Küpper in Abrechnungsaffäre nicht verurteilt „Ausdruck kriminelle Energie fällt hier schwer“

Küpper nicht verurteilt: „Ausdruck kriminelle Energie fällt hier schwer“
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Das Schöffengericht in Unna unter Vorsitz von Richter Jörg Hüchtmann hat am Dienstagvormittag (15. Oktober) das Strafverfahren gegen Kreistagsmitglied Marion Küpper infolge der Abrechnungsaffäre beim Kreistag vorläufig eingestellt.

Die fraktionslose Mandatsträgerin aus Selm war wegen 59-fachen gewerbsmäßigen Betrugs angeklagt worden. Sie soll zu Unrecht Verdienstausfallersatz von mehr als 10.000 Euro erschwindelt haben.

Im ersten Strafprozess wegen zu Unrecht erhaltenen Verdienstausfallersatzes kam es damit zu keiner Verurteilung. Marion Küpper ist auferlegt worden, den angerichteten Schaden wiedergutzumachen.

Sie muss bis Mitte April nächsten Jahres ratenweise insgesamt 7.100 Euro an die Kreiskasse zurückzahlen. Hält sie sich an diese Auflage, wird das zunächst vorläufig eingestellte Verfahren endgültig eingestellt; das Strafverfahren wäre damit beendet.

Verteidiger von Küpper: „Klares Wort des Bedauerns“

Der Beschluss des Gerichts fußte auf einem gut einstündigen Rechtsgespräch, das nach Verlesung der Anklageschrift unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt worden war.

Auf Anregung von Küppers Strafverteidiger Udo Vetter war dabei gemeinsam mit Staatsanwalt Tobias Wendt sowie dem Gericht unter Vorsitz von Richter Jörg Hüchtmann ausgelotet worden, welche Möglichkeiten für eine Beendigung des Prozesses bestehen würden.

Vetter hatte zuvor für seine Mandantin erklärt, dass sie der „Richtigkeit“ der erhobenen Vorwürfe nicht entgegentrete. „Dies geschieht auch, um den Rechtsfrieden wiederherzustellen“, so Vetter. Es ergehe auch, so Vetter, „ein klares Wort des Bedauerns“. Marion Küpper äußerte sich zur Sache selbst nicht.

Zur Person und zu ihren Vermögensverhältnissen gab sie an, dass sie derzeit „beruflich stark eingeschränkt“ sei. Sie bestreite ihren Lebensunterhalt aus Mieteinnahmen sowie Aufwandsentschädigungen für ihre öffentlichen Ämter.

Küpper ist nach eigenen Angaben Fraktionsvorsitzende der Fraktion BSW/Küpper in der Landschaftsversammlung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe in Münster. Sie sitzt zudem im Stadtrat von Selm und im Kreistag. In Summe, einschließlich der Miete, komme sie auf rund 2.100 Euro monatliche Einkünfte.

Honorare für Yoga- und Nachhilfeunterricht

Staatsanwalt Wendt hatte zuvor rund 30 Minuten benötigt, um die 59 einzelnen Betrugsfälle mit jedem Datum und jedem Einzelbetrag vorzutragen. Zwischen November 2020 und Dezember 2021 soll Marion Küpper, gerade in den Kreistag gewählt, insgesamt 10.039,60 Euro aus der Kasse des Kreises Unna erschwindelt haben, indem sie entgangenen Verdienst geltend machte.

Weil sie als damalige Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen an Fraktions-, Ausschuss- und Kreistagssitzungen teilgenommen hatte, sei ihr das Honorar für den von ihr angebotenen Yoga-Unterricht sowie Nachhilfeunterricht in Naturwissenschaften in Selm, Lünen und Olfen entgangen.

Richter Jörg Hüchtmann  sitzt am Verhandlungstisch im Amtsgericht Unna.
Das Schöffengericht Unna unter Vorsitz von Richter Jörg Hüchtmann verhandelte am Dienstag (15. Oktober) das Verfahren gegen Marion Küpper in Sachen Abrechnungsaffäre. © privat

Küpper hatte gemäß der gesetzlichen Vorgaben 48 Euro pro Stunde abrechnen können. An einzelnen Tagen war es laut Anklageschrift zu fünf- oder sechsstündigen Fraktionssitzungen gekommen. Kam am selben Tag eine Ausschuss- oder Kreistagssitzung hinzu, rechnete Küpper in der Spitze bis zu 420 Euro für einen Tag ab.

Es sei „zu keinem Zeitpunkt ein mandatsbedingter Verdienstausfall entstanden“, sagte Staatsanwalt Wendt. Den Yoga-Unterricht habe Küpper schon vor Aufnahme ihres Mandats beendet; die Schüler-Nachhilfe sei „allenfalls eine Nebentätigkeit“ gewesen. „Durch Gestaltung ihrer Arbeitszeit“, so Wendt, hätte Küpper einen „Konflikt“ mit der Mandatstätigkeit vermeiden können.

Richter Jörg Hüchtmann legte den Inhalt des Rechtsgesprächs in groben Zügen offen. Im Zusammenhang mit Straftaten sei auch immer von „krimineller Energie“ die Rede. „Allein der Ausdruck fällt hier schwer“, so Hüchtmann, auch wenn er das rechtswidrige Verhalten der Angeklagten nicht kleinreden wolle.

Wiedergutmachung an den Kreis Unna

Es ging nicht zuletzt um die Frage, ob man in eine umfangreiche Beweisaufnahme einsteigen wollte. Es sei nicht auszuschließen, dass unter den angeklagten Betrugshandlungen Tage gewesen seien, an denen Küpper vielleicht doch Einnahmen aus ihrer selbstständigen Tätigkeit entgangen waren.

Daher habe man bei der Wiedergutmachungszahlung an den Kreis Unna auch „Sicherheitsabschläge“ eingebaut, sodass statt des von der Anklagebehörde ermittelten Betrugsschadens von rund 10.000 Euro nur 7.100 Euro übrig blieben.

Staatsanwalt Tobias Wendt willigte in die vorläufige Einstellung des Verfahrens ein, weil „eine Verurteilung nicht zwingend erforderlich“ sei. Das öffentliche Interesse an der Aufarbeitung der Sache sei durch die Hauptverhandlung befriedigt worden.

Privater Druck und eine umfangreiche öffentliche Berichterstattung hätten die Angeklagte zweifellos sehr belastet. Wendt machte allerdings auch deutlich, dass der Strafprozess ebenfalls zum Ausdruck bringen müsse, „dass Kommunalpolitik kein Selbstbedienungsladen sein darf“.