismaterial vorliegt, ist vermutlich einem Sicherheitsunternehmen geschuldet: Mehrere Kameras überwachen das Gelände auf der Rückseite der Baustelle – eigentlich zum Schutz gegen Diebstahl und Vandalismus. Eine Kamera war dabei offenbar auch auf das Gerüst gerichtet, das noch im September vergangenen Jahres die dortige Nottreppe umschloss.

Nach Angaben des Überwachungsunternehmens werden Aufnahmen üblicherweise nur für 72 Stunden gespeichert. In Ausnahmefällen aber auch länger: „Maximal 21 Tage werden die Videos für die Strafverfolgungsbehörden vorgehalten, bevor sie aufgrund der datenschutzrechtlichen Vorgaben dauerhaft wieder gelöscht werden.“

Baustelle Burg Botzlar
Nur wenige Meter vom Gebäude entfernt wurde die Baustelle auch im Januar noch von Kameras (rechts) überwacht. © Arndt Brede

Eine Auskunft, dass die Aufnahme tatsächlich aus einer seiner Überwachungskameras stammt, wollte das Unternehmen am Mittwoch (5. März) auf Anfrage der Redaktion nicht geben und verwies an die Staatsanwaltschaft. Aber auch dort konnte diese Annahme nicht zweifelsfrei bestätigt werden. Die Position der aufgestellten Kameras deutet allerdings darauf hin. Im näheren Umfeld hinter der Burg Botzlar befinden sich zudem nur Wohnhäuser und keine Geschäfte, die womöglich eine Überwachungskamera installiert haben könnten.

Akte in Papierform

Klar ist: Aufgrund der vorliegenden Informationen seien noch mehrere Ermittlungsaufträge an die Polizei erteilt, bestätigt Maribel Andersson. Dadurch, dass die Akte zu dem Fall noch in Papierform geführt wird, sei der Prozess aufwändiger und zeitintensiver, da die Unterlagen für weitere Ermittlungen regelmäßig zwischen der Staatsanwaltschaft Dortmund und der zuständigen Kreispolizeibehörde in Unna versendet werden. Dass es bei dem Vorgang viele verschiedene Beteiligte – unter anderem auch die Bezirksregierung als Arbeitsschutzbehörde – gibt, mache den Prozess nicht weniger aufwändig, so die Staatsanwältin.

Verantwortlichkeit noch unklar

Eine der größeren Herausforderungen ist offenbar die Klärung der Verantwortlichkeiten am Unfalltag. Noch immer zeigt sich den Ermittlern kein eindeutiges Bild, wer für den Vorfall rechtlich in die Pflicht genommen werden kann. Das müsse nicht zwangsläufig der Chef der beauftragten Baufirma sein und auch nicht derjenige, der möglicherweise für den nicht korrekt installierten Belag des Gerüstes zuständig war, heißt es von der Staatsanwaltschaft.

Besonders tragisch: Unmittelbar vor dem Unglück soll der Vorarbeiter den Verunfallten auf seine fehlende Schutzausrüstung hingewiesen und aufgefordert haben, das Gerüst zu verlassen. Die Staatsanwaltschaft hofft nun auf weitere Ermittlungsergebnisse innerhalb der kommenden Wochen.