In der Burgruine von Haus Wilbring, genau auf der Grenze zwischen Waltrop und Lünen, fühlen sich nicht nur Uhus wohl. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass sich in den vergangenen Jahrhunderten dort auch immer wieder Gespenster eingefunden haben. © Günther Goldstein
Mysteriöse Orte
Tipp für den Osterspaziergang: Vier Orte lehren das Gruseln
Untote gibt es nicht nur in Transsilvanien, und Geister spuken auch jenseits von Hogwarts. Vier Ziele vor der Haustür zeigen, wie spannend der Osterspaziergang sein kann.
Blauer Himmel, Sonnenschein und ein Vogelkonzert: das ideale Wetter für den Osterspaziergang. Das kann spannender sein als mancher meint. Vier Ziele in Lünen und Selm machen nicht nur Groß und Klein bekannt mit frischer Luft, sondern auch mit Untoten und Spukgespenstern. Die Tipps hatten wir erstmals zu Weihnachten 2021 veröffentlicht und wiederholen sie an dieser Stelle noch einmal: für alle, die damals nicht dazu kamen. Denn die Ziele haben in der Zwischenzeit nicht an ihrem Grusel-Reiz verloren.
Der erste Blick ist trügerisch: Die Waldlichtung in Cappenberg leuchtet hell. Die rote Kapelle in Hassel ist ein Hingucker an der Bundesstraße. Die Burgruine am Datteln-Hamm-Kanal stellt sich als Brutplatz von seltenen Vögeln vor. Und Schloss Schwansbell lädt zum Winterspaziergang ein. Wer die Sagen der Region kennt, weiß, dass aber viel mehr dahinter steckt.
An jedem der fünf Orte lauern Geister, Spuk und Nachtgespenster. Daher empfiehlt es sich, nur tagsüber Expeditionen zu den fünf sagenhaften Orten zu machen und keinesfalls zu Mitternacht - erst recht nicht bei Vollmond. Das einfachste ist es aber, bei einer dampfenden Tasse Tee zu Hause zu bleiben, es sich gemütlich zu machen und sich den Gruselstätten aus sicherer Entfernung zu nähern - nämlich hier und jetzt.
1. Der Untote in der Kapelle von Hassel
Lange Eckzähne hat er nicht und auch keinen unstillbaren Durst auf Menschenblut. Der Untote, von dem die Sage aus Bork-Hassel bei Selm erzählt, ist anders als Dracula, Nosferatu und ihre Vampir-Kollegen. Ihn drängt es nicht danach, Menschenblut zu trinken, sondern er will nur eines: tot sein dürfen und endlich seine Ruhe haben. Das ist ihm aber verwehrt, weil er zu Lebzeiten etwas versprochen hatte, ohne es zu halten.
Das ist die Hasseler Kapelle an der Lüner Straße in Selm-Bork (B236). 2017 wurde sie restauriert. Die Tür ist meistens verschlossen. Das hat aber nichts mit dem Untoten zu tun, der dort des nachts herumgegeistert sein soll. © Sylvia vom Hofe
Sein Name ist unbekannt, anders als sein Beruf. Bei dem Wiedergänger von Hassel handelt es sich um einen Priester: einen Pfarrer von Bork. In der dortigen Kirche St. Stephanus hat er regelmäßig die Messe gelesen, in der kleinen Kapelle in der Bauerschaft Hassel dagegen nie, obwohl er genau das gelobt hatte.
Waren ihm die nicht einmal zwei Kilometer zwischen der Borker Kirche und der Hasselner Kapelle zu weit? Hatte er eine Abneigung gegen das im 14. Jahrhundert erbaute, im 30-jährigen Krieg (1618 bis 1648) zerstörte und 1725 in heutiger Form neu errichtete kleine Gotteshaus an der Lüner Straße (B236)? Oder ist er einfach nicht dazu gekommen? Egal: Im Tod macht er sich jede Nacht auf den Weg zur Kapelle, um endlich Versäumtes nachzuholen, aber vergebens.
Erlösung war nur in der Hasseler Kapelle zu finden
Er scheitert ausgerechnet am Kirchenrecht. „Ohne gerechten und vernünftigen Grund darf der Priester das eucharistische Opfer nicht ohne die Teilnahme wenigstens irgendeines Gläubigen feiern“, heißt es im Kodex des kanonischen Rechts, dem Gesetzbuch der römisch-katholischen Kirche. Nicht mehr am Leben, aber auch nicht tot zu sein, scheint nicht als „gerechter und vernünftiger Grund“ zu gelten.
Irgendwann nehmen zwei junge Priester ihren Mut zusammen und gehen nachts auch zu dem Backsteinbau. Dort feiern sie mit ihrem unglücklichen Kollegen die Messe. Seitdem hat er sich dort nie mehr sehen lassen. So heißt es.
2. Der Höllenhund von Haus Wilbring
Haus Wilbring ist die versteckt liegende Burgruine eines ehemaliges Adelshauses in Waltrop, direkt auf der Grenze zu Lünen. Vom Uferweg des Dattel-Hamm-Kanals aus ist der beste Blick auf den Bau zu ergattern - am besten direkt gegenüber des Trianel-Kraftwerks.
Das Haus Wilbring oder auch Haus Wilbringen verfällt seit 1914. Gespenster stört das aber nicht ganz, im Gegenteil. © Günther Goldstein
Wer es von dort weiß leuchten sieht hinter dem dunkelgrünen Efeu, das über die Reste des imposanten Ziegelmauerwerks rankt, braucht sich nicht zu wundern. Zwei Weiße Frauen sollen regelmäßig in der einstigen Wasserburg spuken. So etwas ist auch aus anderen Schlössern überliefert. Bei den Frauen handelt es sich um die Geister weiblicher Bewohnerinnen. Gefährlicher als sie scheint der Höllenhund zu sein.
