Rieseninteresse an Zeltstadt-Versammlung in Bork Politik und Polizei stellen sich Bürgerfragen

Zeltstadt-Versammlung: Politik und Polizei stellen sich Bürgerfragen
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Die Sitzplätze reichten bei weitem nicht aus: Im Feuerwehrgerätehaus in Bork drängten sich die Besucher dicht an dicht. Das zeigt: Die Bürger und Bürgerinnen haben großes Bedürfnis nach Informationen rund um die Zeltstadt am LAFP.

Bürgermeister Thomas Orlowski erklärte beim Blick auf den Andrang vor der Versammlung im Gespräch mit unserer Redaktion: „Das zeigt uns, dass wir mit dem heutigen Termin alles richtig gemacht haben.“ Gemeinsam mit der Beigeordneten Sylvia Engemann bemühte er sich, die Lage bezüglich der Unterkunft richtig einzuordnen. Selm übererfüllt die vom Land vorgesehene Quote für die Aufnahme von Flüchtlingen. Derzeit liegt die Zahl dieser im Vergleich zur Quote bei rund 150 Prozent. 730 Menschen seien nach aktuellem Stand in der Zeltstadt untergebracht.

Die Besucher drängten sich dicht an dicht, die Sitzplätze reichten nicht aus.
Die Besucher drängten sich dicht an dicht, die Sitzplätze reichten nicht aus. © Jura Weitzel

Einige Fragen an Polizei

Die Beigeordnete machte deutlich, dass die derzeitige Regelung für Selm auch finanzielle Vorteile hat. Wenn man Zuweisungen des Landes nicht erfüllen könnte, müsste man entsprechende Zahlungen leisten. „Angesichts der Krisenherde auf der Welt wird sich da vermutlich zeitnah auch nichts ändern“, machte Sylvia Engemann deutlich. Florian Frey, der gemeinsam mit Dr. Christina Schaefer die Bezirksregierung Arnsberg vertrat, erklärte, dass sich die Quoten bei vermehrter Einwanderung in Zukunft auch durchaus ändern könnten.

Die Fragen, die die Besucher nach einer Einführung durch die genannten Vertreter sowie Landrat Mario Löhr und Torsten Juds, den Abteilungsleiter Polizei bei der Kreispolizeibehörde, stellen konnten, ließen an einigen Stellen deutliche Kritik erkennen. Mehrere Stimmen kritisierten, dass die Polizei zu wenig gegen mögliches Fehlverhalten der Flüchtlinge vorgehe. „Frauen werden abgewimmelt, wenn sie belästigt werden. Da geht es nach dem Motto, es ist doch nichts passiert“, meinte eine Frau etwa. Ein anderer Bürger wies darauf hin, dass seine Frau bereits drei Mal von Geflüchteten angegangen worden sei. Eine andere Borkerin äußerte den Wunsch, dass die Wache in Selm aus gegebenem Anlass rund um die Uhr besetzt werden solle.

Torsten Juds (mit Mikrofon), Abteilungsleiter Polizei im Kreis Unna, sah sich einigen kritischen Fragen ausgesetzt.
Torsten Juds (mit Mikrofon), Abteilungsleiter Polizei im Kreis Unna, sah sich einigen kritischen Fragen ausgesetzt. © Jura Weitzel

Landrat macht Vorschlag

Zu Beginn hatte Torsten Juds erklärt, dass die Kreispolizei bereits mehr Kräfte zur zuständigen Wache in Werne beordert hat. Objektiv gebe es 2023 in Bork allerdings bislang nicht mehr Straftaten, das zeigt die Kriminalitätsstatistik. Die Polizei sei grundsätzlich nur bei Straftaten zuständig. „Ich bitte Sie, wenn es Straftaten geben sollte, die 110 anzurufen. Dann wird ihnen geholfen“, versprach er, was für Raunen bei einem Teil des Publikums sorgte.

