Schlachtskandal in Selm Verhandlungstermine im Fall Prott stehen fest

Schlachtskandal in Selm: Verhandlungstermine im Fall Prott stehen fest
Lesezeit

Es gibt eine neue Entwicklung in der juristischen Aufarbeitung des Schlachtskandals in Selm: Das Amtsgericht in Lünen hat die Termine für die Verhandlung im Fall um den Schlachthof Prott bekanntgegeben. Das kam etwas überraschend: Im August des vergangenen Jahres hatte das Lüner Gericht noch erklärt, dass die Zuständigkeit für den Fall an das Landgericht in Dortmund übertragen worden sei - der Grund war die geringere Strafgewalt des Amtsgerichtes.

Bis zu vier Jahre Freiheitsstrafe dürfen Amtsgerichte in Deutschland verhängen – mehr nicht. Im Fall Prott „dürfte das nicht ausreichend sein“, hatte das Amtsgericht Lünen im August erklärt - die Begründung, warum die Akten an das Landgericht in Dortmund übersandt wurden.

Das Gericht in Dortmund wiederum schätzt den Fall offensichtlich etwas anders ein. Kurz vor Weihnachten sei der Fall zurück in Lünen gelandet, wie Dr. Niklas Nowatius, Direktor des Amtsgerichts, auf Anfrage der Redaktion bestätigt. Man sei nach Vorlage der Akten zu dem Schluss gekommen, dass die Strafgewalt des Amtsgerichtes doch ausreichen müsste, erklärt Niklas Nowatius weiter.

Für September 2023 ist die Verhandlung nun angesetzt. Zweieinhalb Jahre nachdem die Vorwürfe gegen Mitarbeiter des Unternehmens Prott bekannt wurden, wird der Fall also vor Gericht kommen.

Verstoß gegen Tierschutzgesetz

Im März 2021 hatte die Organisation Soko Tierschutz heimlich im Selmer Schlachthof aufgenommene Videos veröffentlicht: Sie zeigen brutale Schächtungen. So bezeichnet man das Schlachten von Tieren ohne vorherige Betäubung – das ist in Deutschland ohne Sondergenehmigung illegal und gilt als Tierquälerei. Der Kreis Unna hatte den Schlachthof daraufhin geschlossen.

Im April 2022 hat die Staatsanwaltschaft nach Sichtung der Videos Anklage erhoben: Gegen den den Chef des Unternehmens und drei Mitarbeiter. Ihnen wird der Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vorgeworfen. Und das in teilweise massivem Maße.

Die Verstöße sollen im Zeitraum vom 24. Februar bis zum 18. März vorgefallen sein. Laut Vorwurf der Staatsanwaltschaft Dortmund sollen in dieser Zeit 45 Rinder und 143 Schafe „unter massiver Verletzung des Tierschutzgesetztes“ geschächtet worden sein, wie Staatsanwalt Henner Kruse gegenüber der Redaktion erklärt hatte. Unsachgemäß und exzessiv, so die Staatsanwaltschaft weiter, sollen elektronische Treibgeräte zum Einsatz gekommen sein, auch Kehlschnitte seien unsachgemäß und mehrfach durchgeführt worden. Entweder gar nicht oder nur unzureichend sollen die Tiere dabei betäubt gewesen sein. Immer zwischen 4 und 8.30 Uhr sollen die teilweise nach oben gezogenen Tiere ohne Trittsicherheit und einer massiven Geräuschkulisse ausgesetzt einen leidvollen Todeskampf gekämpft haben.

Im September wird der Fall Prott vor dem Amtsgericht in Lünen verhandelt.
Im September wird der Fall Prott vor dem Amtsgericht in Lünen verhandelt. © (A) Sylvia Mönnig

Termine im September

Auch den Behörden hatte Soko Tierschutz Vorwürfe gemacht: Der Kreis Unna habe nur unzureichende Kontrollen durchgeführt, erklärte die Organisation. Selten, so sagte es Friedrich Mülln, Sprecher der Soko, habe er so schlimme Bilder gesehen wie die aus dem Schlachthof in Selm. Das Unternehmen hatte sich gegenüber der Redaktion zu dem Fall auf Anfrage im März 2021 nicht äußern wollen.

Die Verhandlung des Falls wird öffentlich stattfinden. Und zwar am 1. September, 8. September und 15. September jeweils um 10 Uhr im Saal 127 des Amtsgerichtes in Lünen

Schlacht-Skandal in Selm: Was ändert sich durch Übernahme des Landgerichts?

Schlacht-Skandal bei Prott in Selm: Hohe Strafe wahrscheinlich

„Tierwohl ausgeblendet“: Anklage gegen Prott und drei Mitarbeiter erhoben

Neuer Betreiber des Skandal-Schlachthofs Prott darf jetzt schlachten

Schlachtskandal bei Prott in Selm: Staatsanwaltschaft hat Videos ausgewertet

Tierschutzskandale im Kreis Unna: Die Bilder niemals vergessen

Tierschützer zu Prott: „Ich hoffe, dass diese Menschen vor Gericht kommen“