Ein Bagger zieht den 12 Meter langen Mast in die Senkrechte, schwenkt mit seiner unhandlichen Last ein paar Meter zur Seite und versenkt den Mast in einem zwei Meter tiefen Loch. Noch verankern und zuschütten, dann ist Selm um einen Storchenhorst reicher. Im dichten Schneegestöber haben die Arbeiter unter den Augen von drei Naturfreunden die Nistmöglichkeit in der Schorfheide in den Borker Feldern aufgestellt. Dass das möglich wurde, dafür hat Erich Neumann gesorgt. Den Ort haben sich die Störche aber selbst ausgesucht.
Im April 2022 hatten keine 50 Meter weiter Störche versucht, ein Nest auf einem Strommast zu bauen, erzählt Erich Neumann. „Das hängt da aber auf halb acht“, kommentiert der Naturschützer, der in der Nähe wohnt, den Bauversuch. Noch immer hängen die Äste windschief auf dem Mast. Und der Standort ist nicht ungefährlich. Drei Leitungen treffen sich dort, es bestehe die Gefahr eines Stromschlags, hatten ihm die Westnetz-Mitarbeiter bestätigt, so Neumann.
Doch wenn schon Störche in Bork brüten wollen, dann wollte Neumann ihnen auch eine Möglichkeit verschaffen. Den Nestaufbau lässt er von einer erfahrenen Firma in Hamm fertigen. Die Naturfördergesellschaft des Kreises Unna übernimmt die Kosten. Die Firma Westnetz trägt die Kosten für das Aufstellen des neuen Masts. Auch ein Standort ist schnell gefunden. Uwe Fröhlich gehört die Wiese, auf der nun mittig der Storchenhorst steht. Schon den ersten Nistversuch der Störche hat er im letzten Jahr interessiert von seinem Garten aus beobachtet. Seine Wiese, auf der im Sommer ein paar Schafe grasen, hat er deshalb gerne zur Verfügung gestellt.
Farbkleckse sollen Störche locken
Erich Neumann hat in die verzinkten Stäbe des Aufbaus Äste geflochten, eine Kokosmatte liegt auf dem Gitter - den Rest der Nestbauarbeiten müssen die Störche selbst erledigen. Bevor der Bagger den Mast samt Aufbau in die Senkrechte zieht, beschmiert Neumann Mast und Äste noch mit weißer Farbe. Die Farbkleckse sollen wie Storchen-Hinterlassenschaften aussehen. Der Trick kommt auch bei anderen Storchenhorsten zur Anwendung: Er soll den Tieren signalisieren, dass dort bereits Störche gebrütet haben.

Dass das Storchenpaar aus dem vergangenen Jahr oder andere Tiere den neuen Horst in Bork auch finden, da ist Rudolf Leismann zuversichtlich. „Die waren hier ja schon“, sagt der Selmer Vertreter des Naturschutzbunds Nabu Unna. Der Nabu wird sich künftig um den Horst kümmern. Dass es 2022 bei dem Storchenpaar nicht geklappt hat, könnte an Unerfahrenheit liegen, vermutet Leismann. „Die waren auch zu spät dran.“ Erst im Mai hatte es Paarungsversuche gegeben.
Dass sich die Störche diesen Ort ausgesucht haben, hat Leismann erstaunt. Während ein paar Kilometer weiter in Olfen in den Steverauen seit einigen Jahren wieder Störche brüten und auch am Ternscher See ein Horst steht, ist ein weiterer Horst in der Nähe des Neubaugebiets Neuenkamp in Bork seit ein paar Jahren noch ungenutzt geblieben. Nun haben sich die Störche aber einen guten Standort ausgewählt. Bis zur Lippe ist es nicht weit, so Leismann. Und auch die Felder drum herum bieten Nahrung.

In den nächsten Tagen kommen die Arbeiter einer Fernmeldebaufirma noch einmal zurück zum Storchenhorst. Sie sollen das windschiefe Nest von dem Strommast entfernen. Die verbauten Stöcke und Äste werden sie dann auf den neuen Horst bringen. „Das ist sinnvoll, weil die Störche das ja selbst angeschleppt haben“, sagt Rudolf Leismann. So können sie ihre Arbeit in diesem Frühjahr fortführen. Auch Erich Neumann will noch ein paar Äste auf der Wiese deponieren als Nestbauhilfe. Er wird den Horst im Auge behalten - und hoffentlich im Frühjahr Jungtiere entdecken, die ihre Köpfe in zehn Metern Höhe über den Nestrand strecken.
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