Windpocken in Flüchtlingscamp
So wirkt sich die Quarantäne in Borker Zeltstadt aus
Seit Donnerstagnachmittag steht die Zeltstadt in Selm-Bork unter Quarantäne: Niemand darf mehr raus, neue Flüchtlinge kommen auch nicht mehr rein. Grund sind die Windpocken: Ein Kind ist erkrankt, ein weiteres hatte einen Infektionsverdacht. Was macht das mit der Notunterkunft? Und welches Lob sprach der Camp-Leiter aus?
Die Notunterkunft in Bork ist seit Donnerstag wegen Windpocken geschlossen. Die Asylsuchenden kommen zurzeit nicht raus und es werden keine neuen Flüchtlinge aufgenommen.
Die Notunterkunft am LAFP ist auch am Sonntag noch geschlossen. Nach einer Verfügung des Gesundheitsamtes im Kreis Unna am Donnerstag ist sie das auch in der kommenden Woche noch. Denn man will um alles in der Welt vermeiden, dass sich mehr Menschen an den Windpocken anstecken. Darum werden keine neuen Flüchtlinge aufgenommen - auch nicht die über 1000 Menschen, die am Sonntag in Sonderzügen am Dortmunder Hauptbahnhof ankamen.
Ein Grund ist: 970 Menschen sind in der Borker Zeltstadt zurzeit schon untergebracht. Die Kapazitätsgrenze ist ohnehin fast erreicht.
Sicherheitsdienst bewacht das Tor rund um die Uhr
Für die Menschen im Zeltlager - aus Syrien, dem Iran, Afghanistan und vielen anderen Krisenstaaten - bedeutet das, dass zurzeit niemand rein oder raus darf. Auch nicht auf Spaziergänge ins Dorf. Auch das hat der Kreis Unna verfügt, und daran hält sich der Sicherheitsdienst am 24 Stunden überwachten Tor im Pastorenbusch, einem Waldgebiet hinter dem LAFP.
Dabei sind inzwischen laut Einrichtungsleiter alle Bewohner gegen die Windpocken geimpft. Und bei dem erkrankten Kind, so war am Sonntag zu hören, verkrusten die Pusteln auf der Haut inzwischen - ein gutes Zeichen der Gesundung.
Weitere Menschen haben sich wohl nicht angesteckt, auch nicht das zweite Kind, bei dem Windpocken vermutet worden waren. Das erkrankte Kind bleibt in der Zeltstadt selbst noch einige Zeit isoliert.
Lagerkoller droht
Eine Ärztin aus Dortmund machte in den vergangenen Tagen Sonderschicht um Sonderschicht. "Wahnsinn, was diese Frau leistet", sagte Ozan Kubat am Sonntagmorgen gegenüber unserer Redaktion. Sie habe tägliche Hunderte Patienten gehabt – denn Impfungen verabreichen nur Mediziner. Die Rotkreuz-Helfer können assistieren, können aber selbst in diesem Bereich nichts tun.
Kubat hofft nun auf Aufhebung der Quarantäne in den nächsten Tagen. Denn einen Lagerkoller kann er auch nicht gebrauchen. Knapp 1000 Menschen auf einer Fläche von 20.000 Quadratmetern – auf Dauer kann das eng werden. Immer wieder sieht man zwischen den Zelten Kinder und Jugendlichen beim Fußballspielen. Das Gelände verlassen dürfen sie aber nicht.
Kiosk versorgt Bewohner mit Süßigkeiten
Darum hat die Einrichtung organisiert, dass am Sonntag ein lokaler Kioskbetreiber in die Einrichtung kommt, um etwas zu verkaufen: Cola, Knabbereien, Schokolade – auch das ist in der Zeltstadt gefragt, wo es ansonsten allerdings Vollverpflegung gibt. Auch zur Freiluft-Veranstaltung Borker Sonntag konnten die Menschen also nicht gehen, nachdem sie Anfang vergangener Woche in kleinen Gruppen ins Dorf liefen, um sich dort umzusehen und ein paar Kleinigkeiten einzukaufen.
Am Montag werden Bürgermeister Mario Löhr und Beigeordnete Sylvia Engemann in die Einrichtung gehen, um mit dem Leitungsteam zu sprechen. Ozan Kubat, der die Einrichtung leitet, schrieb am Samstag gegen Mittag in einer Mail an die Helfer und die Verwaltung in Selm: „Ich muss gestehen, es war ein Kraftakt und ist es immer noch. Wir merken jetzt, wo vielleicht noch etwas nicht so gut klappt. Aber wir merken auch, dass vieles gut läuft.“
Camp-Leiter: "Habe eine ganze Bürgerschaft hinter mir"
Er dankte ihnen, eine solche Bereitschaft habe er selten erlebt. „Es ist schön zu sehen, welche Unterstützung wir bekommen. Ich fühle mich nicht alleine. Ich habe eine ganze Bürgerschaft hinter mir.“