Seit Wochen mehren sich die Gerüchte in Selm-Bork: Es geht um Diebstahl und Einbrüche, um offene Feuer und Belästigung. An allem sollen direkt oder indirekt die geflüchteten Männer aus der Zeltstadt in Bork schuld sein. Doch die Situation ist alles andere als transparent. Weil die Lokalpolitik ihrer Ansicht nach nicht reagiert, haben verärgerte Bürgerinnen und Bürger ihre Sorgen bei Mitarbeitern des Landtags NRW vorgetragen. Unter dem provokanten Arbeitstitel „Ist Bork der neue Schandfleck von Selm?“ fordern sie transparente Antworten und erhöhte Sicherheit.
Die Borkerin Monika Meyer und die beiden Borker Rüdiger Oppermann und Alexander Heiliger haben am Montag, 24. April, ihre Anliegen dem Petitionsausschuss des Landtages vorgetragen. Kurz darauf teilt Landrat Mario Löhr im Rahmen eines Pressetermins mit, dass es rund um die Unterkunft ein erhöhtes Einsatzaufkommen gebe und „mehr Polizei nach Selm“ verlagert worden sei.
Doch bleiben die Pläne der drei bestehen: Sie ziehen vor Kreis- und Landtag. Die Antworten auf ihre Anfragen am Montag hätten sie darin bestärkt. Vor allem den Verfasser der Petition: Alexander Heiliger.

Schweigen verstärkt Gerüchte
Eine eigene Wache für Bork und mehr Bürgerbeteiligung an Integrationsplänen für Geflüchtete: Das wünscht sich Heiliger in seiner Petition. Persönlich spricht er von verlorenem Vertrauen in die Politik, allen voran Bürgermeister Thomas Orlowski. Dieser sagte gegenüber der Redaktion zuletzt, er nehme das Thema Sicherheit in Bork sehr ernst. Wenn 700 Menschen auf engem Raum zusammenlebten, seien Probleme durchaus zu erwarten.
Dagegen steht die Aussage von Monika Meyer. Sie habe die erste Anfrage zur Sicherheit im Umkreis der Zeltstadt in der elften Kalenderwoche gestellt, also Mitte März. Bis zum Treffen mit dem Petitionsausschuss habe es keine Antwort gegeben. Dabei reichen die Vorwürfe über die begangenen Straftaten sehr weit. Einbrüche, Diebstahl und sogar das Defäkieren am Regenrückhaltebecken werde den Geflüchteten vorgeworfen.
Eine Liste aller den Geflüchteten vorgeworfenen Taten liegt der Redaktion vor. Sie wurde von einzelnen Borkern erstellt. Belege, dass Geflüchtete an diesen Taten beteiligt sind, gebe es keine. Das bestätigt die Polizei. Sie hat zuletzt aber auch eingeräumt, dass die Zahl der Einsätze rund um die Zeltstadt gestiegen sei, es gehe beispielsweise um Ruhestörungen oder Körperverletzungen, berichtete Sprecher Bernd Pentrop. Polizei-Abteilungsleiter Torsten Juds stellte zudem klar: „Wir müssen gucken, dass das kein Hotspot wird.“
Primäre Kritik geht an Politik
Heiliger und Meyer beteuern: Es gehe ihnen nicht darum, Stimmung gegen Geflüchtete zu machen. Meyer: „Lange Zeit habe ich in Bochum Deutsch für Ausländer unterrichtet. Ich habe nur positive Erfahrung gemacht. Vor allem die syrischen Geflüchteten waren unglaublich nett“, betont sie.
Heiliger bekräftigt ebenso, er habe keine Ressentiments. Die Sicherheitslage sei für ihn aber dramatisch. Es sei ihm egal, wer genau die Täter der vielen Straftaten sind, die von den Borkern wahrgenommen werden. Laut Heiliger ist lediglich wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger gehört werden, wenn sie sich bedroht fühlen. Und dass die Politik die Leute vor Ort vertritt. „Ich lebe seit fünf Jahren in Bork. Politisch ist das für mich ein Kulturschock. Sowas habe ich noch nicht erlebt“, sagt er.
Petition an Kreis und Land
Der Plan von Heiliger, Meyer und Oppermann ist mittlerweile mehrstufig. Zuerst soll eine Petition zur Sicherheit in Bork an das Land NRW gehen. An diejenigen, bei denen die drei am 24. April vorgesprochen haben. Dann wollen sie sich an den Kreistag wenden. Diese Anfrage soll an Landrat Mario Löhr gerichtet werden und die Kriminalitätsentwicklung in Bork und die Sicherheit der Anwohnenden beinhalten.
Und zu guter Letzt wollen die drei sämtliche Parteien ins Boot holen. Schon beim Petitionsausschuss hätte sich Heiliger gewünscht, dass mehr Parteien vertreten gewesen wären. Das wolle er in Bork nachholen. In der Hoffnung auf mehr Transparenz, mehr Bürgerbeteiligung und ein besseres Sicherheitsgefühl für alle Beteiligten.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 30. April 2023.
Polizei bestätigt zusätzliche Einsätze an Zeltstadt in Bork : „Darf kein Hotspot werden“
Verteilung der Geflüchteten in NRW: Selm erfüllt Quote zu 159 Prozent