Das Warten hat ein Ende: Ab dem 11. April will das Dortmunder Schwurgericht gegen den Mann aus Selm verhandeln, der seinen Chef mit Diesel übergossen haben soll. Der Fall war bereits Ende 2023 Gegenstand eines ersten Prozesses am Amtsgericht. Seitdem musste alle Beteiligten auf die Neuauflage warten. Die Amtsrichterin entschied damals, den Fall an das Schwurgericht abzugeben, weil diese Kammer für Kapitalsachen zuständig ist. Aus Sicht der ersten Richterin war nicht ausgeschlossen, dass der Angeklagte bei dem Vorfall mit bedingtem Tötungsvorsatz handelte.
Tochter stand daneben
Was war geschehen? Im Juni 2023 soll der Angeklagte plötzlich an der Wohnungstür seines Arbeitgebers auftaucht sein, um diesen zur Rede zu stellen. Der heute 42-Jährige soll der Meinung gewesen sein, dass sein Chef ihm noch ein 13. Monatsgehalt schuldete. Dieses Geld wollte er offenbar eintreiben. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, soll er einen Dieselkanister ergriffen und den Kraftstoff über seinem Chef ausgegossen haben. Anschließend, so steht es in der Anklageschrift, hantierte er neben dem Mann mit einem Feuerzeug. Zu der Tochter seines Chefs soll er noch gesagt haben: „Geh lieber nach oben, wenn du deinen Papa nicht brennen sehen willst.“
Absichtlich Diesel verwendet?
In dem ersten Prozess hatte der Selmer die Tat grundsätzlich eingeräumt und dabei erklärt, er habe absichtlich Diesel verwendet, weil er wusste, dass dieser Kraftstoff nur schwer entflammbar ist. Die Staatsanwaltschaft hatte deshalb auch schon „nur“ Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung erhoben. Einen Tötungsvorsatz sah man hier auch nicht. Dass sich das Blatt vor dem Amtsgericht noch einmal wendete, liegt an einem Brandsachverständiger. Dieser hatte den Dieselvorfall überraschend doch als gefährlich eingestuft. Weil der Kraftstoff auch die Kleidung des Chefs durchtränkt hatte, hätte diese schnell Feuer fangen können.
Zehn Wochen U-Haft
Am Schwurgericht war der Fall des Selmers seit Monaten von allen anderen Fällen „überholt“ worden, in denen die Angeklagten in Untersuchungshaft sitzen. Dies ist bei den Vorwürfen „Mord“ oder „Totschlag“ sehr oft der Fall. Deshalb musste man lange auf diesen Prozess warten. Zu Beginn des Jahres hat das Dortmunder Landgericht aber eine zweite Kammer für Schwurgerichtssachen eingerichtet. Diese soll nun unter anderem die schon lange wartenden „Altfälle“ aufarbeiten. Nach bisherigen Planungen geht die Schwurgerichtskammer davon aus, schon im Mai ein Urteil sprechen zu können. Der Angeklagte hatte nach der Tat zehn Wochen in Haft gesessen, ist aktuell aber auf freiem Fuß.