Landrat Mario Löhr als oberster Dienstherr der Kreispolizei schaltete sich bei einigen aus seiner Sicht zu kritischen Anmerkungen ein und stellte klar: „Es kann nicht sein, dass die Polizei jetzt auf der Anklagebank sitzt.“ Vielmehr sei es eine gemeinsame Aufgabe von Stadt und Bezirksregierung, die Sicherheitslage bezüglich der Flüchtlingsunterkunft zu verbessern. Er regte an, Flüchtlinge im Stadtgebiet vielleicht auch auf andere Orte zu verlagern. Der aktuelle Sicherheitsdienst helfe aus seiner Sicht vergleichsweise wenig.

Landrat Mario Löhr sieht vor allem Stadt und Bezirksregierung in der Verantwortung.
Landrat Mario Löhr sieht vor allem Stadt und Bezirksregierung in der Verantwortung. © Jura Weitzel

Geteilte Meinungen

„Das mit der Verlagerung ist nicht ganz so einfach“, entgegnete Thomas Orlowski. Er äußerte erneut die Kritik, dass er sich von der Landesregierung, vor allem bei der Finanzierung des Sicherheitsdienstes, nicht ausreichend unterstützt fühle. „Ich habe das Gefühl, man hat aus der Flüchtlingswelle 2015/16 nichts gelernt“, erklärte der Bürgermeister. Dem Vorwurf, die Politik nähme die Sache nicht ernst, widersprach er scharf. Verantwortlich seien hier aber in erster Linie Bund und Land NRW.

Die Meinungen der Bürger waren insgesamt sehr unterschiedlich. Kritische Anmerkungen zum Verhalten der Zeltstadtbewohner wurden ebenso mit Applaus unterstützt wie Anregungen, mit den Flüchtlingen ins Gespräch zu kommen. „Wir müssen die Menschen mehr willkommen heißen“, schlug eine Besucherin vor. Sie stellte angesichts der Berichterstattung dieser Redaktion zu der Kritik von Bewohnern an den hygienischen Verhältnissen in der Zeltstadt die Frage an die Bezirksregierung, wie es dazu kommen kann. „Die bekannten Bilder sind eine Momentaufnahme“, betonte Dr. Christina Schaefer. Allerdings habe man nach Rücksprache mit den Bewohnern die Reinigungsintervalle verkürzt.

Bürgermeister Thomas Orlowski erneuerte seine Kritik an der Landesregierung und nannte einen Termin für das Begegnungsfest.
Bürgermeister Thomas Orlowski erneuerte seine Kritik an der Landesregierung und nannte einen Termin für das Begegnungsfest. © Jura Weitzel

Begegnungsfest im August

„Bitte lassen Sie sich etwas einfallen, wie die Bewohner aktiv werden können“, forderte ein anderer Bürger von der Bezirksregierung. Der Bürgermeister hatte zuvor bereits auf den Einsatz einiger Flüchtlinge in der Grünpflege hingewiesen. Florian Frey verwies auf das gesteigerte Freizeitangebot in der Zeltstadt, unter anderem durch Sportgeräte. Ein Anwohner beschwerte sich hier allerdings wiederum über „Klatschen, Brüllen und Schreien“, die mitten in der Nacht das Schlafen erschweren würden. Hier sicherte die Bezirksregierung zu, dass man die Bewohner auf die Nachtruhe noch einmal explizit hinweisen werde.

„Kommunikation ist der Schlüssel. Wir alle in Selm, Bork und Cappenberg müssen zusammenstehen“, erklärte Sylvia Engemann inmitten der verschiedenen, oft mit einigem Nachdruck vorgetragenen Diskussionsbeiträge. Der Bürgermeister hatte zuvor erstmals den geplanten Termin für das Begegnungsfest (19. August um 15 Uhr im Förderzentrum) angekündigt. „Der Kontakt ist das, was wir wollen“, machte auch der Bürgermeister deutlich. Die Anliegen der Bürger zum Thema will er sich zukünftig in einem monatlichen Sprechstundentermin anhören, zu dem auch ein Vertreter der Bezirksregierung eingeladen ist.

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