Zur Fastenzeit ist der Spuk besonders hartnäckig
Immer zur Beginn der Fastenzeit kommt der Hund in die Burg. Zuerst bleibt er acht Tage im Kellergeschoss. Dann zieht er immer höher, bis er Aschermittwoch oben im Turm angekommen ist. Vertreiben lässt er sich nicht - auch nicht durch rohe Gewalt. Die letzten adeligen Besitzer, die Familie von Frydag zu Buddenburg, hat vor dem Höllenhund kapituliert. Sie kaufte das Schloss 1856 und ließ 1866 die Fassade des Haupthauses neugotisch umgestalten. Eingezogen ist sie dennoch nie. Sicher ist sicher.
Mit dem Kanalbau kam Haus Wilbring in die Hand der preußischen Kanalbauverwaltung. Die Gespenster hat das aber offenbar wenig beeindruckt. Wie genau sie es anstellten, ist zwar nicht überliefert, fest steht aber, dass alle Versuche, die Burg abzureißen, scheiterten:. Die Behörde ließ 1915 das Dach abdecken, stellte dann aber weitere Arbeiten ein. Auch aus der 1918 vorbereiteten Sprengung wurde nichts. In dem Gemäuer fühlen sich heute Uhus wohl - unter anderem.
3. Der versunkene Bauernhof im Kohuesholz
Der Cappenberger Wald ist das größte zusammenhängende Laubwaldgebiet im Münsterland. 170 Hektar Baum an Baum. Das war nicht immer so. Vom Cappenberger Damm in Cappenberg zweigt auf Höhe des Fußballplatzes eine Straße ab: Am Kohuesholz. Sie führt nicht nur zu einem der Wanderparkplätze, sondern auch zu der Stätte eines furchtbaren Untergangs, der sich Jahr für Jahr in einer besonderen Nacht wiederholt.
Wo jetzt tiefer Wald ist; muss es einst geblüht haben. Auf üppigen Weiden grasten Schafe und Kühe. Daneben erstreckten sich fruchtbare Äcker. Und in der Mitte davon lag ein großes Wohnhaus mit Scheunen und Ställen. Eine Idylle, wenn es nicht diesen Hausherrn gegeben hätte.
Bauer Kohues ist ein finsterer Mann. Er achtet streng darauf, dass ihm jeder seiner Angehörigen und Untergebenen aufs Wort gehorcht. Nachbarn? Die sind weit weg und Kohues sind sie sowieso egal. Freunde? Hat er nicht. Auf fahrende Sänger und Musiker, die für eine Mahlzeit auftreten möchten, hetzt der Bauer seine Hunde. Für Kohues gibt es nur eines: die Arbeit. Ob sonntags oder feiertags: Er lässt säen, pflegen, ernten, dreschen, mahlen, backen – das ganze Jahr hindurch ohne Unterlass. Und ohne Gottesdienstbesuch.
Die Erde verschlingt Mann und Maus
Niemand kann den Bauer von seiner gottlosen Hast abbringen. Die Strafe kommt mitten in einem harten Winter. Als der Schnee endlich taut, reiben sich die Menschen die Augen. Denn von Kohues‘ stolzem Anwesen ist nichts mehr zu sehen. Von seinem Vieh, seinen Bediensteten und Angehörigen und vom ihm selbst auch nicht. Alles ist versunken. Zurück ist eine wüste Fläche geblieben, auf den das Stift Cappenberg Wald pflanzen lässt: den Kohuesholz.
Einmal im Jahr, immer in der Weihnachtsnacht, soll zwischen den hohen Stämmen der hell erleuchteter Bauernhof zu sehen sein. Kühe brüllen. Menschen schreien durcheinander, und dazwischen ist das unermüdliche Schlagen der Dreschflegel zu hören. Nur kurz, dann kehrt sie wieder ein: die Waldesruh.
4. Schloss Schwansbell, wo sich der Teufel persönlich blicken ließ
Schloss Schwansbell liegt etwas drei Kilometer außerhalb des Lüner Zentrums: ein idealer Ausgangspunkt für Spaziergänge zum Seepark. Das Schloss mit den beiden achteckigen Türmen ist keine 150 Jahre alt. Die Kellermauern stammen aber noch von dem Vorgänger-Bau: einer Wasserburg aus dem 12. Jahrhundert, dem Sitz der Herren von Schwansbell. Hier hat sich der Teufel persönlich blicken lassen - aber nur einmal.
Schloss Schwansbell in Lünen: Dort hat sich der Teufel selbst überlistet. © Oskar Neubauer
Ritter Schwansbell hatte ihn herausgefordert. Wenn der Teufel ihm exakt 20 Jahre lang alle Wünsche erfülle, wolle er ihm seine Seele übereignen. Der Teufel ist überpünktlich. Eine halbe Stunde vor Ablauf der 20 Jahre ist er schon da, sitzt grinsend auf der Schlossmauer und will sich an der Todesangst des Ritters ergötzen. Der ruft dem Teufel aber zu: „Es ist noch Zeit für einen letzten Wunsch. Fang alle Frösche aus dem Teich, dann kannst Du wiederkommen.“ Unmöglich, denn sobald die Frösche am Ufer waren, sprangen sie sofort wieder zurück.
Heute quakt es im Sommer immer noch vorm Schloss. Das Rittergeschlecht der von Schwansbell ist trotzdem längst ausgestorben.
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