Mal sind es Reparaturen an Weichen, mal eine Verspätung aus vorheriger Fahrt und mal kurzfristiger Personalausfall: Die Gründe sind vielfältig, warum die Züge der RB51 und RB50 zwischen Dortmund, Lünen, Selm, Werne, Capelle und Herbern nicht pünktlich kommen oder erst gar nicht am Bahnhof auftauchen. Zuletzt sind vor allem die Pendelbahnen, die nur von Dortmund nach Lünen und zurück fahren, ausgefallen. Wie es um die Qualität der Linien im Nahverkehr Westfalen-Lippe steht, untersuchen die Aufgabenträger für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) in Nordrhein-Westfalen kontinuierlich. Nun sind neue Zahlen für das dritte Quartal (Juni - September) in 2024 hochgeladen worden - mit einigen erfreulichen Entwicklungen.
Zum Hintergrund: In der Statistik, die vom SPNV seit 2021 herausgegeben wird, gibt es mehrere Kennzahlen. Dazu zählen die Pünktlichkeit (Verspätung ab 3:59 Minuten, mehrere Messpunkte im Linienverlauf), die Zuverlässigkeit (nicht vorhersehbare Ausfälle etwa durch extreme Witterungsverhältnisse, Schäden an der Strecke oder am Fahrzeug, fehlendes Betriebspersonal, polizeiliche Ermittlungen, Notarzteinsätze) und die Zugbildung (fehlende Waggons/Zugteile wegen technischer Defekte, Einsatz von Ersatzzügen mit verringertem Platzangebot). Das Fahrgast-Kontingent sowie die Komplexität der Strecke spielen ebenfalls mit rein, um alle Linien in eine Rangfolge zu bringen und einen Gesamtwert zu ermitteln. Dieser berücksichtigt die Pünktlichkeit zu 40 Prozent, die Zuverlässigkeit zu 40 Prozent und die Zugbildung zu 20 Prozent.
72,2 Prozent sind pünktlich
Die Linie RB50, die von Dortmund bis nach Münster verkehrt, ist im dritten Quartal auf dem 35. von 99 Plätzen gelandet - eine Verbesserung um 29 Ränge im Vergleich zum zweiten Quartal. In der Gesamtwertung kommt die Verbindung auf 86,8 Prozent und liegt damit im roten Bereich (orange ab 90 Prozent). Die besten Werte werden bei der Zugbildung (97,7 Prozent) und Zuverlässigkeit (96 Prozent) erreicht. Deutlich schlechter sieht die Lage bei der Pünktlichkeit aus: 72,2 Prozent der Züge kamen rechtzeitig oder maximal 3:59 Minuten zu spät. Dieser Schwellenwert ist laut den Verantwortlichen in Nordrhein-Westfalen niedriger als bei Auswertungen anderer Bundesländer oder der Deutschen Bahn (5:59 Minuten). Zum Vergleich: Die beste Linie im SPNV-Bereich, die S4 zwischen Dortmund und Unna, kommt bei der Pünktlichkeit auf 99,3 Prozent.
Davon ist nicht nur die RB50, sondern auch die RB51 weit entfernt. Die Verbindung zwischen Dortmund und Enschede kam zwischen Juni und September nur in 76 Prozent der Fälle pünktlich an. Bei der Zuverlässigkeit und der Zugbildung sind die Werte mit 95,7 und 98,9 Prozent deutlich besser. Insgesamt landet die Linie damit auf Rang 27 von 99 - also minimal besser als die RB50. Betrachtet man das ganze Jahr 2024 - mit Ausnahme vom vierten Quartal, für das noch keine Daten vorliegen - sieht die Lage etwas anders aus. Hier steht die Verbindung nach Enschede nämlich auf dem 38. Platz (von 100) und die Verbindung nach Münster nur auf Rang 63.
Über die vergangenen vier Jahre (2021- 2024) hinweg hat es die RB50 nie geschafft, die RB51 in der Gesamtwertung zu überholen. Im dritten Quartal 2021, im ersten und zweiten Quartal 2022 und im dritten Quartal 2024 waren sich die Bahnlinien mit einem Unterschied von 0,7 bis 1,7 Prozentpunkten am nächsten. Besonders groß war die Differenz zwischen Oktober 2023 und März vergangenen Jahres. Da trennten die Verbindungen 6,9 und 7,3 Prozentpunkte in der Gesamtwertung - und dementsprechend auch einige Ränge im Vergleich mit den anderen analysierten Bahnlinien.
