Schüler lehnt Gesamtschule für Selm ab „Das bestehende Schulsystem funktioniert gut“

Schüler gegen Gesamtschule: „Bestehendes Schulsystem funktioniert gut“
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Nach jahrelangen – teils hitzigen – Debatten zum Schulsystem in Selm gab es vergangenen Dezember eine Entscheidung im Rat: Die Stadtverwaltung soll prüfen, wie die Selma-Lagerlöf-Sekundarschule (SLS) zu einer Gesamtschule weiterentwickelt werden soll. Eine Gruppe kam bei Diskussionen zu dem Thema bisher nur selten zu Wort.

„Die Schülerschaft wird zu wenig gehört“, kritisiert David Sladkowski. „Vor allem jene Schüler, die zunächst die Sekundarschule besucht haben, um dann im Anschluss am Gymnasium ihr Abitur zu erwerben“, so der 18-jährige Schüler, der diesen Weg gegangen ist – und das nicht bereut.

Seine Noten in der Grundschule seien nicht die besten gewesen, gibt Sladkowski zu. Deshalb habe er sich damals für die SLS entschieden. 2014 gehörte der Schüler zum ersten Jahrgang der neu gegründeten Einrichtung. Zwar sei es in den Anfangsjahren der Sekundarschule organisatorisch noch etwas holprig gewesen, mittlerweile kann Sladkowski aber sagen: „Das System hat sich bewährt.“

„Eine Oberstufe reicht aus“

Bereits ab der 8. Klasse habe er Schnuppertage am Gymnasium besucht und Beratungsangebote wahrgenommen. „Davon habe ich definitiv profitiert“, ist der Selmer überzeugt. „Das bestehende Schulsystem in Selm und die enge Kooperation der beiden weiterführenden Schulen funktionieren gut.“ Das habe er selbst erfahren dürfen. Einen auf der Sekundarschule begonnenen Spanisch-Kurs beispielsweise habe Sladkowski beim Wechsel auf das Gymnasium anerkannt bekommen und dort weiterführen können.

Sladkowski glaubt nicht, dass eine zweite Oberstufe in der Stadt – die mit der Einrichtung einer Gesamtschule käme – den erhofften Zuspruch erhalten würde. „Eine Oberstufe reicht aus“, ist er überzeugt. Das würden auch die aktuellen Zahlen belegen: In seiner Stufe sei die Kapazitätsgrenze mit etwa 60 Schülerinnen und Schülern noch nicht erreicht, eine Stufe darunter wären es noch weniger, so der 18-Jährige.

Leistungskurse nicht angeboten

Aktuell sei es schon schwierig, den angehenden Abiturienten bestimmte Fächer anzubieten. Leistungskurse wie Kunst oder Sozialwissenschaften konnten wegen zu geringer Nachfrage zuletzt nicht in den Unterrichtsplan aufgenommen werden, verrät Sladkowski. Er glaubt, dass sich das durch eine zweite Oberstufe noch verschärfen könnte.

Der Gymnasiast wirbt dafür, an einer weiterführenden Schule festzuhalten, die für Schülerinnen und Schüler ohne Abitur-Pläne vorgesehen ist. „Mit der Auflösung der Haupt- und Realschule in Selm verbleibt die Sekundarschule als einzige Anlaufstelle für diese Kinder, deren Ziel bewusst eine Ausbildung ist.“

David Sladkowski gehörte in seinem Jahrgang zu nur wenigen, die ihre Schulzeit um das Abitur verlängerten. Lediglich 5 von 100 Schülerinnen und Schülern hätten sich seinerzeit an der SLS für den Wechsel in die Oberstufe entschieden, so Sladkowski. „Der Rest war darauf fokussiert, eine Ausbildung zu machen.“

Neue Belastung

Der Fokus auf die schulische Ausbildung sei während der vergangenen Pandemiejahre durch Distanzunterricht, Lehrermangel und fehlende außerschulische Angebote ohnehin zur Herausforderung geworden. „Anstatt jedoch jetzt Ruhe in den Alltag an den Schulen einkehren zu lassen, werden Schüler wie Lehrer mit einer solchen Debatte hinsichtlich der Zukunft verunsichert“, kritisiert der 18-Jährige.

„Eine Veränderung hin zu einer Gesamtschule wäre eine neue Belastung für alle Beteiligten“, ist der ehemalige SLS-Schüler überzeugt. Das häufig angeführte Argument, dass viele Schülerinnen und Schüler eine Gesamtschule in den Nachbarstädten besuchen, weil es in Selm kein entsprechendes Angebot gibt, will David Sladkowski nicht gelten lassen: „Schüler, die sich gegen den Standort Selm entscheiden, machen das meistens nicht wegen einer fehlenden Gesamtschule, sondern aus anderen Beweggründen“, glaubt er. „Auch mit der Einrichtung einer weiteren gymnasialen Oberstufe werden diese Schüler nicht in Selms Schulsystem bleiben.“

Mit Lehrern und Eltern reden

Die Betroffenen einer möglichen neuen Schulform in Selm werden aktuell nicht ausreichend an der Debatte darüber beteiligt, so Sladkowski: „Es darf nicht sein, dass Kommunalpolitiker, die seit mehreren Jahrzehnten keine Schule mehr besucht haben, darüber urteilen, was Eltern und Schüler sich wünschen.“

Er wünscht sich für die kommenden Wochen und Monaten vor allem eines: „Geht auf die Abschlussjahrgänge beider Schulen zu und insbesondere auf Schüler, die beide Schulen kennengelernt haben. Sprecht mit den Lehrkräften und Eltern, anstatt öffentlich einander zu kritisieren.“

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