Mitten in einem Selm Wald - ein Baum ohne Blätter aber mit geplatzter Rinde - sichtbare Zeichen dafür, dass der Baum krank ist und damit auch wenig Ertrag bringt.

© Thomas Aschwer

Selmer Waldbesitzer schlägt Alarm - nur noch jede 3. Eiche ist gesund

rnForderungen

Dem Wald geht es derzeit extrem schlecht. Auch in Selm. Damit wachsen die Sorgen von Waldbesitzern wie Heinz-Peter Hiltrop. Er hat deshalb klare Forderungen an Politik und Gesellschaft.

Selm

, 09.09.2021, 19:15 Uhr / Lesedauer: 2 min

In Nordrhein-Westfalen fallen im Durchschnitt etwa 900 mm Niederschlag im Jahr, so weisen es Statistiken aus. Wenn Heinz-Peter Hiltrop jedoch auf seine Tabellen der vergangenen Jahre schaut, zeigt sich ein anderes Bild. Ein viel schlechteres. Fielen in 2015 sogar 945 mm, wurde die 900er Marke in den Folgejahren nicht einmal mehr ansatzweise erreicht. Die Folgen sind in den heimischen Wäldern längst sichtbar.

Ortstermin in einem Wald im Bereich Zur Disselbrede/Ondruper Weg: Nach nur wenigen Schritten zeigt Heinz-Peter Hiltrop auf deutlich sichtbar geschädigte Bäume. Die Rinde ist häufig gerissen, blättert an vielen Stellen bereits ab. Für Hiltrop, der seit 1986 an anderer Stelle in Selm einen Wald besitzt, gibt es keine Zweifel. Dieser Baum ist krank. Es ist kein Einzelfall. Im Gegenteil. Hiltrop, der sich auch im Vorstand des Waldbauernverbandes (Bezirksgruppe Unna-Hamm) engagiert, kennt die Gründe. „Eine rund 120 Jahre alte Buche braucht am Tag 300 Liter Wasser.“ Weil der Grundwasserspiegel deutlich auf 1,80 Meter abgesackt ist, kommen die Buchen mit ihren flachen Wurzeln nicht mehr daran.

Auch Laien können kranke Bäume leicht erkennen

„Erst platzt die Rinde, dann kommen Pilze und zersetzen das Holz“, sagt Hiltrop. Für die Möbelholz-Industrie sei der Baum damit unbrauchbar. Logische Konsequenz, er erleidet einen erheblichen finanziellen Schaden, da er den Baum nur noch als Kaminholz verkaufen kann. Eine Situation die Hiltrop und andere Waldbesitzer der Region auch bei Eichen mit deutlich tieferen Wurzeln erlebt haben. Obwohl der Stamm optisch gut aussah, ließ eine Verfärbung unten am Stamm Böses ahnen. Der Baum war komplett von Pilzen befallen.

Heinz-Peter Hiltrop sieht mit Sorge die Entwicklung in den heimischen Wäldern. Er fordert Maßnahmen zum Erhalt des Waldes.

Heinz-Peter Hiltrop sieht mit Sorge die Entwicklung in den heimischen Wäldern. Er fordert Maßnahmen zum Erhalt des Waldes. © Thomas Aschwer

„Es ist sehr traurig, wenn eine rund 180 Jahre alte Eiche so massive Schäden hat“, sagt Hiltrop. Leider sei das kein Einzelfall. Nach seiner Einschätzung ist nur noch jede dritte heimische Eiche „in gutem Zustand“. Der Wald-Fachmann braucht nur wenige Schritte, um geschädigte Bäume zu finden. „Eichen müssen breite Kronen haben. Wenn das nicht der Fall ist und die Bäume zudem wenig Laub haben, sind das sichtbares Zeichen für eine Schädigung“, sagt Hiltrop. Er gibt damit auch Laien einen wichtigen Hinweis für eine Einschätzung bei einem Waldspaziergang.

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Trotz dieser Entwicklung und des damit verbundenen Wertverlustes sei die Nachfrage nach Waldflächen ungebrochen groß. „Es wird mehr Wald gesucht als angeboten.“ Ein Grund dafür ist der Trend zum Naturerlebnis. Doch die Bewirtschaftung sei oft mit Rückschlägen verbunden. Vor drei Jahren hat Hiltrop 160 Buchen angepflanzt. „Überlebt haben nur drei.“ Besser sehe es bei Wildkirschen aus, die mit dem Klimawandel besser klarkommen. „Im Frühjahr habe ich 50 gepflanzt, sie sind gut angegangen.“

Waldbesitzer sehen im Straßenverkehr eine große Belastung

Damit die heimischen Wälder eine Zukunft haben, ist nach Einschätzung von Heinz-Peter Hiltrop ein radikaler Wandel erforderlich. „Der Straßenverkehr ist ein großes Problem für die Wälder.“ Jeder Einzelne ist nach Auffassung von Hiltrop gefordert, die Abgasmenge zu reduzieren. Der Waldfachmann ruft die Menschen dringend dazu auf, Flugreisen und Kreuzfahrten erheblich zu reduzieren oder gleich ganz darauf zu verzichten.

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Gleichzeitig fordert Heinz-Peter Hiltrop eine finanzielle Unterstützung der Waldbauern. „Wir brauchen ein CO2-Prämie.“ Konkret sieht er 200 Euro pro Hektar und Jahr als gerechtfertigt und Mindesthöhe an. „Denn ein Hektar Wald speichert rund acht Tonnen CO2 im Jahr.“ Und das über viele Jahrzehnte. Fichten werden meist nach 80 bis 100 Jahren geschlagen, Eichen hingegen erst nach 180 Jahren, „besser nach 200 bis 250 Jahren“, sagt Hiltrop.

Neben den Umweltbelastungen beschäftigt ihn und die anderen rund 150 Waldbauern in der Bezirksgruppe ein weiteres großes Problem - der immer höhere bürokratische Aufwand. Dazu komme, dass früher die Förster das Holz vermarktet hätten, jetzt müsse das die Gemeinschaft selbst machen.