Selmer Landwirte ziehen Jahresfazit „Mit einem blauen Auge davon gekommen“

Landwirte ziehen Jahresfazit: „Mit einem blauen Auge davon gekommen“
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Extreme sind die Landwirte in Selm mittlerweile gewohnt. War es in den vergangenen Jahren häufig die Trockenheit, sorgte im Jahr 2023 vor allem die Nässe für Schwierigkeiten auf den Äckern. „Das Jahr war eine Herausforderung“, fasst Philipp Witthoff, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Ortsvereins Selm, die zurückliegenden zwölf Monate zusammen.

Eine Herausforderung, die die Landwirte nach den regenarmen Jahren zuvor nicht mehr gewohnt seien. Während in den trockenen Jahren etwa 600 Liter Regen pro Quadratmeter vom Himmel fielen, sind es durchschnittlich etwa 850 Liter, wie Witthoff weiß. Im vergangenen Jahr war es mit geschätzt 1300 Liter pro Quadratmeter deutlich nasser.

Die Folge: „Die Qualität des Getreides war nicht so gut.“ Durch viel Regen und Sturm sei es teilweise dazu gekommen, dass das Getreide im Sommer auf dem Feld lag und teilweise zu keimen begann, bevor es geerntet werden konnte. Dennoch sagt Witthoff: „Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen. Wir können im Großen und Ganzen noch zufrieden mit dem Jahr sein.“ Das hängt auch damit zusammen, dass die Maisernte gut verlaufen sei. Hier habe die Witterung ein Zeitfenster ermöglicht, um die Ernte – mit gutem durchschnittlichen Ertrag – bis Mitte Oktober einzuholen.

Etliche Felder nicht bestellt

Wegen der Witterung sei es einigen Landwirten allerdings nicht gelungen, den geplanten Winterweizen zu säen. „Es gibt etliche Felder, die nicht bestellt sind“, weiß Philipp Witthoff. Wegen der Fruchtfolge, die eingehalten werden müsse, seien diese Flächen erst wieder für die Saat von Sommergetreide geeignet, das ab Anfang März in den Boden gesetzt wird.

Auch einige Flächen von Landwirt Hubertus Bleckmann bleiben vorerst leer – allerdings wegen des jüngsten Lippe-Hochwassers. Das vergangene Jahr hat sich für ihn so gezeigt: „Der Winterausgang war sehr nass.“ Im Mai und Juni habe sich dagegen zeitweise der Trockenstress bei seinen Kulturen gezeigt, während der Regen ab Juli wiederum Probleme bei der zweiten Hälfte der Getreideernte bereitete.

„Wir sind Problemlöser“

„Das war ein Ausnahmejahr“, so das Fazit des Landwirtes aus Bork. Die nüchterne Feststellung: „Nur Trockenheit geht nicht, nur Regen aber auch nicht.“ Er könne sich nur auf diese extreme Situationen einstellen und darauf mit entsprechenden Maßnahmen reagieren. Sollte es zu einer längeren Trockenheit kommen, könne er seine Felder bei Bedarf beregnen. Gegen viel Regen könne er dagegen kaum Maßnahmen ergreifen: „Ich kann kein Loch buddeln, damit das Wasser abläuft.“

Die Extreme der vergangenen Jahre seien zwar ein Problem, aber Hubertus Bleckmann weiß: „Wir als Landwirte sind ja einiges gewohnt und stressstabil. Wir sind Problemlöser.“ Das sieht auch Philipp Witthoff so, der davon ausgeht, dass diese Wetterextreme künftig häufiger zu erwarten sind. Aktuell gilt: „Wir kommen damit klar – natürlich mit Einbußen.“ Für die Zukunft heißt es: „Da müssen wir uns mit abfinden und schauen, wie wir damit umgehen.“

Werben für Verständnis

Eine Maßnahme, die von Landwirten bereits umgesetzt werde, ist die „Minimalbodenbearbeitung“ der Acker. Die Reduzierung der Bearbeitung des Bodens auf ein Minimum bietet zahlreiche Vorteile, unter anderem macht sie ihn weniger anfällig gegen Austrocknung.

Gerade bei sandigen Böden wie in Ternsche sei das schnell ein Problem, so Witthoff. Andererseits sei dieser Boden wegen seiner Durchlässigkeit leichter mit dem vielen Regen im vergangenen Jahr zurecht gekommen.

Der Landwirte-Sprecher wirbt um Verständnis bei der Bevölkerung dafür, dass die Zeitfenster für das Einholen der Ernte – wie im vergangenen Jahr – nicht immer groß sind und die Arbeiten dadurch als störend auf der Straße empfunden werden können: „Das kann dann leider auch am Wochenende sein.“