Ziel: „Attraktivere“ Strecke
Doch nicht nur in der Region rund um Lünen, Selm und Werne sind die Züge mehr als unpünktlich. Im ganzen SPNV-Bereich erreichen nur neun von 100 Linien eine Pünktlichkeit von über 90 Prozent (grüner Bereich). Und nur ein Viertel der Verbindungen kommt auf einen Gesamtwert von über 90 Prozent (oranger Bereich). Der drastischen Lage ist sich auch der Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe bewusst, zu dem die RB50 und RB51 gehören.
Sprecherin Anne Zimmermann erklärt auf Anfrage der Redaktion: „Grundsätzlich sind die Schwerpunkte der Probleme vor allem der Fachkräftemangel im Bereich der Triebfahrzeugführer und Werkstattpersonale, unternehmensübergreifend, mit unterschiedlich starker Ausprägung branchenweit. Hiervon war auch die von der Eurobahn betriebene RB50 betroffen, was sich in erhöhten Ausfallquoten geäußert hat. Bei der RB51 der DB lagen Ausfallursachen vor allem in Infrastrukturproblemen begründet.“ Hinzu käme noch die Eingleisigkeit zwischen Lünen und Münster. „Das ist ein wesentlicher Faktor für Unzuverlässigkeit“, so Zimmermann.
Um dem entgegenzuwirken, ist schon seit 14 Jahren ein Ausbau der Strecke geplant. Im Dezember 2024 gab es dann endlich grünes Licht mit der Unterzeichnung der Planungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen dem Land NRW und der Deutschen Bahn. Die Zweigleisigkeit sei die Voraussetzung dafür, „den schnellen RRX von Dortmund nach Münster auf die Strecke zu bekommen und mit der neuen S-Bahn Münsterland das Angebot auf allen Stationen im Umfeld von Münster zu verdichten, barrierefrei und damit attraktiver zu machen“, heißt es vom NWL in einer Pressemitteilung.
Lokführer langfristig gesucht
Doch der Streckenausbau allein reicht nicht. Denn in Zukunft werden rund 700 bis 800 Triebfahrzeugführerinnen und -führer für den Schienenpersonennahverkehr gebraucht, so Anne Zimmermann. Die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften steige aber auch in anderen Bahnberufen, etwa bei den Fahrdienstleitern. „Um kontinuierlich Personal nachzuführen und Mangelsituationen, die sich heute schon deutlich abzeichnen, zukünftig zu vermeiden, setzen die Eisenbahnverkehrsunternehmen in Nordrhein-Westfalen auf gemeinsame Lösungen“, erklärt die Sprecherin.
Der Aufbau von Netzwerken mit Arbeitsagenturen, Transfergesellschaften und Bildungsträgern, ein kontinuierlicher Austausch, Beratungen und neue Konzepte für die unternehmensübergreifende Ausbildung und Qualifizierung seien „die Kernaufgaben der landesweiten Brancheninitiative Fokus Bahn NRW“. Seit September 2023 konnten so über 300 neue Lokführerinnen und Lokführer qualifiziert werden, aus den laufenden Kursen kommen laut dem NWL im neuen Jahr noch mehr als 350 neue Mitarbeitende dazu. Gleichzeitig würden aber auch rund 160 Kolleginnen und Kollegen in den Ruhestand gehen. „Es entsteht Mehrbedarf durch Tarifabschlüsse und die Belastungen infolge von Baustellen und maroder Infrastruktur steigen. Das wiederum hat Auswirkungen auf den Personalbestand, die Krankenstände und dann auch auf den Fahrplan“, betont die Sprecherin.
Eine langfristige Stabilisierung der Situation muss also her. Hierfür erarbeiten die Aufgabenträger mit dem NRW-Verkehrsministerium derzeit ein Programm, das unter anderem 700 neue Plätze zur Qualifizierung von Lokführerinnen und Lokführern beinhaltet. „Bis 2026 sollen so Personallücken geschlossen werden, damit eine Rückkehr zum vertraglich vereinbarten Fahrplanangebot erfolgen kann“, erklärt Anne Zimmermann.